Employee Voice: Auf die Stimme der Mitarbeitenden hören

Wie stark sich Mitarbeitende für Change-Vorhaben engagieren, hängt auch davon ab, wie die Führungskräfte auf ihre Ideen, Einwände und Vorschläge reagieren, zeigt ein Forschungsprojekt der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Von dieser Erkenntnis können auch Schweizer Unternehmen profitieren.

«Mitarbeiter zu Mitstreitern machen» lautet eine bekannte Change-Management-Maxime. Doch damit Mitarbeitende sich für das Erreichen der Ziele von Veränderungsvorhaben einsetzen, müssen sie sich mit ihnen identifizieren und das Gefühl haben, dass ihre Stimme gehört wird und sie den Umsetzungsprozess mitbeeinflussen können.

In der wissenschaftlichen Literatur wird das Äussern von Ideen, Meinungen und Vorschlägen sowie Bedenken und Problemen in Bezug auf arbeitsbezogene Themen von Mitarbeitenden gegenüber Führungskräften und Kolleginnen als «Employee Voice» bezeichnet. Der Begriff «Voice» bezieht sich dabei insbesondere auf die informelle Kommunikation zwischen den Mitarbeitenden und ihren Führungskräften. Diese spielt in Veränderungsvorhaben eine grosse Rolle. Gerade abseits der offiziellen Meetings und Pläne findet in den Unternehmen ein wichtiger Diskurs über die Arbeit in den Bereichen und Teams sowie mögliche Verbesserungen und Probleme statt – sei es am Arbeitsplatz oder in der Kaffeepause. Insbesondere Veränderungen auf der operativen Ebene werden meist in der Alltagskommunikation thematisiert.

Unterschiedliche Reaktionen

In der Regel ruht die Verantwortung für die Planung und Umsetzung von Veränderungen auf operativer Ebene auf den Schultern der Führungskräfte. Die wichtigsten Unterstützer, die sie beim Erfüllen dieser Aufgaben haben, sind jedoch ihre Mitarbeitenden – und zwar auf allen Ebenen. Ein Vorteil, denn die Mitarbeitenden wissen häufig am besten über die operativen Prozesse und Abläufe Bescheid und können aufgrund ihrer Erfahrung gut einschätzen, wie sich angestrebte Änderungen umsetzen lassen und wo Probleme auftreten könnten.

Ein Forschungsprojekt der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zeigt jedoch, dass es stark darauf ankommt, wie die Mitarbeitenden ihre Ideen, Vorschläge und Bedenken gegenüber den Führungskräfte äussern. Für die Studie wurden Führungskräfte der unteren und mittleren Ebene befragt, in deren Bereichen aktuell ein Change-Prozess (technisch, prozessual, strukturell und/oder kulturell) lief. Dabei wurden zwei «Voice»-Formen unterschieden:

  • Lösungsorientiertes veränderungsbezogenes Voice (engl. promotive voice): das heisst, die Teammitglieder äussern ihre Ideen und Meinungen und machen den Führungskräften konkrete Vorschläge für das Umsetzen der Veränderungen.
  • Vorbeugendes veränderungsbezogenes Voice (engl. prohibitive voice): das heisst, die Mitarbeitenden geben den Führungskräften zwar Hinweise auf Probleme, die im Veränderungsprozess auftreten (könnten), jedoch ohne konkrete Lösungsvorschläge zu unterbreiten.

Die Auswertung der Befragung zeigt: Äusserten Teammitglieder Ideen, Meinungen und Vorschläge, wie Veränderungen (noch) besser umgesetzt werden können, verknüpft mit konkreten Umsetzungsvorschlägen (lösungsorientiertes «Voice»), fühlten sich die Führungskräfte in ihrem Vorhaben unterstützt. Sie liessen sich zudem durch die geäusserten Ideen inspirieren und engagierten sich selbst stärker für die Umsetzung der Veränderungen.

Indes wenig unterstützt von ihren Teams fühlten sich Führungskräfte, wenn die Mitglieder lediglich auf Probleme hinwiesen, ohne konkrete Lösungsvorschläge zu nennen (vorbeugendes «Voice»). Die Führungskräfte nahmen solche Äusserungen eher als ein weiteres Problem wahr, das nun zusätzlich auf ihren Schultern lastet. Teilweise gar als Kritik, wodurch der Einwand schlicht missachtet wurde.

Funktionierende Kommunikationskultur

Häuft sich letzteres besteht die Gefahr, dass die Mitarbeitenden ihre Bedenken künftig nicht mehr äussern. Folglich gibt es auch keine Kurskorrekturen mehr und Projekte drohen zu scheitern. Eine solche Entwicklung ist weder im Interesse der Führungskräfte noch des Unternehmens. Ein zentrales Ziel bei Change-Vorhaben sollte deshalb eine Kommunikationskultur sein, die es ermöglicht, dass Mitarbeitende ihre Bedenken und Anregungen frei äussern können. Ausserdem sollten Innovationsbereitschaft und Kreativität gefördert und organisationales Lernen stimuliert werden. Letztlich erhöht dies auch die Leistung des Teams, was bei organisationalen Veränderungsprozessen besonders wichtig ist.

Ein produktiver Umgang mit dem Employee Voice, erfordert auch Rückgrat seitens der Führungskraft. Nicht nur, weil sie sich kontroversen Auseinandersetzungen mit ihren Mitarbeitenden stellen muss, sondern auch, weil zum Lösen aufgezeigter Probleme Entscheidungen überdenkt werden müssen, bei denen die Befugnis auf höheren Führungsebenen liegt. Das heisst, die Führungskraft muss die angesprochenen Themen ihrerseits mit ihrer Führungskraft besprechen. Dabei zeigt sich rasch, ob die Führungs- bzw. Kommunikationskultur im gesamten Unternehmen wertschätzend und offen ist oder eben nicht.

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Stefanie Faupel arbeitet als Change-Management-Beraterin für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Sie ist zudem Doktorandin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insb. Arbeit, Personal und Organisation, an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

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