Recruiting

Employer Branding: Jetzt oder nie

Die Finanzkrise schädigt auch das Ansehen vieler Firmen als Arbeitgeber. Dabei lohnen sich Investitionen in Employer Branding jetzt besonders. Einerseits, um die Motivation der bestehenden Mitarbeitenden hochzuhalten, andererseits, um an die begehrten Fach- und Führungsspezialisten zu kommen.

Stellenabbau, Werkschliessung und Kurzarbeit: Viele Unternehmungen machen in diesen Tagen eher solch negative Schlagzeilen, statt sich als vorbildhafte Arbeitgeber hervorzutun. Der Wettbewerb um die Toptalente geht aber trotz Krise weiter. Weltweit wird es für Unternehmen immer schwieriger, hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte zu finden. Umso wichtiger ist es jetzt, sich als Arbeitgebermarke bei den Hochschulabsolventen und anderen hochqualifizierten Kandidaten zu profilieren. 36 Prozent der Schweizer Unternehmen haben gemäss einer aktuellen Studie des Personalvermittlers Manpower zurzeit Mühe, geeignetes Personal zu finden (siehe Kasten).

Wie wichtig eine starke Arbeitgebermarke ist, zeigt auch eine Studentenbefragung des schwedischen Beratungsunternehmens Universum Communications. Die angehenden Ingenieure gaben an, sie würden am liebsten bei deutschen Automobilkonzernen wie BMW, Porsche und Audi arbeiten – trotz massiver Probleme in der Autoindustrie und von deren Zulieferer. Ingenieure gehören zurzeit weltweit zu den meistgesuchten Berufsgruppen. Von November 2008 bis März 2009 befragte Universum Communications 30 000 Studierende an Hochschulen von 16 europäischen Staaten, darunter auch die Schweiz. Auch der Suchmaschinenkonzern Google bewegt sich regelmässig im obersten Bereich bei Rankings zum Thema Wunscharbeitgeber bei Studierenden. Trotz erstmaligem Stellenabbau Anfang Jahr ist es Google gelungen, bei Absolventen ein positives Image von Arbeitsklima und Unternehmenskultur schaffen.

Vertrauen der bestehenden 
Belegschaft sichern

Das Markenbild eines Unternehmens setzt sich immer aus verschiedenen Facetten zusammen. «Die Wahrnehmung als Arbeitgeber wird nur zum Teil von Massnahmen des Employer Branding bestimmt, die sich speziell auf den Arbeitsmarkt richten», sagt Markenspezialist Stephan Feige von der htp St. Gallen Managementberatung AG. Es zähle der gesamte Auftritt. Die auch nach aussen getragene Stimmung, das heisst vor allem Sicherheit oder Unsicherheit der Mitarbeiter, hänge vor allem von der Klarheit, Verlässlichkeit und Kongruenz von Kommunikation und Handeln ab. «Konkret bedeutet dies, dass unter den aktuellen Umständen ein Personalabbau an sich nicht das Problem ist, solange die verbleibenden Mitarbeiter Vertrauen in die Zukunft des Unternehmens haben.»

Neben dem Vertrauen der verbleibenden Mitarbeiter ist es nach wie vor wichtig, neue Mitarbeiter für die Unternehmung zu interessieren und – im besten Fall – zu begeistern. Und dies, obwohl Unternehmungen in Krisenzeiten häufig mit gekürzten Budgets für Employer Branding konfrontiert sind. Es wäre jedoch ein Fehler, jetzt alle Karriere- und Messeauftritte oder Imageanzeigen abzusagen. Denn gerade in Krisenzeiten ist es wichtiger denn je, als Arbeitgeber im Gespräch zu bleiben. Fehlendes Recruiting dürfe nicht den Wegfall von Employer Branding als strategischem Instrument bedeuten, betont Manja Ledderhos von der Unternehmensberatung Trendence in Berlin. «Ich empfehle Unternehmungen, sich bei der Auswahl der Praktikanten Mühe zu geben und gute Kandidaten in Talent Pools aufzunehmen.» Häufig könne nach der Krise auf eine gute Datenbank zurückgegriffen werden.

BASF und Ruag: Starkes Employer Branding trotz Krise

Einige der angefragten Industrieunternehmungen, die 2009 teilweise massiv Stellen abbauen, sahen sich gegenüber HR Today Special nicht in der Lage, die Frage nach aktuellen Employer-Branding-Aktivitäten zu beantworten. Sie gaben an, in andere Projekte zu stark eingebunden zu sein oder die HR-Leitung, die zurzeit mit Krisenbewältigung beschäftigt sei, nicht zusätzlich belasten zu wollen. An einem neuen Employer-Branding-Konzept, über das das Unternehmen später informieren werde, arbeitet hingegen BASF. Dieses Jahr hat BASF die Ciba Holding AG übernommen und angekündigt, 500 Stellen zu kürzen.

Eine Schweizer Unternehmung, die auch in der Krise auf Employer Branding setzt, ist die Ruag Holding AG in Bern. Trotz Auftragsbaisse in einzelnen Geschäftsbereichen und im März eingeleiteter Kurzarbeit will sie gegenüber potenziellen Mitarbeitern weiterhin präsent sein. «Ruag positioniert sich international an Fach- und Absolventenmessen, an Hochschulen, in Branchenverbänden und Medien und wirbt für die Vorteile als Arbeitgeberin», sagt Hans Bracher, Personalchef von Ruag. Eine Massnahme, die sich für Ruag gelohnt hat. In der aktuellen Studierendenbefragung von Universum steht Ruag bei den Studierenden technischer Fachrichtung auf Rang 9 der potenziellen Arbeitgeber. Im Vorjahr war es noch Platz 14 gewesen, und im Jahr 2006 fand man Ruag auf den hinteren Rängen auf Platz 94. Den Grund für diesen Erfolg sieht Hans Bracher in der Faszination der vielfältigen Tätigkeitsgebiete rund um die Luft- und Raumfahrt, Metallverarbeitung, Wehrtechnik und Sicherheit.

Auslandspraktikanten als 
Botschafter an den Universitäten

Ein erfolgreiches Employer Branding betreibt auch die weltweit tätige Beratungsunternehmen Accenture, die den «Trendence»-Preis für das beste Hochschulmarketing in Deutschland, Österreich und der Schweiz gewonnen hat. «Employer Branding muss man auch in schlechten Zeiten verfolgen», sagt Cornelia Lass, Leiterin Recruiting bei Accenture Schweiz. Der Aufwand, eine Arbeitgebermarke aufrechtzuerhalten, sei relativ gering. Der Wiederaufbau der Marke sei hingegen enorm schwer.

«Als international tätiges Unternehmen orientieren wir uns an spezifischen Markentrends, wie wir Mitarbeiter im Unternehmen aufbauen, um sie optimal einzusetzen», so Lass. Accenture rekrutiert rund 85 Prozent projektbezogen und stellt sich bei jedem Projekt die Frage, welche Mitarbeiter mit welchem Hintergrund und welchen Fähigkeiten optimal sind. Um im Wettbewerb um Talente zu bestehen, arbeitet Accenture eng mit den führenden Schweizer Hochschulen zusammen.

«Innovativ ist etwa das Students-Exchange-Programm, das den Studierenden ein drei Monate dauerndes Auslandspraktikum, beispielsweise in Indien, ermöglicht», so Cornelia Lass. Nach dem Einsatz kehren die Studierenden an die Universität zurück und berichten darüber. «So bringen wir den Studierenden das Berufsbild Berater näher, das oft etwas verschwommen ist.» Darüber hinaus pflegt Accenture den aktiven Kontakt zu Hochschulen, indem Mitarbeiter in Fachschaften oder als Dozenten arbeiten und so als Ambassadoren der Firma wirken.

Mitarbeiter verzweifelt gesucht

Gemäss einer weltweiten aktuellen Manpower-Befragung gaben durchschnittlich 30 Prozent der Unternehmen an, bei 
der Besetzung offener Stellen Schwierigkeiten zu haben. Die Zahlen für die Schweiz liegen sogar noch leicht höher: Rund 36 Prozent der befragten Schweizer Unternehmen bekunden 2009 Mühe, die ausgeschriebenen Vakanzen zu besetzen. Die Ergebnisse für die Schweiz zeigen, dass am häufigsten Personal in den Bereichen Management und Geschäftsführung gesucht wurde, gefolgt von Ingenieuren, IT-Spezialisten, Technikern, Mechanikern, Designern, 
ungelernten Arbeitern, Aussendienstmitarbeitenden und Arbeitnehmenden im Gastgewerbe.

 

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Susanne Wagner ist freie Journalistin.

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