Frauen und Karriere

Frauennetzwerke sind wertvoll, aber keine Karriereschmieden

Netzwerke gelten in der Arbeitswelt als Schmiermittel für die Karriere. Ohne Beziehungspflege geht gar nichts. Frauen schliessen sich oftmals gerne in eigenen Frauennetzwerken zusammen. Doch der Erfolg des eigenen Networkings liegt bei der Öffnung zu den Männern.

Doris Aebi ist Wirtschaftssoziologin, Unternehmerin, Politikerin, Trägerin von diversen Mandaten - etwa Verwaltungsrätin des Migros-Genossenschafts-Bundes - und Mitglied der Wirtschaftsfrauen Schweiz.

Dieser Verband will Unternehmerinnen sowie Geschäftsfrauen zusammenbringen und fördern. Hierzu werden regelmässig Anlässe wie Podiumsdiskussionen organisiert. Zudem können sich die Frauen online in einem eigenen Mitgliederbereich austauschen.
«Ich bin vor rund 20 Jahren beigetreten, weil ich andere Frauen mit gleichen Interessen kennen lernen wollte», sagt Doris Aebi.

Heute ist ihr der Austausch mit anderen Unternehmerinnen nach wie vor wichtig. Doch hat ihre Rolle sich etwas geändert: Heute ist sie eher Referentin und Mentorin; jene, die nach ihren Erfahrungen und Einschätzungen zur Wirtschaftswelt gefragt wird.

«Gerade für jüngere Frauen ist der Austausch mit anderen Frauen, beispielsweise über die Vereinbarkeit von Karriere und Familie, wertvoll», sagt sie.

Frauen in der Männerdomäne

Auch an der ETH schätzen Forscherinneren aus diesem Grund eigene Netzwerke. «Junge Frauen möchten auch Rollenmodelle sehen und erleben», erklärt Kristin Hoffmann von der Stelle für Chancengleichheit von Frau und Mann an der ETH. Zudem hoffen die Wissenschaftlerinnen, sich dank ihres Austausches insgesamt in der Forschungswelt sichtbarer zu machen.

«Die Forschung ist immer noch eine Männerdomäne, in denen Frauen oftmals keinen Zugang zu karriererelevanten Informationen haben», sagt sie. Für eine Forschungskarriere ist es beispielsweise wichtig zu wissen, wo und wann welche Mittel vergeben werden, wo man an welcher Konferenz teilnehmen soll. «Isoliert im eigenen Labor wird man nicht Professorin», sagt Hoffmann.

Und auch alleine im Gärtlein machen Frauen keine Karriere. «Frauennetzwerke sind gut, um sich auszutauschen und um sich gegebenenfalls auch im Networking zu üben», sagt Sita Mazumder, Wirtschaftsprofessorin am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern. Sie organisiert seit sieben Jahren die «Womens Business Conference» und forscht zu finanz- und frauenspezifischen Themen.

«Frauen sind in der Wirtschaft eben doch nur eine Teilmenge. Deshalb braucht es für den Karrieresprung den Schritt über ein Frauennetzwerk hinaus», sagt sie. Auch für den Markenexperte Stefan Vogler sollten karriereorientierte Frauen den Anschluss zur Männerwelt suchen. «Es bringt nichts, sich einzuigeln», sagt er.

Phänomen Annäherung

Jüngste Forschungsarbeiten zeigen denn auch, dass sich Frauennetzwerke stärker öffnen. Es sei ein Phänomen, welches heutige Netzwerke von jenen der früheren Generationen unterscheide, hat etwa die deutsche Soziologin Katrin Pittius, die an der Technischen Universität Dresden Frauennetzwerke erforscht, festgestellt.

Die Annäherung und Vermischung der Netzwerke verlangt und fördert vielleicht auch das Verständnis von Unterschieden. «Männer sind weitaus strategische Netzwerker», sagt Sita Mazumder. Männer hätten bei ihren Netzwerkaktivitäten oft konkretere Vorstellungen, was sie damit erreichen wollen». «Dafür essen sie auch mal mit jemanden, mit dem sie privat nicht unbedingt den Kontakt suchen».

Frauen hingegen sind da anders: Für sie muss auch für ein Mittagessen Sympathie und ein persönliches Interesse für das Gegenüber vorhanden sein. Für den Karriereschritt hegen Frauen oftmals den «Entdecker-Wunsch», wie Sita Mazumder sagt. Sie warten und gehen davon aus, beachtet zu werden, während Männer ihre Wünsche und Ziele klar äussern.

«Es geht nicht darum, die unterschiedlichen Netzwerkverhalten zu werten, sondern die Unterschiede zu kennen», sagt Mazumder. Dann nämlich können Frauen bewusst entscheiden, ob sie berufliches Networking betreiben wollen oder nicht. «Man darf sich auch dagegen entscheiden», findet Mazumder. Aber man sollte sich dann den Konsequenzen bewusst sein. Der «Entdecker-Wunsch» etwa wird selten erfüllt.

Die Experten warnen aber zugleich davor, die Netzwerke als Karriereschmieden grundsätzlich zu überschätzen. «Das Interesse an der Aufgabe im Netzwerk sollte immer noch die wichtigste Motivation sein, daran teilzunehmen», sagt Doris Aebi mit Blick auf bekannte Vereinigungen wie etwa Rotary, Studentenverbindungen oder auch politische Parteien.

Zuerst also die Aufgabe im Sinne des Gemeinwohls, dann die eigene Karriere. Und wenn sich ganz selbstverständlich das eine mit dem anderen verbinden lässt, umso besser.

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Lucia Theiler ist Redaktorin bei der Schweizerischen Depechenagentur (SDA).

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