Non-Profit-Organisationen

Freiwillige professionell begleiten

Immer mehr Menschen engagieren sich freiwillig. Für viele Non-Profit-Organisationen sind sie eine unerlässliche Ressource. Um den Einsatz der Freiwilligen für alle Beteiligten gelungen zu gestalten, bedarf es einer strukturierten Vorgehensweise.

In der Schweiz üben 33 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung eine freiwillige Tätigkeit aus. Die Mehrheit davon engagiert sich in einer Non-Profit-Organisation (NPO), beispielsweise in einem Verein, Sportclub, einer kirchlichen Institution oder in einer sozialen Einrichtung. Die Gründe für dieses unentgeltliche Engagement sind vielfältig. Zwar spielen uneigennützige Motive nach wie vor eine Rolle, jedoch rücken selbstbezogene Aspekte wie der Spass an der Tätigkeit oder die Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln, vermehrt in den Vordergrund. Vielen Freiwilligen ist es auch ein grosses Anliegen, ihren Mitmenschen zu helfen und mit anderen etwas zu bewegen.

Im Rahmen ihres Einsatzes knüpfen die Freiwilligen neue Kontakte, erhalten Anerkennung, erfahren Sinnhaftigkeit in ihrem Tun und erleben zahlreiche Lernerfahrungen, die ihnen auch bei ihrer Erwerbstätigkeit von Nutzen sein können. Für die NPO wiederum sind die Freiwilligen nicht nur aus ökonomischer Sicht interessant, vielmehr profitieren sie vom Herzblut und den Fähigkeiten der Freiwilligen, welche die fachlichen Kompetenzen der bezahlten Mitarbeitenden bereichern können. Zudem dienen die Freiwilligen als Multiplikatoren für die Anliegen der Organisation.

Klare Angaben und Vorstellungen

Wenn eine NPO auf die Mitarbeit von Freiwilligen setzt, muss sie sich klar werden, in welchen Bereichen diese tätig sein sollen. Die genaue Umschreibung der Aufgaben ist ein erster zentraler Schritt für die Rekrutierung von Freiwilligen. Hierzu ist auch eine klare Vorstellung der Zielgruppe notwendig – was gemäss Eva Veith, Freiwilligenkoordinatorin im Pflegezentrum Käferberg in Zürich, manchmal etwas Mut braucht: «Man schliesst gewisse Personengruppen zwangsläufig aus, obwohl man auf die Mitarbeit von mehr Freiwilligen angewiesen ist. Trotzdem empfehle ich, ein klares Profil zu erstellen, welche Freiwilligen man sich wünscht, beispielsweise hinsichtlich des Alters oder Geschlechts.»

Die eigentliche Suche kann über verschiedene Kanäle vorgenommen werden. So gibt es Online-Vermittlungsplattformen, wo Organisationen ihr «Stelleninserat» platzieren; als Werbemittel dienen aber auch Aktionen und Feste, Zeitungsartikel und Social Media.

Zufriedenheit überprüfen

Bei der Zusammenarbeit mit Freiwilligen gilt zu beachten, dass diese die bezahlte Arbeit nicht ersetzen, sondern ergänzen und unterstützen. Gemäss Benevol Schweiz, der Dachorganisation der regionalen Fachstellen für Freiwilligenarbeit, sollen die Freiwilligeneinsätze im Jahresdurchschnitt nicht mehr als sechs Stunden pro Woche umfassen. Bei einem professionellen Freiwilligen-Management wird zudem darauf geachtet, dass die Freiwilligen gut für ihre Einsätze vorbereitet sind und dass qualitative Ansprüche eingehalten werden.

Ferner gilt es, die Freiwilligenarbeit sauber von der Arbeit des angestellten Personals abzugrenzen und für eine gute Kooperation zwischen den bezahlten und unbezahlten Mitarbeitenden zu sorgen. Es soll eine «Kultur des echten Miteinanders» entstehen, sagt Eva Veith. Dazu sei es wichtig, regelmässig zu überprüfen, wie zufrieden die Hauptamtlichen mit den Freiwilligen sind – und umgekehrt. Ausserdem betont sie, dass das Freiwilligen-Management kein Job sei, den man nebenbei in einem anderen Ressort unterbringen könne: «Ab einer gewissen Quantität von Freiwilligen muss eine Organisation personelle Ressourcen zur Verfügung stellen, um die vielfältigen Aufgaben professionell erledigen zu können.»

Rechte und Pflichten

Bei der Freiwilligenarbeit handelt es sich nicht um ein Anstellungsverhältnis im klassischen Sinn. Dennoch haben sowohl die Freiwilligen wie auch der Einsatzbetrieb Rechte und Pflichten: Die Freiwilligen unterstehen der Schweigepflicht, auch werden Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein von ihnen erwartet. Nicht zulässig ist die Beendigung des Engagements zur Unzeit. Wenn ein Freiwilliger eine konkrete Leistung versprochen hat (z.B. einen Personentransport) und diese ohne Abmeldung nicht erbringt, kann die Organisation den Ersatz des Schadens (z.B. Kosten für eine Taxi) verlangen.

Der Einsatzbetrieb wiederum ist für die Sicherheit und die Gesundheit aller Mitarbeitenden, auch der Freiwilligen, zuständig. Auch muss er die Freiwilligen in die Betriebshaftpflichtversicherung einschliessen, da er für ihr fehlbares Verhalten haftet. Die Rückerstattung effektiver Spesen, die Einführung und Begleitung der Freiwilligen und die Bescheinigung des freiwilligen Einsatzes gehören ebenfalls zu seinen Pflichten.

Für viele Organisationen ist es eine Herausforderung, über eine längere Zeit und erfolgreich mit Freiwilligen zusammenzuarbeiten – zumal das traditionelle Engagement mit einer langjährigen Bindung an eine Institution abnimmt. Entscheidend ist, dass die Erwartungen der Freiwilligen mit den eigenen Bedürfnissen und Möglichkeiten in Einklang gebracht werden. Neben attraktiven Rahmenbedingungen (z.B. Weiterbildungen) begrüssen die Freiwilligen vermehrt projektorientierte Aufgaben. Ein grosser Beitrag für ein dauerhaftes Engagement ist zudem eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung innerhalb der NPO. Den Freiwilligen soll vermittelt werden, dass sowohl sie als Person wie auch ihre Mitarbeit wichtig sind.

Weiterbildung im Freiwilligen-Management

Die Fachhochschule Nordwestschweiz bietet zwischen dem 27.8.2015 und dem 31.3.2016 den zwölftägigen Lehrgang «CAS Freiwilligen-Management» an. Neben praktischen Managementtheorien und organisationalem Grundwissen werden vertiefende Kenntnisse zur nachhaltigen Förderung von Freiwilligenarbeit und deren strategischer Verankerung innerhalb der Organisation vermittelt. Genauere Informationen unter:
www.fhnw.ch/wirtschaft/weiterbildung/cas-freiwilligen-management

 

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Karin Freiermuth, Soziologin, arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Nonprofit- und Public Management der Fachhochschule Nordwestschweiz.

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