HR Today Nr. 10/2020: Praxis – Berufliche Vorsorge

Frühpensionierung liegt im Trend

Die Quote der Frühpensionierungen ist hoch. Das zeigen neue Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS). Demnach lässt sich nahezu jede zweite Person in der Schweiz Leistungen der beruflichen Vorsorge frühzeitig auszahlen.

Der Übergang von der Berufstätigkeit in die Pensionierung lässt sich flexibel gestalten. Sie kann vorzeitig oder schrittweise bis zum Ende des 70. Altersjahres erfolgen. In der Schweiz bezogen 2018 knapp 42 Prozent der Frauen und 46 Prozent der Männer vor ihrem gesetzlichen Renten­alter erstmals eine Altersleistung aus der beruflichen Vorsorge. Das stellt Arbeitgebende vor Herausforderungen.

Anspruch auf Frühpensionierung

Das Gesetz kennt keinen Anspruch auf eine vorzeitige oder aufgeschobene Pensionierung. So kann die AHV-Altersrente frühestens ein oder zwei Jahre vor dem ordentlichen Pensionierungsalter (Frauen 64 Jahre, Männer 65 Jahre) bezogen werden. Pro Vorbezugsjahr wird sie um 6,8 Prozent gekürzt. Das BVG handhabt die Pensionierungsmöglichkeit dagegen flexibler als die AHV. Gemäss BVG  ist eine vorzeitige Pensionierung frühestens nach der Vollendung des 58. Altersjahres möglich. Massgebend dabei ist das Vorsorgereglement. Dieses unterscheidet sich jedoch von Pensionskasse zu Pensionskasse. Massgebend dabei ist das Vorsorgereglement: Es gibt Pensionskassen, bei denen eine Pensionierung erst ab Alter 60 erfolgen kann.

Gut für Arbeitgebende zu wissen: Grundsätzlich ist immer eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses notwendig, ob die Pensionierung des Mitarbeitenden nun frühzeitig oder ordentlich erfolgt. Anders sieht es indes aus, wenn im Arbeitsvertrag die Pensionierung auf einen bestimmten Zeitpunkt ohne Kündigung vorgesehen ist.

Folgen der Frühpensionierung

Ein vorzeitiger Bezug von Altersleistungen hat eine Rentenkürzung zur Folge, wobei ein zeitgemässes Vorsorgereglement Möglichkeiten vorsieht, tiefere Altersleistungen zu kompensieren. Leistungskürzungen können ganz oder teilweise vom Arbeitgebenden oder Versicherten finanziert werden. Häufig sind Einkäufe zur Finanzierung einer vorzeitigen Pensionierung oder einer Überbrückungsrente aus der Pensionskasse bis zum ordentlichen AHV-Alter vorgesehen.

Anstelle des vollständigen Altersrücktritts exis­tieren gleitende Formen des Rückzugs aus dem Arbeitsprozess:

  • Teilpensionierung: Laut Gesetz ist eine Pensionierung in einem oder mehreren Schritten möglich, sofern das Reglement der Pensionskasse das zulässt. Im Umfang der Reduktion des Arbeitspensums werden die Altersleistungen als Rente, Kapital oder Mischform vorzeitig bezogen.
  • Reduktion des Arbeitspensums: Ist eine Lohneinbusse finanziell tragbar, ist auch das eine Form, einen Schritt kürzerzutreten. Pensionskassen können in ihren Reglementen vorsehen, dass Versicherte, die nach dem 58. Lebensjahr den Lohn um höchstens die Hälfte reduzieren, weiterhin ihren bisherigen Lohn versichern können – auf eigene Kosten. Diese Möglichkeit besteht maximal bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters.

Angeordnete Frühpensionierung

Eine vorzeitige Pensionierung gegen den Willen des Mitarbeitenden ist gemäss Arbeitsrecht möglich. Der Arbeitnehmende hat nur Anspruch auf eine zusätzliche Entschädigung, falls dies im Arbeitsvertrag festgehalten wurde.

Vorsorgerechtlich ist eine vorzeitige Pensionierung gegen den Willen des Mitarbeitenden jedoch ausgeschlossen. So sieht das Freizügigkeitsgesetz vor, dass Arbeitnehmende bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses die Auszahlung ihres Vorsorgekapitals auf ein Freizügigkeitskonto verlangen können. Insbesondere, wenn sie die Erwerbstätigkeit weiterführen oder sich arbeitslos melden.

Bisher erlaubten nur einige Pensionskassen den Arbeitnehmenden per Reglement, bei einem Stellenverlust ab 58 Jahren versichert zu bleiben. Per 1. Januar 2021 wird diese Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung im Gesetz (Art. 47a BVG) verankert. Diese Bestimmung ermöglicht nun allen Versicherten ab 58 Jahren, auf freiwilliger Basis in der beruflichen Vorsorge weiterversichert zu bleiben, wenn ihr Arbeitsverhältnis vom Arbeitgebenden aufgelöst wird. Allerdings tragen die Versicherten die Beitragslasten alleine.

Mit Blick auf die steigende Zahl älterer Fachkräfte wird es für Unternehmen unumgänglich, hinsichtlich des Zeitpunkts und der Form des Berufsausstiegs flexibler zu werden. Die freiwillige Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über das Rentenalter hinaus sollte dabei ebenso möglich sein wie eine vorzeitige Pensionierung.

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Yasmine Suter ist Leiterin Marketing & Kommunikation bei der Sammelstiftung Vita.

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