Case K-Tron

Führungskräfte aus eigener Schmiede

Wie ein KMU mit einem eigenen Programm für seinen Führungsnachwuchs sorgt: Das Projekt der K-Tron zeigt Erfolg, konnten doch bereits fünf von neun Teilnehmern ein Jahr nach Programmabschluss einen weiteren internen Karriereschritt machen.  
 

Führungskräfte intern aufbauen oder extern rekrutieren? Diese Frage stellt sich für viele KMU. Die K-Tron, ein Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, hat sich für das Sowohl-als-auch entschieden. Mit dem Aufbau eines Nachwuchspools schaffte sie die Grundlage, um bei Nachfolgen auch auf geeignete interne Talente zugreifen zu können. Die Entwicklung und die Durchführung eines Führungsnachwuchsprogramms waren erste Schritte auf dem Weg dorthin.

K-Tron ist als Sondermaschinen- und Anlagenbauer in einer schmalen und sehr spezialisierten Nische tätig. Die Rekrutierung und Ausbildung von Fach- und Führungskräften auf dem Stellenmarkt ist eine grosse Herausforderung und mit langen Einarbeitungszeiten verbunden. Im Bereich der Fachkräfte und Ingenieure verfügt die Firma mit der Ausbildung von Lernenden und grosszügigen Ausbildungsbeiträgen bereits über Plattformen und Mittel, um kommende Leistungsträger heranzuziehen. Im Führungsbereich war dies noch nicht der Fall. Häufig wird in diesem Bereich der Fehler gemacht, die abteilungsbeste Fachkraft eines Tages zum Chef zu befördern – ohne deren Eignung und Motivation für Führungsauf­gaben genügend zu berücksichtigen und die benötigten Kompetenzen angemessen zu entwickeln. Dies zu verhindern, war für Gerhard Wirz, Geschäftsführer der K-Tron Schweiz, der Auslöser, einen Pool mit Nachwuchsführungskräften aufzubauen.

Die Betroffenen zu Beteiligten gemacht

Wichtig für den Start dieses Vorhabens waren das Commitment der Geschäftsleitung, ein breit abgestütztes Projektteam und ein professionelles Projektmanagement. Unter der Führung der Personalleiterin wurde das Projekt geplant und Mitglieder aus der obersten Führungsetage wurden in das Projektteam eingeladen. Die Firmenleitung hat das Projekt von Anfang an unterstützt und die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt. Die finanziellen Ressourcen ermöglichten es, einen Organisations­berater für die Fach- und Prozessberatung beizuziehen. Er begleitete das Projektteam als Experte in fachlichen Belangen sowie als Moderator in den Meetings und Workshops.

Für eine umfassende Analyse der Führungskultur in der K-Tron wurde mit Führungskräften und mit Mitarbeitenden je ein halbtägiger Workshop durchgeführt. Der Einbezug verschiedener Anspruchsgruppen half einerseits, das Projekt intern vorzustellen, und sorgte andererseits dafür, die «Betroffenen zu Beteiligten» zu machen – und damit eine breite Akzeptanz im Unternehmen sicherzustellen. Die Ergebnisse der Workshops bildeten dann auch die Grundlage, die benötigten Kompetenzen einer Führungskraft in der K-Tron zu definieren. Dies wiederum machte den Entwicklungsbedarf deutlich, welcher durch das Führungsnachwuchsprogramm (FNP) abgedeckt werden soll. Bei der Pro­gramm­entwicklung orientierte sich das Projektteam am Kompetenzprofil. Dieses Vorgehen sorgte dafür, dass die Ziele, Inhalte und die Methodik optimal auf die Erfordernisse und Rahmenbedingungen des Unternehmens abgestimmt wurden.
Um eine nachhaltige Entwicklung der Nachwuchsführungskräfte zu gewährleisten, muss das Programm einige zentrale Anforderungen erfüllen:

  • Die Vorbereitung auf zukünftige Führungsaufgaben ist ein Prozess. Deshalb dauert das Programm rund ein Jahr.
  • Der modulare Aufbau (siehe Grafik) widerspiegelt die thematischen Schwerpunkte und sorgt für eine sinnvolle Verknüpfung der einzelnen Module.
  • Über alle Module hinweg werden Fach-, ­Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen ausgewogen gefördert.
  • Lernformen on the Job und near the Job ­fördern das Erfahrungslernen und den Praxistransfer.

Aufbauend auf dem Programmkonzept entstand die Grobplanung für die einzelnen Module. Nun galt es noch, ein Leitungsteam aus Spezialistinnen und Spezialisten in ihrem Gebiet zusammenzustellen. Um eine optimale Passung zwischen Aufgaben, Unternehmen und Fachperson zu erreichen, wurden die Module im Berater/-innen- und Trainer­/-innen-Netzwerk des Beratungspools ausgeschrieben. Aus den zahlreichen Offerten kristallisierten sich eine Handvoll Anbieter heraus, welche dann mit der Leitung der einzelnen Kursmodule betraut wurden. Johannes Ermatinger, ein erfahrener Managementrainer und Unternehmensberater, übernahm den überwiegenden Anteil der Module und sorgte so für eine sinnvolle Verknüpfung der verschiedenen Inhaltsschwerpunkte.

Parallel zur Recherche der Modulverantwortlichen fand in den eigenen Reihen die Identifikation potenzieller Nachwuchsführungskräfte statt. Zugang zum Programm erhielt, wer von seinem Vorgesetzten dafür vorgeschlagen wurde. Im Mai 2010 konnten so neun Teilnehmer mit einer Kick-off-Veranstaltung das FNP beginnen.

Ein Kollege oder doch ein Konkurrent?

In den einzelnen Modulen wurden die angehenden Führungskräfte gezielt gefördert. So wurden beispielsweise im Modul «Unternehmerische Kompetenzen» mithilfe einer Unternehmenssimulation betriebswirtschaftliche Aspekte in der Führung eines Bereichs erprobt, reflektiert und mit der Theorie aus der Betriebswirtschaftslehre verknüpft. Zusätzlich ermöglichten zwei Wochen Jobrotation den Blick über den Tellerrand hinaus. Die Teilnehmenden konnten die verschiedenen Herausforderungen in der Praxis erleben und ein Verständnis für die anderen Abteilungen aufbauen.

Andere Module dienten der Entwicklung von Soft Skills. Führen ist Kommunizieren. Deshalb war die Entwicklung von Leadership-Kompetenzen zentral, ein Ziel, das über mehrere Module verteilt immer wieder aufgegriffen wurde, beispielsweise durch Selbstrefle-xion und Training in Gesprächsführung und Modera­tion. «Die Übungsstunden waren praxisnah gestaltet und sehr lehrreich, auch wenn natürlich die 1:1-Umsetzung in den Business-Alltag sicher nicht bei allen Themen ganz einfach ist», meint Teilnehmer Oliver Santschi.

Mit dem Modul «Kollegiale Beratung» wurde der Bogen zwischen der Führungsausbildung und der Berufspraxis geschlagen. Hier hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, aktuelle Herausforderungen aus dem Berufsalltag in der Lerngruppe zu besprechen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Darüber hinaus lernten sie eine wirksame Methode kennen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Da die Teilnehmenden nicht nur Peers, sondern auch interne Konkurrenten waren, war es schwierig, die wirklich bedeutsamen Themen auf den Tisch zu bekommen. Dabei gehört es unbestritten zu den zentralen Kompetenzen einer glaubwürdigen und starken Führungspersönlichkeit, zu eigenen Schwächen zu stehen und sich Unterstützung zu holen.

Ein Projekt bearbeiten, für das im Daily Business die Zeit fehlt

Kombinierte Lernprozesse aus Präsenzveranstaltungen und selbstgesteuertem Lernen ermöglichen einen optimalen Praxistransfer. Deshalb nahm die Projektarbeit einen wichtigen Stellenwert in der zweiten Hälfte des Programms ein. Und es wurden damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Bei den Teilnehmern kam das Projekt gut an, weil nicht nur die im Berufsalltag benötigten Projektmanagement-Kompetenzen erweitert wurden, sondern weil sie auch Projekte in Angriff nehmen konnten, für die im Daily Business die Zeit fehlt. Giuseppe Bruneo, ein Teilnehmer, meint, dass man sich in der Projektarbeit intensiv mit einem Thema befasse und einiges in Bewegung setze. Man könne auch einige schlafende Hunde wecken und Veränderungen bewirken. Nach insgesamt 15 Kurstagen und etlichen Arbeitsstunden an ihrem Projekt konnten die neun Teil­nehmer in der Abschlussveranstaltung die Projektergebnisse präsentieren und das Zer­tifikat für den erfolgreichen Abschluss des Führungsnachwuchsprogramms entgegennehmen.

Fazit: Mit dem Führungsnachwuchsprogramm hat die K-Tron ein wirkungsvolles und motivierendes Instrument geschaffen, um Talente auf ihre zukünftige Führungsaufgabe vorzubereiten und sie gleichzeitig ans Unternehmen zu binden. Bewährt hat sich der Mix aus Trainings, Jobrotation, Workshops mit der Geschäftsleitung, Fallarbeit in der kolle­gialen Beratungsgruppe und dem individuellen Projekt in Einzel- oder Teamarbeit. So stand jeweils das geeignetste Lernsetting zur Ver­fügung, um eine spezifische Kompetenz zu erwerben.

Eine Herausforderung ergab sich aus dem Umstand, dass manchen Teilnehmenden während des Programms nicht automatisch ein Übungsfeld für die Anwendung der neuen Kompetenzen zur Verfügung stand. So waren ihre Vorgesetzten gefordert, solche Möglichkeiten zu kreieren, beispielsweise indem sie diese Mitarbeitenden mit der Leitung von Projekten betrauten. Dass die vermittelten Kompetenzen nämlich nicht nur in der Führungsposition nützlich sind, brachte der Vorgesetzte eines Teilnehmers in der Projektevaluation auf den Punkt. Er schrieb, dass der Schulungsinhalt des FNP besonders im Arbeitsalltag helfe, beispielsweise grössere Projekte bzw. Anfragen im Team und abteilungsübergreifend zu koordinieren und zu managen, und dass dies auch für den Umgang mit Kunden und Lieferanten gelte. Das interne Networking wurde in der Gruppe ebenfalls erfolgreich angewendet. Teilnehmer, die sonst nicht sehr viel miteinander zu tun haben, haben sich besser kennen gelernt. Und damit schon jetzt einen Vorteil für ihre künftige Führungsfunktion geschaffen.

Projektfahrplan

  • August 2008: Projektauftrag «Nachwuchsförderung/Führungskräfteentwicklung K-Tron» an die Personalleiterin
  • August 2008–Oktober 2009: Entwickeln des Führungsnachwuchsprogramms (FNP) durch ein Projektteam aus dem oberen Kader. Neun Projektteam-Meetings und je ein Workshop mit Führungskräften und mit Mitarbeitenden der K-Tron. Prozess- und Fachberatung durch Olivier Inhelder
  • Dezember 2009–Januar 2010: Identifikation von potenziellem Kadernachwuchs in der 
K-Tron und Auswahl der Teilnehmenden für das FNP
  • Februar–März 2010: Recherche nach externen Fachpersonen im Netzwerk des Beratungspools
  • 3. Mai 2010–27. Mai 2011: Durchführung des FNP mit neun Nachwuchsführungskräften
  • 27. Mai 2011: Die Teilnehmenden schliessen ihre Weiterbildung mit der Präsentation ihres individuellen Projekts ab. Sie erhalten an einer internen Feier ihr Zertifikat
  • August 2011: Evaluation des Pilotprogramms
  • Februar 2012: Fünf von neun Teilnehmenden haben bereits einen Karriereschritt machen können.
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Olivier Inhelder ist Weiterbildungsmanager & Coach BSO. Als Geschäftsführer der Beratungspool AG leitet er ein grosses BeraterInnen- und TrainerInnen-Netzwerk. Daneben berät und begleitet er Organisationen bei der Personal- und Führungskräfteentwicklung und vermittelt geeignete externe Fachpersonen.
www.inhelder-consulting.ch
www.beratungspool.ch

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Susanne Näpflin ist HR-Manager EMEA/Asia der K-Tron Schweiz GmbH. Als Projektleiterin ist sie für die Planung und Umsetzung des Führungsnachwuchsprogramms verantwortlich.

www.ktron.com

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