Herr Kiel, können Sie Change Management definieren?
Volker Kiel: Es geht um die Begleitung und Führung von organisationalen Veränderungsprozessen, um die Gestaltung der Wechselwirkung zwischen der Sachebene und dem psychosozialen System mit dem Ziel, notwendige Veränderungen zum Nutzen der Organisation optimal zu realisieren.
Was heisst das konkret?
Veränderungsmanagement beinhaltet alle Aufgaben, Massnahmen und Tätigkeiten, die eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltlich weitreichende Veränderung in einer Organisation bewirken sollen. Es geht um das vernetzte Einführen neuer Strategien, Strukturen, Abläufe oder Verhaltensweisen und dabei um das Initiieren, Begleiten und Evaluieren der erwünschten Veränderungen. Dies mit möglichst wenig Verlusten betreffend Mitarbeitenden, Employer Branding und ethischen Werten des Unternehmens. Vor allem aber geht es um das wirtschaftliche Überleben eines Unternehmens.
Zur Person
Volker Kiel ist Dozent, Berater und Leiter des CAS Change Management am IAP Zürich. Er hat in Köln Pädagogik, Psychologie und Organisationswissenschaften studiert. Nach langjähriger Berufserfahrung – unter anderem als Projektleiter in der Managementberatung in St. Gallen und als Personal- und Führungskräfteentwickler in der pharmazeutisch-chemischen Industrie – hat er sich auf die Schnittstelle zwischen psychosozialen Systemen und wirtschaftlicher Organisation spezialisiert – also dort, wo Change Management optimalerweise ansetzt.
Wo verorten Sie dabei die häufigsten Fallstricke?
Leider geht es manchmal bei angeordneten Veränderungen nicht um eine notwendige Weiterentwicklung des Unternehmens, sondern Führungspersonen wollen sich damit ein Denkmal setzen. Laufendes Verändern um der Veränderung willen bedeutet Energieverlust und ist schädlich für die Organisation. Manchmal ist es sinnvoller, einen Bereich zu übernehmen, ohne zu verändern. Es geht immer um die Organisation, nicht um die Personen, die Veränderungen initiieren und sich dadurch profilieren wollen.
Veränderungen wecken oft zuerst Ängste, dann Widerstand, das ist eine urmenschliche Reaktion. Begrüssen Sie also Widerstand, weil er zeigt, dass Sie am richtigen Ort ansetzen, und wie gehen Sie konstruktiv mit Widerstand um?
Die Veränderung gibt es nicht. Veränderung wird je nach Perspektive unterschiedlich wahrgenommen und erlebt. Widerstand zeigt an, wo angesetzt werden muss – und ist somit hilfreich für einen Change-Prozess. Ich bin tatsächlich skeptisch, wenn kein Widerstand entsteht (lacht). Widerstand deutet auch darauf hin, dass sich Mitarbeitende stark mit ihrer Aufgabe oder mit dem bisherigen System identifizieren. Man gibt nicht gern auf, was einem vertraut ist. Ich würde daher den sogenannten Widerstand eher als «hinweisendes Feedback» bezeichnen. Veränderung setzt vor allem Vertrauen voraus. Vertrauen heisst auch trauen, zutrauen. Deshalb müssen Einwände ermutigt und ernst genommen werden – egal ob sie top-down oder buttom-up kommen. Zuerst findet man heraus, was das Notwendige für die Organisation ist, beschreibt die Ist- und Soll-Situation aus relevanten Perspektiven und definiert dann erst die konkreten Veränderungsziele. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, die Sinnhaftigkeit und den Nutzen der Veränderung für den langfristigen Bestand der Organisation herauszustellen und diesen den Menschen transparent zu kommunizieren. Die Menschen müssen erkennen, dass sie mit ihrem Aufwand und ihrer Anstrengung einen wertvollen und sinnvollen Beitrag für die Organisation leisten.
Wie erklären Sie sich den Erfolg Ihres CAS Change Management?
Das Programm entspricht einem grossen Bedürfnis der Unternehmen, weil es Theorie und Praxisbezug optimal vereint. Change ist allgegenwärtig. Fachpersonen, die Veränderungsprozesse professionell leiten und begleiten, sind gefragt. Neben dem Nutzen für die Organisation ist es ein attraktiver Baustein in der individuellen Laufbahngestaltung. Zudem bewirkt das Befassen mit Veränderung immer auch die eigene Persönlichkeitsentwicklung.