Arbeitsmarkt

Hindernisse bei der Suche nach 
aussereuropäischen Fachkräften

Die vom Bund zur Verfügung gestellte Anzahl Arbeitsbewilligungen für Spezialisten ausserhalb des 
EU-Raumes kann die Nachfrage der Wirtschaft in Zürich nicht decken. Eine unbequeme Situation für 
die Arbeitsmarktbehörde und die Unternehmen. Eine Lösung ist momentan nicht in Sicht.

Der «war for talents» kennt keine konjunkturellen Schwankungen. Ausgewählte Spezialisten, sei es im Bereich der Informatik, im Banken- oder Ingenieurwesen, sind gesucht, auch bei schlechterem wirtschaftlichem Umfeld. Häufig sind diese Spezialisten nicht im EU-/Efta-Raum zu finden, sondern stammen aus Ländern wie Indien, Russland oder den USA, also einem so genannten «Drittstaat». Für diese Personengruppe gelten, insbesondere seit dem Personenfreizügigkeits-Abkommen zwischen der Schweiz und der EU, arbeitsmarktliche Restriktionen. Will ein Unternehmen eine Fachkraft aus einem Drittstaat anstellen, braucht sie hierfür eine Arbeitsbewilligung.

Bund steuert Kontingente für 
Spezialisten aus Drittstaaten

Und diese stehen nur in begrenzter Zahl zur Verfügung: Der Bund regelt jährlich die zur Verfügung stehende Höchstzahl der Kurzaufenthalts- und Aufenthaltsbewilligungen für Drittstaatsangehörige, davon erhält jeder Kanton ein gewisses Kontingent (vgl. Kasten).

Im letzten Jahr hatte der Bund diese Kontingente vor dem Hintergrund des schlechten wirtschaftlichen Umfeldes halbiert. Die Reaktion der Wirtschaft war heftig. Firmen haben zu Recht protestiert und mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass eine deutliche Einschränkung der Arbeitsbewilligungen für den Wirtschaftsstandort Schweiz negative Auswirkungen haben würde. Anspruchsvolle Projekte könnten nicht durchgeführt werden oder würden aus Kostengründen und Personalmangel direkt ins Ausland verlagert. Konzerne wie Google drohten gar mit dem Wegzug aus Zürich.

Firmen brauchen für grössere 
Projekte Planungssicherheit

Zwar hat der Bund mittlerweile die Halbierung der Kontingente wieder aufgehoben, doch Fakt ist: Auch die regulär zur Verfügung stehenden Kontingente reichen nicht aus, den Bedarf der Betriebe nach Spezialisten zu decken. Für grössere Projekte benötigen die Firmen Planungssicherheit in Bezug auf die zur Verfügung stehenden Bewilligungen für Spezialisten aus Drittstaaten. Ähnliches gilt bei Firmenansiedlungen. Doch diese Sicherheit gibt es nicht. Die kantonalen Stellen sind abhängig von Bund und dessen Vorgaben bei der Vergabe der Kontingente an die Kantone.

Ein Unternehmen, das für ein grösseres Projekt beispielsweise vorrätig 150 Bewilligungen beantragt, kann diese nicht pauschal bewilligt bekommen. Andernfalls wäre beispielsweise der Kanton Zürich mit den anfangs zur Verfügung stehenden Kontingenten (504 Kurzaufenthaltsbewilligungen, 353 Aufenthaltsbewilligungen) bald einmal «ausgeschossen». Die Arbeitsmarktbehörde steht hier oft im Spannungsfeld zwischen Nachfrage der Wirtschaft und den Vorgaben der Ausländerpolitik.

Die Situation wird sich demnächst wieder zuspitzen

Bereits jetzt ist absehbar, dass sich die Situation bei den Kontingenten für Drittstaatsangehörige im Laufe der Monate wieder zuspitzen wird. Nicht nur IT-Konzerne machen Druck, sondern auch Banken, Versicherungen und Industriekonzerne. Bis es dafür eine politische Lösung gibt, ist die Rekrutierung von aussereuropäischen Fachkräften mit Hindernissen verbunden.

Arbeitsbewilligungen für 
aussereuropäische Spezialisten

Für Fachkräfte aus Drittstaaten stehen L-Kurzaufenthaltsbewilligungen (bis 24 Monate) sowie 
B-Aufenthaltsbewilligungen (ab 24 Monate, 
befristet oder unbefristet) zur Verfügung. Gesamtschweizerisch stehen 2011 für die Kantone insgesamt 5000 L-Bewilligungen und 3500 B-Bewilligungen zur Verfügung. In einem ersten Schritt vergibt der Bund nach einem Verteilschlüssel 
insgesamt die Hälfte dieser Kontingente an die Kantone (für Zürich beispielsweise 504 L-Bewilligungen, 353 B-Bewilligungen). Wird das Kontingent im Laufe der Monate knapp, muss der 
Kanton tranchenweise Gesuche um weitere 
Kontingente beim Bund stellen. Wie viel von der zur Verfügung stehenden Restmenge dem Kanton vergeben wird, ist im Voraus jeweils nicht klar.

Beantragt eine Firma eine Bewilligung für eine Fachkraft aus einem Drittstaat, muss sie folgende Kriterien erfüllen:

  • Nachweis, dass es sich um eine Fachkraft 
handelt, die im EU-/Efta-Raum nicht zu finden ist (so genannter «Inländervorrang»). Suchbemühungen müssen nachgewiesen werden bei einer Anstellung mit Arbeitsvertrag nach schweizerischem Recht, ausser bei befristetem Spezialisteneinsatz eines «Expats».
  • 
Die Person sollte nachweislich eine Spezialistenqualifikation haben.
  • 
Orts- und branchenüblicher Lohn und Arbeitsbedingungen müssen eingehalten sein.

Die kantonale Abteilung Arbeitsbewilligungen stellt das Gesuch überdies in einen gesamtwirtschaftlichen Kontext und prüft, ob der Wirtschaftszweig für den Standort Zürich von Interesse ist. IT-Spezialisten beispielsweise haben einen relativ grossen Stellenwert, weil hier ein Fachkräftemangel besteht. Gesuche für Berufe, für die es bereits ein Überangebot auf dem Arbeitsmarkt gibt, werden restriktiver beurteilt.

Im Jahr 2010 sind im Kanton Zürich rund 4000 Gesuche für Drittstaatsangehörige eingegangen, wovon gut 10 Prozent abgelehnt wurden. Um eine Arbeitsbewilligung ab vier Monaten für Drittstaatsangehörige erteilen zu können, braucht es die 
Zustimmung des Bundesamtes für Migration. Die Bearbeitung eines Gesuches für eine Arbeitsbewilligung einer Person aus einem Drittstaat dauert in der Regel zwei bis drei Wochen.

Arbeitsbewilligungen können online beantragt werden unter: www.arbeitsbewilligungen.zh.ch.

Bei grösseren Rekrutierungsvorhaben bietet die Standortförderung einen so genannten «one-stop-shop» an, bei dem die Abklärungsarbeiten bei verschiedenen Behörden gebündelt und 
beschleunigt werden.

 

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Markus Assfalg leitet seit 2009 die kantonale Standortförderung beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich. Der Jurist war zuvor u.a. Leiter Arbeitgeberpolitik bei Swissmem und Leiter Rechtsdienst SBB.

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