Rollenwandel

HRM – Wie weiter mit der strategischen Partnerschaft?

In turbulenten Zeiten verliert das HR-
Management oft an Bedeutung. Auch die zu Ende gehende Rezession hat sich in vielen Betrieben negativ auf den Einfluss der HR-Spezialisten ausgewirkt. Es gibt allerdings auch löbliche Ausnahmen.

In Krisenzeiten treten weitergehende HR-Themen meist in den Hintergrund. Für Ulrich Pekruhl, Professor am Institut für Personalmanagement der Fachhochschule Nordwestschweiz, ist der Grund dafür klar: «In vielen Unternehmen hat sich die Erkenntnis noch nicht durchgesetzt, dass HR-Themen keine Schönwetterthemen sind.» Es gibt zwar keine empirischen Daten, aber Pekruhl und seine Kollegen gehen davon aus, dass HR in Krisenzeiten auf die Grundfunktionen wie Personaladministration zurückgedrängt und bei strategischen Fragen viel weniger beigezogen wird.

Diese Entwicklung ist nicht neu: Bereits in früheren Krisen hatte der Einfluss des Personalwesens jeweils abgenommen. Ulrich Pekruhl bedauert dies sehr, denn «Unternehmen könnten die Krisenzeiten nutzen, um über die Personalentwicklung nachzudenken, und wären dann wieder fit für den Aufschwung». Ist die Strategie des HR-Managements als Businesspartner 
seiner Meinung nach gestorben? Pekruhl verneint: «Aber sie wird stark vernachlässigt. Wenn HR-Manager nur das Tagesgeschäft betreiben, werden dadurch auch Chancen verschenkt.» Seine Vision ist es, das HRM und die Unternehmensstrategie in wirtschaftlich guten Zeiten ganz natürlich und selbstverständlich zu verknüpfen (siehe Fussnote).

Fallbeispiel PostFinance

Es gibt jedoch auch Unternehmen, die HR-Verantwortliche in guten wie in schlechten Zeiten in strategische Fragen einbinden. So zum Beispiel PostFinance. Nathalie Bourquenoud ist als Personalleiterin und Mitglied der Geschäftsleitung in die strategischen Entscheidungsfindungs-Prozesse eingebunden: «An den Führungsmeetings der Linienverantwortlichen sind die HR-Geschäftspartner sowie die HR-Berater jeweils dabei.» PostFinance hat einen standardisierten Beratungsprozess entwickelt, den die HR-Berater bei der Unterstützung der Linienvorgesetzten in Bezug auf die Personalprozesse anwenden.

Wolle das HRM die Rolle des strategischen Partners der Geschäftsleitung erfolgreich ausspielen, sei es wichtig, dass es auch deren Sprache spreche: «Zum Beispiel, dass das HR-Management seine Argumente mit harten Kennzahlen untermauert. Hier liefert der standardisierte Beratungsprozess ein entscheidendes Bindeglied», betont Bourquenoud. Hauptaufgabe des HRM sei die Verankerung der Werte und Ziele der PostFinance bei sämtlichen Mitarbeitenden und Vorgesetzten. «Es ist wichtig, dass diese Ziele von der strategischen Ebene auf die greifbare Ebene der konkreten Personalprozesse heruntergebrochen werden.»

Fallbeispiel Wistar Informatik

Eine ganz andere strategische Rolle spielt das HRM im KMU Wistar Informatik AG. Beim 60-köpfigen Betrieb, der letztes Jahr den Swiss HR Award gewonnen hat, dreht sich alles ums Personal. Dieses wird dementsprechend wertgeschätzt, wie der Geschäftsführer Jörg Schildknecht festhält: «Unsere Kernkompetenz ist HR pur. Die Personalstrategie ist auf langfristige Beziehungen ausgelegt.» Das HRM von Wistar unterscheidet sich von demjenigen anderer Unternehmen vor allem durch das Kerngeschäft des Personalverleihs: Im Gegensatz zum Temporärgeschäft sind alle Mitarbeitenden, die an andere Firmen verliehen werden, fest bei Wistar angestellt. Für Jörg Schildknecht ist daher die Wertschätzung des Mitarbeiterkapitals wichtigster Bestandteil der Geschäftsstrategie: «Unsere Strategie ist es, Sorge zu den Mitarbeitenden zu tragen. Denn wir haben nichts anderes als ihr Wissen und ihre Bereitschaft, sich jeden Tag voll und ganz für unsere Kunden zu engagieren.»

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Susanne Wagner ist freie Journalistin.

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