Klassische vs. agile Projektplanung

Hybrides Projektmanagement: Das Beste aus zwei Welten vereinen

Klassisches oder agiles Projektmanagement? Diese Frage hat sich in vielen Unternehmen zu einer Glaubensfrage entwickelt. Dabei haben beide Ansätze Stärken und Schwächen. Deshalb ist es in der Praxis oft sinnvoll, das Zielführendste aus den beiden Projektmanagement-Welten zu vereinen.

Ziel eines Projektmanagements ist es, Projekte so zu planen und zu steuern, dass

  • deren Risiken begrenzt,
  • die Chancen genutzt und
  • die Projektziele in der angestrebten Qualität erreicht werden – und zwar termingerecht und im definierten Kostenrahmen.

Vor dieser Herausforderung standen Unternehmen schon immer bei ihrem Bestreben, Changeprojekte so zu gestalten, dass der Erfolg langfristig gesichert ist.

Dabei gilt es jedoch zu beachten: Projekte finden stets in einem Umfeld statt. Deshalb werden zum Teil auch bewährte Verfahren und Methoden obsolet, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. Dies geschieht in der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUKA-Welt vermehrt – auch aufgrund der digitalen Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft. In ihr werden die (Change-)Projekte nicht nur zahlreicher, sondern auch komplexer. Deshalb stellen immer mehr Unternehmen ihr klassisches Projektmanagement in Frage und experimentierten mit neuen, meist agileren Formen des Projektmanagements.

Was sind die Vorteile eines agilen Projektmanagements?

Dem klassischen Projektmanagement-Modell (auch Wasserfall-Modell genannt) zufolge, besteht ein Projekt aus genau definierten, aufeinander folgenden Phasen. In der Regel werden die vier Phasen Startphase, Planungsphase, Ausführungsphase(n) und Abschlussphase unterschieden. Und bei Softwareprojekten oft die Phasen Analyse, Design, Implementierung, Test und Betrieb.

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Anders ist dies beim agilen Projektmanagement, das sich meist auf das SCRUM-Modell bezieht. Bei ihm werden Projekte nicht von Anfang bis Ende detailliert durchgeplant. Das Vorgehen folgt vielmehr einer Vision. Zudem ist das Vorgehen

  • inkrementell, also in kleinen aufeinander aufbauenden Schritten erfolgend, und
  • iterativ, also sich in Reflexions- und Wiederholungsschleifen vollziehend.

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Im Mittelpunkt des Geschehens stehen dabei die Stakeholder (Kunden/Anwender) und die User-Storys. Die User-Storys beschreiben die Anforderungen an das Endprodukt beziehungsweise die Problemlösung aus der Benutzerperspektive. Sie werden meist vom Product-Owner – also der Person, die für das Projekt und die Qualität des Endprodukts verantwortlich ist – mit den Stakeholdern verfasst. Das Projekt selbst gliedert sich beim agilen Projektmanagement nicht in Phasen, sondern eine Abfolge circa drei- bis vierwöchiger Sprints. In ihnen werden die User-Storys zum Beispiel bei der Softwareentwicklung den Entwicklerteams zugewiesen. Ist ein Sprint zu Ende, steht die entwickelte Teillösung als Produkt-Inkrement zur Verfügung und kann im Betrieb getestet werden. Parallel dazu startet der nächste Sprint.

Wann klassisch, wann agil

Beide Projektmanagement-Arten haben Stärken und Schwächen. So entfaltet zum Beispiel das klassische Projektmanagement seine Stärken in Projekten, in denen sich in absehbarer Zeit an den Zielen wenig ändert und deshalb kaum Anpassungen erforderlich sind; ausserdem bei Projekten, in denen sich Aufgabenstellungen wiederholen und die eine überschaubare Zeit dauern. Dies sind oft Projekte,

  • bei denen es darauf ankommt, Gesetze und Vorschriften einzuhalten, und
  • bei denen eine umfassende Dokumentation nötig ist.

Diese Rahmenbedingungen sind jedoch zum Beispiel bei den meisten Software-Projekten nicht gegeben. Ähnlich verhält es bei fast allen grösseren Change- und Transformationsprojekten in Unternehmen. Bei ihnen lassen die Komplexität der Anforderungen und die Wechselwirkungen im System keine längerfristige Planung zu. Vielmehr muss das Projekt im Verlauf aufgrund der neuen Erkenntnisse stets neu ausgerichtet werden. Bei solchen Projekten entfaltet das Agile Projektmanagement seine Stärken, das seine Wurzeln in der Softwareentwicklung hat und aufgrund folgender Erkenntnis entstand:

  • Viele (Software- und IT-)Projekte sind heute komplex und unterliegen im Projektverlauf einer permanenten Veränderung.
  • Zu Beginn der Projekte sind die Anforderungen oft noch unklar.

Die Praxis zeigt jedoch: Ein agiles Vorgehen ist keine Erfolgsgarantie. Eine Schwachstelle vieler agiler Projekte ist, dass die Entwickler das in einem Sprint Machbare zu optimistisch einschätzen. Deshalb werden die Sprint-Ziele oft nicht erreicht. Das erschwert es der Projektleitung, einen längeren Zeitraum zu planen und zu budgetieren. Hinzu kommt: Ein agiles Projektmanagement setzt ausser einer anderen Organisationsstruktur, auch eine andere Kultur als das klassische Projektmanagement voraus. Beide Faktoren sind in vielen Unternehmen nicht gegeben.

Wieso sich für ein hybrides Projektmanagement entscheiden

Inzwischen haben viele Unternehmen erkannt: Sowohl das klassische als auch das agile Projektmanagement haben ihre spezifischen Vorzüge. Ausserdem: Beim Projektmanagement kann man nicht den berühmten Schalter umlegen, um zu einem agilen Projektmanagement zu gelangen. Vielmehr ist eine Übergangszeit normal, in der beim Projektmanagement sozusagen Parallelwelten existieren und diese müssen gemanagt werden – insbesondere dann, wenn die Entscheidungsträger einem agilen Projektmanagement eher kritisch gegenüberstehen.

Deshalb fragen sich die Unternehmen zunehmend: Wie lassen sich in der konkreten Projektarbeit die Stärken des klassischen und des agilen Projektmanagements vereinen? Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist: In der Organisation – und insbesondere auf der Führungsebene – besteht ein Verständnis für dieses «sowohl, als auch», damit undogmatisch entschieden werden kann, welches Prinzip bei welchem Projekt gilt. Dabei lautet das übergeordnete Ziel: Für die Teams soll eine optimale Arbeitsumgebung geschaffen werden. Deshalb werden in hybriden Projekten Methoden und Werkzeuge aus beiden Welten genutzt.

Auch das hybride Projektmanagement erfordert einen Change

Das Zusammenspiel agiler und konventioneller Projektmanagement-Methoden stellt beim Bestreben, die Agilität von Unternehmen zu erhöhen, einen natürlichen Entwicklungsschritt dar. Dieser geht mit einem Kultur- und Strukturwandel in der Organisation einher. Deshalb sollte dieser Prozess durch ein professionelles Change-Management gesteuert werden. Die Aufgabe des Managements ist es hierbei, das Nebeneinander neuer und konventioneller Arbeitsweisen in Projekten zu ermöglichen und die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

 

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Alexander Pifczyk ist Senior Consultant und Partner bei der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Führung, Change- und Projekt-Management.

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