HR Today Nr. 3/2021: Fokus Forschung

Improvisation: die Fähigkeit der Zukunft

In einer dynamischen Arbeitswelt werden Veränderungen immer schwieriger antizipierbar. Improvisation ist gefragt, um über vorgegebene Lösungswege hinauszugehen. Eine neue Studie zeigt, wie wir Improvisationsfähigkeit entwickeln und welche individuellen Faktoren diese Entwicklung beeinflussen.

Ein Forschungsteam der London Business School, Monash Business School und HEC Paris beobachtete während zwei Jahren rund 100 Personen bei einem Live Action Role-Play (Live Action Role-Play ist ein Rollenspiel, bei dem fiktive Charaktere in einer echten Umwelt mit ­Kostümen und Requisiten agieren) und führten mit den Teilnehmenden Dutzende Interviews. Aus den erhobenen Daten konnte das Forschungsteam neue Erkenntnisse zur Improvisationsfähigkeit ableiten.

So entwickelten Individuen Improvisationsfähigkeit mittels Beobachtung und Nachahmung erfahrener Kollegen («imitierende Improvisation»), über Reaktionen auf ein externes Ereignis («reaktive Improvisa­tion») und die «freie Improvisation», mit der sie Ereignisse eigenständig und vorausschauend initiierten oder beeinflussten. Improvisationsfähigkeit entwickelte sich unstrukturiert durch «learning by doing», war aber im sozialen Umfeld verankert.

Die Entwicklung der Improvisations­fähigkeit wird zudem durch die individuelle Orientierung beeinflusst. Personen mit ­einer kollaborativen Orientierung nutzen vorhandene soziale Strukturen als Improvisationsressourcen. So entsteht eine solide Basis für die Entwicklung der Fähigkeit zur «freien Improvisation». Personen mit einer kompetitiven Orientierung nutzen die sozialen Strukturen indes zu ihren eigenen Gunsten. Damit zerstören sie den sozialen Rückhalt, der für die Initiierung neuer Ideen nötig ist, und behindern ihre eigene Improvisationsfähigkeit. Individuen können ihre kompetitive Orientierung jedoch an eine kollaborative Orientierung anpassen und damit eine hohe Improvisationsfähigkeit entwickeln.

Was bedeutet das im professionellen Umfeld?

  • Improvisationsfähigkeit wird vom sozialen Umfeld beeinflusst. Erfahrungen ­können deshalb nur bedingt in andere Kontexte transferiert werden.
  • Umso wichtiger sind Übungsmöglichkeiten in verschiedenen Situationen und personellen Konstellationen (beispielsweise Experimente und das Ausprobieren neuer Ideen).
  • Unternehmen fördern die Entwicklung der Improvisationsfähigkeit, indem sie ein Klima des gegenseitigen Vertrauens und die nötige Sicherheit schaffen, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen.

Improvisation braucht es, um unerwartete Probleme zu lösen, sowie für Kreativität und Innovation. Deshalb ist Improvisation auch eine zentrale Fähigkeit für die Arbeitswelt der Zukunft.

Quelle: Mannucci, P. V., Orazi, D. C., de Valck, K. (2020). Developing Improvisation Skills: The ­Influence of Individual Orientations. Administrative Science Quarterly, 1-47, DOI: 10.1177/0001839220975697

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Dr. Lea Rutishauser ist Ober­assistentin am Center für Human Resources Management an der Universität Luzern, und Mitgründerin des Start-ups «HR ConScience».

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