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Konfliktmanagement im virtuellen Raum: 6 Tipps

«Computer aus – Problem und Konflikt weg.» Nach dieser Maxime agieren wir oft bei der virtuellen Zusammenarbeit – unter anderem weil uns noch die nötigen Verhaltensmuster und Routinen fehlen, wie man Konflikte bei der digitalen Kommunikation und Kooperation vermeiden und lösen kann.

«Konflikte klärt man persönlich.» Diesen Ratschlag erhielten Sie vermutlich schon oft. Doch gilt er auch im digitalen Zeitalter? Spätestens seit Ausbruch der Corona-Pandemie arbeiten viele Berufstätige in und mit Teams, deren Mitglieder sich nie oder nur sporadisch persönlich treffen, die Kommunikation und Kooperation erfolgt entweder online oder per Telefon. Das gilt auch für die Konfliktklärung oder -lösung.

Veränderte Rahmenbedingungen erfordern anderes Vorgehen

Bei einer digitalen Zusammenarbeit gilt es drei spezielle Rahmenbedingungen zu beachten, die bei Konflikten ein teils anderes Vorgehen erfordern.

1. Spontane, informelle Treffen fehlen

Im Büroflur oder Lift und in der Kaffeeküche treffen wir auf alle möglichen Menschen – auch solche, deren Kontakt wir ansonsten nicht suchen würden. Bei diesem spontanen informellen Austausch werden wichtige Informationen für den sozialen Zusammenhalt geteilt, die Identifikation mit der Firma und dem Team gestärkt und so manch potenzieller Konflikt bereits im Vorfeld geklärt. Bei einer digitalen Zusammenarbeit fehlt dieser Austausch fast gänzlich.

2. Vertrauen wächst online schwerer

Vertrauen hat auch eine körperliche Dimension. Man denke nur an den Handschlag bei geschäftlichen Verhandlungen. Bei Online-Meetings und -Gesprächen fehlen die olfaktorische und taktile Wahrnehmung des Gegenübers. Dasselbe gilt für die Kommunikation per E-Mail. Bei ihr entfällt zudem die Mimik und Gestik des Gegenübers. Darum entstehen auch häufiger Missverständnisse, die nicht selten wiederum Konflikte entfachen.

3. Fehlende Routine fürs digitale Konfliktmanagement

Im klassischen Betriebsalltag haben sich mit der Zeit meist Regeln etabliert wie mit (potenziellen) Konflikten umgegangen wird – zum Beispiel indem wir bei unklarem Sachverhalt ins Nachbarbüro gehen und nachfragen. So wird manche Irritation, aus der ein Konflikt erwachsen könnte, aus dem Weg geräumt.

Nicht auf die lange Bank schieben

Konflikte lassen sich nur lösen, wenn ein ehrliches Interesse aller Beteiligten daran besteht. Das gilt auch im digitalen Kontext. Eine konstruktive und sichere Gesprächsatmosphäre ist wichtig für eine nachhaltige Konfliktlösung.

Tipp 1: Routinen einführen

Gerade wenn ein Team am Anfang einer gemeinsamen virtuellen oder hybriden Zusammenarbeit steht, sollte man in die Konfliktkultur investieren. Nicht jeder Mensch ist es gewohnt, über seine Gefühle und Eindrücke sowie Missverständnisse und Irritationen im Team offen zu sprechen – schon gar nicht online. Am einfachsten können Sie hier gegensteuern, indem Sie in den Kommunikations- und Kooperationsprozess gezielt entsprechende Routinen einbauen. Das kann in Form von Austauschtreffen oder kurzen Check-In-Fragen zu Beginn eines Online-Meetings geschehen.

Tipp 2: Vorbild sein

Meist ist es keine gute Strategie, darauf zu warten, dass andere Personen die potenziell heiklen Themen ansprechen. Werden Sie aktiv. Angenommen Sie haben sich zum Beispiel über einen Sachverhalt geärgert. Kommunizieren Sie dies offen – möglichst als Ich-Botschaft. Ein Beispiel: «Ich hatte bei unserem letzten Online-Meeting den Eindruck, ich war als einziger Teilnehmender vorbereitet. Das hat mich geärgert, weil…»

Tipp 3: Digitale Räume zur Konfliktlösung schaffen

Konflikte sind normal, wenn Menschen zusammenarbeiten. Achten Sie darauf, dass sich Ihre Teammitglieder pro-aktiv Orte zur Konfliktklärung schaffen – zum Beispiel in Form von Chat- oder Videokonferenz-Rooms oder Teilgruppensitzungen. Bei besonders emotionalen Konflikten ist auch online eine Moderation durch neutrale Dritte nötig.

Tipp 4: Konfliktarena klein halten

Laden Sie auch zu einem Online-Konfliktgespräch nur die direkt involvierten Personen ein. Bei Konfliktlösungen müssen die Personen oft über ihren eigenen Schatten springen. Das fällt im kleinen Kreis meist leichter.

Tipp 5: Digitales Wir-Gefühl

Wie gut die Zusammenarbeit funktioniert, hängt – egal ob in analogen, digitalen oder hybriden Teams – auch vom Gemeinschaftsgefühl ab. Planen Sie deshalb auch mal Online-Meetings, in denen nur «small talk» geführt wird. Zudem sollten allgemein und sofern möglich, nicht nur die «hard facts» und «needs» abgearbeitet, sondern auch Zeit für informellen, persönlichen Austausch und Beziehungspflege eingeplant werden.

Tipp 6: Redeanteile im Auge behalten

Im digitalen Raum ist es wichtig, Gesprächen mehr Struktur zu geben als bei persönlichen Treffen. Dazu zählt auch, Vielredner zu stoppen und Schweiger gezielt zu aktivieren. Das erfordert online eine aktive Moderation. Achten Sie dabei darauf, ob sich jemand zurückzieht, ob auf die Themen und Statements des jeweils anderen eingegangen wird und wie die Gesprächspartner mit Emotionen umgehen.

Generell gilt…

Erfolgt ein grosser Teil der Kommunikation und Zusammenarbeit digital, sind die verbleibenden realen Begegnungen umso wichtiger für die Reflexion der Kooperation, das Entwickeln und Aufrechterhalten des Teamspirits und den Auf- und Ausbau persönlicher, von Vertrauen geprägter Beziehungen. Organisieren Sie daher in gewissen Zeitabständen persönliche Treffen aller Teammitglieder. Ein persönliches Sich-kennen- und -verstehen-lernen sowie gemeinsames Feiern wirkt Konflikten entgegen.

Entstehen trotzdem Konflikte, ist ein persönliches Konfliktgespräch, sofern möglich, einem digitalen vorzuziehen. Insbesondere dann, wenn eine nachhaltige Konfliktlösung nötig ist. So können sich die Konfliktparteien in die Augen schauen und zum Schluss versöhnt die Hände reichen.

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Sabine Prohaska

Sabine Prohaska ist Inhaberin des Beratungsunternehmens seminar consult prohaska, Wien. Die Wirtschaftspsychologin unterstützt Unternehmen u.a. beim Entwickeln einer neuen Lern-, Kommunikations- und Führungskultur in ihrer Organisation.

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