Arbeit und Recht: Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz im Schweizer Arbeitsrecht

Was man als Arbeitgeber beim Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) beachten muss und wo die Grenzen des Zulässigen sind, lässt sich mit den bestehenden Gesetzesbestimmungen weitgehend beantworten. Und trotzdem bleibt vieles unklar.

Künstliche Intelligenz (KI) wird im Arbeitsalltag vielfältig genutzt. Nicht nur von Mitarbeitenden, die ihre Texte mit ChatGPT und Co. optimieren. Immer häufiger setzen auch Firmen KI ein, sei es um Abläufe zu verbessern oder die Effizienz zu steigern. KI-Systeme agieren teilweise auch im Verborgenen, ohne dass sie überhaupt wahrgenommen werden.

Im Personalbereich sind zwei Anwendungsbereiche zu unterscheiden: Erstens die Nutzung von KI-Software durch Mitarbeitende zur Herstellung von Arbeitsergebnissen. Zweitens der Einsatz von KI durch die Arbeitgeber im Hinblick auf die Arbeitstätigkeit der Mitarbeitenden. In diesem Beitrag wird der zweite Bereich beleuchtet – insbesondere die Frage, ob Arbeitgeber beim Einsatz von KI die Zustimmung der Mitarbeitenden und der Arbeitnehmervertretung einholen müssen.

Übrigens, die EU hat mit ihrem EU AI Act vom 13. März 2024 das weltweit erste Gesetz geschaffen, das umfassende Vorgaben für den Einsatz von KI macht. Es stützt sich auf einen risikobasierten Ansatz; je mehr Risiko von einem KI-System ausgeht, desto stärker wird deren Einsatz reguliert.

Oft ist die Zustimmung der Mitarbeitenden erforderlich Gemäss dem Schweizer Datenschutzgesetz (DSG) besteht keine Zustimmungspflicht, wenn Personendaten bearbeitet werden, die für die Durchführung eines Arbeitsvertrags erforderlich sind. Mit Art. 328b OR besteht für die Datenbearbeitung im Arbeitsverhältnis eine gesetzliche Grundlage, womit diese umfänglich ohne Zustimmung der Mitarbeitenden zulässig ist. Wenn nun aber KI für die Verbesserung der Arbeitstätigkeit eingesetzt wird, und dabei Personendaten bearbeitet werden, geht dies über den arbeitsrechtlich zulässigen Rahmen nach Art. 328b OR hinaus. Es fehlt damit eine gesetzliche Grundlage, weshalb die Zustimmung der Mitarbeitenden eingeholt werden muss. Grundsätzlich kann diese Zustimmung formlos erteilt werden, sie muss nicht mal ausdrücklich sein (Ausnahmeregelungen vorbehalten). Es ist deshalb ratsam, dass sich die Arbeitgeber den Einsatz der KI von ihren Mitarbeitenden genehmigen lassen.

In der Lehre ist nach wie vor umstritten, ob im Arbeitsverhältnis eine Datenbearbeitung über den Arbeitsvertrag hinaus zulässig ist. Das Bundesgericht hat sich aber im Rahmen eines Entscheids dahingehend geäussert, dass dies zulässig sei, wenn die Zustimmung der Mitarbeitenden vorliegt. Wo KI-Software im Sinne von (teil-)automatisierten Systemen, respektive Profiling zum Einsatz gelangt, muss gemäss Art. 6 Abs. 7 DSG eine Einwilligung des Mitarbeitenden vorliegen, wenn der Einsatz vom Grundsatz nach Art. 328b OR abweicht. In besonderen Fällen muss die Einwilligung gar ausdrücklich sein (Art. 19 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 lit. b DSG). Die Mitarbeitenden müssen deshalb über den Einsatz der Datenbearbeitung vorgängig informiert werden. Eine solche Information muss auch für Nicht-Informatiker verständlich formuliert sein. Und sie sollte den Mitarbeitenden aktiv gesendet werden, denn eine still abgelegtes Dokument irgendwo im Intranet dürfte kaum ausreichend sein. Das DSG dient im Zusammenhang mit KI also faktisch als individueller Arbeitnehmerschutz.

Gesetzliches Mitwirkungsrecht

Neben der Frage der Zustimmung muss beim Einsatz von KI geprüft werden, ob allenfalls die Mitwirkung der Arbeitnehmervertretung, respektive der Belegschaft erforderlich ist. Auch wenn bereits viele Unternehmen KI nutzen, wird die Frage der kollektiven Mitbestimmung nur selten geklärt. Insbesondere für Unternehmen mit einer gewählten Arbeitnehmervertretung ist dies eine doppelt verpasste Chance, denn so können sie die Arbeitnehmervertretung sowohl mit KI-Wissen ausstatten und andererseits über sie die Zustimmung für den Einsatz von KI einholen.

Doch wann braucht es eine Mitwirkung? Nicht zulässig sind Systeme, die das Verhalten der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz überwachen (Art. 26 Abs. 1 ArGV 3). Kontroll- und Überwachungssysteme sind ausnahmsweise zulässig, wenn überwiegend andere Gründe, wie zum Beispiel Prozessoptimierung, für den Einsatz sprechen (Art. 26 Abs. 2 ArGV 3). Zudem sind die Systeme so zu gestalten, dass die Gesundheit und die Bewegungsfreiheit der Mitarbeitenden nicht beeinträchtigt wird. Hinsichtlich der Zulässigkeit von Kontrollsystemen ist also immer die Wirkung der Überwachung entscheidend.

Zu Fragen des Gesundheitsschutzes besteht zwar keine Mitentscheidung, aber ein gesetzliches Mitsprache- und Mitwirkungsrecht (Art. 48 Abs. 1 lit. a ArG, Art. 10 lit. a Mitwirkungsgesetz). Die Mitsprache beinhaltet neben dem Informationsrecht auch das Recht auf Anhörung und Beratung und das Recht, dass der Arbeitgeber seinen Entscheid begründet (Art. 48 Abs. 2 ArG). Wird also KI-Software eingesetzt, die die Gesundheit oder Bewegungsfreiheit der Mitarbeitenden beeinträchtigen kann, ohne dass vorgängig die Arbeitnehmervertretung (oder bei Fehlen einer solchen die Belegschaft) miteinbezogen wurde, ist die KI-Nutzung nicht rechtmässig. Es ist denkbar, dass Gewerkschaften künftig versuchen werden, via Gesamtarbeitsverträgen ihre Mitwirkungsrechte bezüglich KI auszudehnen.

Den Blick öffnen

Zwar denkt man heute bei KI hauptsächlich an Large Language Models (LLM) wie ChatGPT oder Microsoft Copilot. In Unternehmen wird KI aber oft breiter eingesetzt. Wieweit Mitarbeitende bei ihrer Arbeitsausführung KI verwenden dürfen, sollte ein Unternehmen unbedingt regeln.

Arbeitsrechtlich interessanter ist, inwieweit der Arbeitgeber die Arbeit von Mitarbeitenden mit KI analysieren und überwachen darf. Für die juristische Beurteilung ist entscheidend, wie die KI arbeitet und was sie bewirkt. Die Rechte der Mitarbeitenden ergeben sich insbesondere aus dem Arbeitsvertrags-, dem Arbeits- und dem Datenschutzgesetz. Je weiter sich der Arbeitgeber beim innerbetrieblichen KI-Einsatz von der eigentlichen Durchführung des Arbeitsvertrags entfernt, desto eher muss er Informationspflichten erfüllen, die individuelle Einwilligung der Mitarbeitenden einholen und die kollektive Mitwirkung gewähren. All das gelingt mit einer offenen Kommunikation, ergänzt durch Schulungen. Denn der beste Weg zu einem sinnvollen und rechtmässigen Umgang mit KI sind aufgeklärte, sichere Mitarbeitende.

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Brigitte Kraus ist ­Inhaberin der Agentur konzis. Sie ist Juristin und Unternehmenskommunikatorin und begleitet Unternehmen in Ver­änderungssituationen, ­insbesondere bei Betriebsübernahme, Neuausrichtung, Personal­massnahmen sowie bei der Gesprächsführung und Verhandlung mit Gewerkschaften und Arbeitnehmer­vertretungen.

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