Meeting vs. Waschmaschine: Sinn, Fokus und Motivation im Homeoffice

Wenn Mitarbeitende nicht mehr zur Arbeit pilgern, sondern zuhause aus dem Homeoffice arbeiten, hat dies oberflächlich betrachtet Vorteile. Kein Arbeitsweg, dadurch mehr Zeit und die Umwelt atmet auch auf. Schaut man etwas genauer hin zeigt sich, dass insbesondere Führungskräfte aktuell etwas tun müssten, wofür sie nie ausgebildet wurden.

Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Gemäss einer repräsentativen Studie des Forschungsinstituts Link hat sich der Gemütszustand der Schweizer Bevölkerung innerhalb eines Jahres (von Januar 2020 bis Januar 2021) deutlich verschlechtert. Über die Hälfte der befragten Personen sagten, Ängste und Sorgen hätten zugenommen, ein Viertel der Befragten schliefen schlechter.

Die Bedenken, dass die Produktivität im Homeoffice leidet, ist meist unbegründet. Im Gegenteil: Eine Studie, bei der 16‘000 Arbeitnehmende befragt wurden, ergab, dass die Menschen zuhause 13 Prozent produktiver sind als im Büro. Eine UN-Studie zeigte zudem, dass in den eigenen vier Wänden mehr unbezahlte Arbeit geleistet wird.

Viele Business-Experten glorifizieren den Schritt ins Homeoffice. Zu wenig wird jedoch an die Schattenseiten gedacht. Wenn jemand in einer Dreizimmerwohnung mit zwei kleinen Kindern arbeiten soll, ist das nämlich nicht «gut machbar».

Zwar anders, aber trotzdem Führen

Führungskräfte haben eine doppelte Herausforderung: Sie müssen ihren eigenen Alltag bewältigen und neu erfinden und gleichzeitig ihre Mitarbeitenden auf Distanz führen. Führen auf Distanz hat viel mit Kultur und Vertrauen zu tun. Das bedeutet, dass sich möglichst alle zuerst auf ein Mindset-Update einlassen sollten. Das bedingt wiederum, dass sich alle bewusst machen und definieren, wie sie in dieser neuen Situation arbeiten wollen. Welche Kommunikations-Tools für was? Wie verwenden wir Messenger, wann E-Mail oder die Chat-Funktion des Intranets? Wie «funktionieren» Besprechungen wirklich? Bei dieser Gelegenheit könnte man auch gleich die ganzen Meetings (auch «Müdings» genannt), die früher live stattgefunden haben, kritisch hinterfragen. Zudem sollte man als Führungskraft Ideen im Köcher haben, wie man die Interaktion im Team fördert.

Homeoffice zwingt Führungskräfte das zu tun, was in ihrer Stellenbeschreibung eigentlich ganz oben steht: Führen. Jetzt ist die perfekte Gelegenheit, die Mitarbeitenden ins gemeinsame Boot einzuladen, falls das noch nicht geschehen ist. Sprechen Sie über Kultur, über die Zusammenarbeit, über Chancen und Potentiale in der Zukunft. Legen Sie die coole Maske ab und zeigen Sie sich als Führungskraft so wie sie wirklich sind. Denn gerade in einer Krise wirkt gespielte Coolness kontraproduktiv.

Inspiration und Motivation

Eine Führungskraft weiss nicht wirklich, wie es ihren Mitarbeitenden im Homeoffice geht. Der kleine Bildausschnitt beim Video-Call offenbart nicht das innere Befinden. Jede Führungskraft hat jetzt die Chance, genau hier zu punkten. Indem sie sich um das mentale Wohlbefinden der anderen kümmert. Management-Gurus sagen zwar, dass jeder Mitarbeitende selbst zuständig ist für seine Motivation. Das stimmt grundsätzlich schon. Aber in herausfordernden Zeiten ist alles etwas anders. Da wird es besonders geschätzt, wenn sich die Chefin auch mal nach dem Wohlbefinden erkundigt und etwas Smalltalk betreibt.

In schwierigen Situationen, in denen wir wenig Erfahrung haben und sich vieles verändert, sind Ängste und Unsicherheit vorprogrammiert. Darum ist es wichtig, worauf wir uns fokussieren und wohin wir unsere Denkhaltung bewusst lenken. Liest und hört man im Stundentakt die neuesten Corona-Zahlen und die nächsten frustrierenden Lockdown-Massnahmen, ist dies nicht der Nährboden für Inspiration und Motivation. Wir sollten etwas kritischer sein bei dem, was wir «da oben» reinlassen, weil es unsere Laune, unsere Energie und damit unsere Leistungsfähigkeit entscheidend beeinflusst.

Wohlwollen und Wertschätzung

Fehlende Kontakte, fehlende Motivation und die oft fehlende Struktur (Vermischung von Beruf- und Privatleben) sind aktuell die wesentlichen Herausforderungen im Homeoffice. Hinzu kommt ein «falscher» Fokus (weil die Arbeit zuhause mit der Waschmaschine, dem Staubsauger, YouTube, den Kindern und dem Goldfisch konkurriert).

  • Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden – das ist jetzt eine wichtige Führungsaufgabe.
  • Inspirieren Sie sie mit Info-Snacks (Online-Vorträgen, kleinen Impulsen oder Diskussions-Sessions).
  • Schenken Sie Ihren Mitarbeitenden ein gutes Buch, das Sie gerade gelesen haben und das Sie nachhaltig inspiriert hat.
  • Motivieren Sie mit guter Kommunikation und ernstgemeinter Wertschätzung.
  • Interessieren Sie sich für Ihre Mitarbeitenden – vielleicht mit regelmässigen virtuellen «After Work Drinks».
  • Und zu guter Letzt: Bleiben Sie positiv! Übernehmen Sie die Verantwortung und agieren Sie. Sie müssen die Krise nicht kleinreden, aber geht mal was schief, richten Sie keine Schuldzuweisung an irgendjemanden. Sie dürfen auch mal Emotionen zeigen, sollten aber, wenn immer möglich, beruhigend und positiv wirken.

Schlussendlich ist jede Krise eine mentale Herausforderung. Und als Führungskraft ist man eben nicht nur für sich selbst verantwortlich, sondern muss auch stets für seine Mitarbeitenden da sein. Geschieht dies unterstützend, wohlwollend und wertschätzend und vermitteln Führungskräfte Sinn, bleiben Teams und Unternehmen auch in Krisen leistungsfähig.

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Stefan Dudas ist Business-Experte für Sinngebung. Der Keynote-Speaker, Coach und Autor «VOLL SINN – Nur was Sinn macht, kann uns erfüllen» legt humorvoll und tiefsinnig das Fundament für neue Denk-Ansätze. Sein Suxess-System für sinnbasiertes Management vermittelt Sinnhaftigkeit in Führung, Kommunikation sowie Motivation.

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