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Mit kryptischen Zeichen die neuen Mitarbeiter finden

Mobile Tagging heisst ein neuer Trend im Mobile Recruiting. Was steckt dahinter, und ist diese Lösung lediglich ein Strohfeuer oder eine ernstzunehmende Möglichkeit für das Mobile Recruiting?

Viele Unternehmen kämpfen noch immer um die Lesbarkeit ihrer Website auf den winzigen Smartphone-Bildschirmen. Wer seine «mobilen» Hausaufgaben gemacht hat und seinen Internetauftritt smartphonetauglich gestaltet hat, muss aber immer noch Kandidaten dazu bringen, sich diesen von unterwegs anzusehen. Die Datentarife für mobiles Internet sind mittlerweile erschwinglich, die unerfreuliche Tipperei auf dem Handydisplay aber kann das Eingeben von längeren Webadressen zum Hürdenlauf machen.

Es gibt auch einen eleganteren Weg. Wer mit aufmerksamem Blick durch die Stadt geht, sieht immer öfter kleine, pixelige Quadrate auf Plakaten oder Anzeigen. Sie ähneln einer Ansammlung von Termiten im Bau, Bienenwaben oder gar Zielscheiben. Das sind keine Druckfehler, sondern Mobile Tags, in deren grafischen Mustern die Adresse einer Website eingebettet ist. Je nach Aussehen heissen sie zum Beispiel QR Code, Beetagg (nach der Wabenstruktur) oder Shotcode (wegen der Zielscheibenform). Alle haben sie eines gemeinsam: Es sind 2-D-Versionen des Barcodes, den auch die Kassiererin an der Scannerkasse nutzt. Sie ersparen dem Smartphone-Nutzer das mühsame Tippen. Er muss nur das Punktraster fotografieren und wird automatisch zur Website weitergeleitet. Diese Mobile Tags übernehmen die Rolle des Links im Internet. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Nutzer ein entsprechendes Programm installiert hat, um den Code lesen zu können (siehe Kasten). Diese Tags lassen sich nicht nur für Marketing und Werbung, sondern auch für das Recruiting einsetzen.

Die Schweizerische Post war als Vorreiterin zu früh

Versuche, Mobile Tagging für das Recruiting zu nutzen, gab es schon einige. Die Post hat 2007 eine sehr publizitätswirksame schweizweite Mobile-Tagging-Kampagne lanciert. Mit einer Plakatkampagne in öffentlichen Verkehrsmitteln suchte sie Lernende. Per Mobile Tag konnten die Jugendlichen Informationen über das Lehrstellenangebot bestellen. Die Unterlagen kamen dann ganz konventionell per Post. Damals war Mobile Tagging noch kaum bekannt, und nur die wenigsten hatten die nötige Software bereits installiert. Die meisten mussten sie erst herunterladen, bevor sie den Service nutzen konnten. Und genau hier lag der Haken, wie sich Andreas Guler, Leiter Kommunikation Personal bei der Post, erinnert: «Das hat die Durchsetzbarkeit stark beeinflusst. Daher blieb der Rücklauf hinter den Erwartungen zurück.» Dennoch kann sich Guler vorstellen, die Idee des Mobile Tagging wieder aufzunehmen, wenn sich die Technologie weiter verbreitet hat. Das könnte bald so weit sein. Denn anders als beim Pilotdurchgang vor drei Jahren sind auf den meisten neuen Handys die wichtigsten Reader vorinstalliert, und die Technologie ist bekannter geworden.

Professor Wolfgang Jäger von der Hochschule Rhein-Main untersucht zusammen mit Professor Stephan Böhm und Susanne Niklas die Potenziale des Mobile Recruiting. Jäger bestätigt: «Die Akzeptanz steigt kontinuierlich, was wohl auch daran liegt, dass die Reader mittlerweile vorinstalliert sind.» Auch er hat soeben ein Pilotprojekt abgeschlossen. Eine Kampagne, in der für BMW Auszubildende gesucht wurden. Sie erreichte einen Rücklauf von 2 Prozent innerhalb der Zielgruppe. Etwas weniger als erwartet, allerdings sind Smartphones in Deutschland bei Schülern weniger verbreitet als in der Schweiz.

SMS-Kampagnen haben schlechteren Rücklauf

Jäger ist überzeugt, dass sich Mobile Tagging durchsetzen wird: «Nur: In der Prognose habe ich gelernt, dass man sagen darf, dass etwas kommt, aber keinesfalls, wann es kommt.» Zudem dürfe man die Schwierigkeit nicht unterschätzen, die es zu überwinden gelte bis grosse Unternehmen Geld in die Hand nähmen, um etwas Neues zu machen. Speziell im HR-Bereich. Im Marketing fliesse das Geld für innovative Lösungen viel leichter. «Damit verpassen die Unternehmen aber sehr viele potenzielle Kontakte», 
bedauert Jäger.

Auch Roger Fischer, Geschäftsführer des Schweizer Mobile-Tagging-Pioniers Kaywa, ist überzeugt, dass Mobile Tagging jetzt in eine interessante Phase kommt: «Erst hat Nokia die Codes promotet und die Reader vorinstalliert, dann tat Google dasselbe für seine Android-Phones.» Er kann diese Aussage auch an Zahlen festmachen. Auf der Kaywa-Website gibt es einen Generator, mit dem sich jeder gratis Codes erstellen lassen kann. Im Januar zählte Kaywa 450000 Zugriffe, die meisten aus den USA, Deutschland, Italien und Thailand. Im Mai waren es schon 650000. Und die Codes werden genutzt. Fischer hat gemessen, dass normale Banner etwa 70 Mal pro Tag angeklickt werden. Die auffälligen QR-Codes bekommen 220 Klicks, gescannt werden sie etwa 90 Mal, markant häufiger als ein Banner.

Noch macht Kaywa vorrangig Marketingkampagnen. In naher Zukunft kann sich Fischer aber auch eine grosse Nachfrage nach Recruitingkampagnen vorstellen. «Wir messen heute bei SMS-Kampagnen einen deutlich schlechteren Rücklauf als bei unseren QR-Code-Kampagnen. Noch aber führt Mobile Tagging im Bewusstsein der Verantwortlichen ein Schattendasein.»

Zum Testen: 
Erstellt werden können die Mobile Tags mit einem Klick. Für nichtkommerzielle Zwecke kann man dies kostenfrei z.B. unter http://qrcode.kaywa.com oder 
www.i-nigma.com/CreateBarcodes.html ausprobieren. Dort gibt es zudem für die meisten Handymodelle kostenfreie Reader-Software zum Auslesen der Codes.

Mobile Tagging in der Praxis

Da es viele verschiedene Tags gibt, ist es sinnvoll, sich für eine 
der beiden verbreitetsten Arten zu entscheiden: Datamatrix (mit Ursprung in den USA) oder QR-Code (mit Ursprung in Japan). 
Beide arbeiten mit offenen, ISO-zertifizierten Formaten. Beetagg, Shotcode oder MicrosoftTag etwa sind proprietäre Formate und stark von einer Firma abhängig. Es ist fraglich, ob sie sich flächendeckend durchsetzen können. Beispiele und Feldstudien zum Mobile Tagging und zu weiteren 
mobilen Anwendungen speziell im Einsatzgebiet des Recruitings finden sich auf der Homepage des Forschungsprojekts 
ReMoMedia – «Recruiting in the Mobile Media»: www.remomedia.de.

Ein sehr guter Blog rund um Mobile Tagging und QR-Codes mit 
verschiedensten Beispielen aus der Praxis, Videos und Infos zum Thema sowie ebenfalls einem Code-Generator findet sich unter:
http://mobile-tagging.blogspot.com.

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