Mitarbeiterbindung und der Einfluss von CSR im interkulturellen Vergleich

Konzepte der Corporate Social Responsibility und vor allem ihre konkrete Umsetzung im Unternehmensalltag sind vor allem unter Vertretern der stark umworbenen Millenniumgeneration ein wichtiger Faktor für die Wahl ihres Arbeitgebers. Aktuell 
wird die Frage, ob Corporate Social Responsibility in der Krise noch umsetzbar oder ein umso unverzichtbarer Teil unternehmerischen Handelns ist, viel diskutiert. Argumente für die Investition in CSR-Programme überzeugen gerade jetzt.

Die häufig vertretene Meinung sieht trotz möglicher kurzfristiger Rückgänge, insbesondere im Bereich des Corporate Giving in Form von Spenden und Sponsoring, einen Bedeutungsgewinn von CSR als massgeblichem, strategischem Baustein. Grund genug, sich an dieser Stelle noch einmal ausführlich mit dem Thema zu beschäftigen.

Bislang vor allem Marketing- und 
Finanzkennzahlen untersucht

Damit stellt sich natürlich unmittelbar die Frage nach Konsequenzen eines erfolgreichen oder mangelhaften sozial verantwortlichen Handelns von Unternehmen. In diesem Zusammenhang werden zahlreiche Argumente für verstärkte CSR-Anstrengungen von Unternehmen angeführt:

  • CSR führt zu Einsparungen durch effizienteren Einsatz von Resourcen.
  • 
CSR bietet Wettbewerbsvorteile, wie bessere Vermarktbarkeit und folglich Profitabilität der Produkte und Dienstleistungen sowie grössere Kundenloyalität.
  • 
CSR führt zu mehr Vertrauen auf den 
Finanzmärkten und somit zu besseren 
Bewertungen.
  • 
Verantwortungsvolles Handeln und Selbstkontrolle beugen rigiden staatlichen Regulationen vor und ermöglichen dadurch mehr Flexibilität.
  • 
CSR erhöht die Attraktivität von Unternehmen für Bewerber.

In der einschlägigen Forschung wurden bisher insbesondere die Auswirkungen von CSR in Bezug auf Marketing- und Finanzkennzahlen untersucht. Orlitzky und Kollegen (2003) bestätigten in einer Re-Analyse von 
52 Einzelstudien einen allgemeinen, positiven Zusammenhang zwischen dem Ausmass von CSR-Aktivitäten und den finanziellen Leistungskennzahlen von Unternehmen. Vergleichsweise wenig beachtet ist hingegen die Auswirkung von CSR auf die eigenen Mitarbeiter im Unternehmen. Eine in Bezug auf die Leistungsbereitschaft und Fluktuationsneigung zentrale Einstellung der Mitarbeiter ist deren organisationales Commitment. Das organisationale Commitment drückt die Verbundenheit und Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen aus und steht in engem Bezug zu deren Motivation und Loyalität.

Brammer und Kollegen (2007) fanden in einer umfangreichen Untersuchung an Hand von 4700 Angestellten im Finanzdienstleistungssektor, dass die CSR-Wahrnehmung der Mitarbeiter in Bezug auf das eigene Unternehmen einen starken eigenständigen Einfluss auf ihr organisationales Commitment besitzt. Mitarbeiter, die das eigene Unternehmen als sozial verantwortlich handelnd und engagiert wahrnehmen, identifizieren sich stärker mit dem Unternehmen. Dieses wiederum steht in Beziehung zu Arbeitsplatzwechsel, Produktivität und Krankenstand.

Sieben Variablen definieren die 
verschiedenen Länderkulturen

Für den Zusammenhang des wahrgenommenen Ausmasses an CSR Aktivitäten des eigenen Unternehmens mit dem organisationalen Commitment der Mitarbeiter gibt es verschiedene Erklärungen:

  1. Die Mitarbeiter ziehen aus den Handlungen des Unternehmens gegenüber Dritten gewissermassen stellvertretend Rückschlüsse auf das Verhalten und den Umgang, welche sie selbst erwarten können.
  2. 
Das Vorhandensein der menschlichen Reziprozitätsnorm führt dazu, dass positive Handlungen anderer mit entsprechend 
positiven Einstellungen und Verhalten 
beantwortet werden.
  3. 
Die Überzeugung, für ein «gutes und verantwortungsbewusstes Unternehmen» zu arbeiten, steigert das eigene Selbstwertgefühl und führt zu einer stärkeren Identifikation mit dem Unternehmen.
  4. 
Die Wahrnehmung des Unternehmens als fair und gerecht führt dazu, dass moralische Erwartungen nicht verletzt werden und Mitarbeiter nicht mit innerlicher 
Distanzierung reagieren.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, ob dieser Effekt des CSR auf die Mitarbeitereinstellungen in verschiedenen Ländern und Kulturen ähnlich ausfällt. In Anlehnung an die klassischen Arbeiten von Hofstede stellt das Globe-Projekt (House, 2004) die wohl umfangreichste und aktuellste Studie zur Unterscheidung von kulturellen Variablen dar. Die Studie identifiziert sieben zentrale Variablen, nach denen sich Kulturen und Länder unterscheiden können: Machtdistanz, institutioneller Kollektivismus, In-Group-Kollektivismus, Gleichheitsdenken in Bezug auf die
 Geschlechter, Bestimmtheit, Humanorientierung, Zukunftsorientierung und Leistungsorientierung. Eigene empirische Untersuchung deuten auf die besondere Wichtigkeit der Variablen «Humanorientierung» in Bezug auf die Relevanz von CSR hin. In Ländern mit hoher Humanorientierung werden allgemein Werte wie Fairness, Altruismus, Grosszügigkeit oder auch Sorge um andere als kulturell wichtig erachtet, während diese Werte in Ländern mit geringer Humanorientierung eine weniger wichtige Rolle spielen.

Starke Humanorientierung – höheres Commitment

Eine hohe Ausprägung der Humanorientierung zeigt sich erwartungsgemäss in nordischen Ländern, vor allem Finnland und Schweden, sowie den DACH-Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz), aber auch in Staaten wie Frankreich, Marokko und Singapur. Gerade in diesen Ländern besteht ein besonders starker Zusammenhang zwischen dem sozial verantwortlichen Engagement von Unternehmen und dem Commitment der Mitarbeiter. Die konsequente Umsetzung von CSR-Aktivitäten ist dort somit ein bedeutender Faktor, um die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen zu verstärken. In Ländern mit niedriger Ausprägung in der Humanorientierung, wie zum Beispiel Mexiko, Bolivien, Indien oder Taiwan, ist nur ein geringer Effekt der CSR-Aktivitäten des Unternehmens auf die Einstellung der Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen zu erwarten. Brasilien und China hingegen liegen im mittleren Bereich des Ländervergleichs.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass CSR in vielen Bereichen eine zunehmend wichtige Rolle spielt. Gerade wer auch in schwierigen Zeiten an CSR festhält, wird mittelfristig von grösserem Vertrauen und besserer Reputation profitieren. Auch wenn bislang noch vergleichsweise wenig untersucht, belegen Studien zur Mitarbeiterwahrnehmung der sozialen Verantwortlichkeit von Unternehmen positive Zusammenhänge zwischen dem Ausmass an CSR eines Unternehmens und dem organisationalen Commitment der Mitarbeiter.

Erklärung hierfür bieten die Wahrung moralischer Erwartungen seitens der Mitarbeiter, die positive Beantwortung positiver Handlungen im Sinne der Reziprozitätsnorm, die Annahme, selbst mit verantwortungsvollem Verhalten rechnen zu können, und schliesslich das gesteigerte Selbstwertgefühl durch die Identifikation mit einem sozial verantwortlichen Arbeitgeber. Der Einfluss der CSR-Wahrnehmung auf das Commitment der Mitarbeiter zeigt sich als globales Phänomen; gleichzeitig deuten erste Ergebnisse darauf hin, dass der positive Effekt eines ausgeprägten sozial verantwortlichen Handelns von Unternehmen auf die Mitarbeiter besonders stark in den Ländern mit hoher Humanorientierung ist.

Literaturhinweise:

  • Brammer, S., Millington, A. & Rayton, B. (2007). The 
contribution of corporate social responsibility to 
organizational commitment. International Journal of Human Resource Management, 18 (10), 1701–1719.
  • House, R. J. (Hrsg.) (2004). Culture, leadership, and 
organizations: The GLOBE study of 62 societies. Thousand Oaks, Calif. [u.a.]: Sage Publications.
  • Orlitzky, M., Schmidt, F. L. & Rynes, S. L. (2003). Corporate social and financial performance: A meta-analysis. 
Organization Studies, 24 (3), 403–441.
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Prof. Dr. Karsten Müller war nach dem Studium der Psychologie an der Universität Mannheim und der San Diego State University als Mitarbeiter am Lehrstuhl für Diagnostik, Evaluation und Forschungsmethoden und am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Organisationspsychologie der Universität Mannheim tätig. Seit 2007 ist er Inhaber der Juniorprofessur für Wirtschaftspsychologie an der Universität Mannheim.

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Sven-Oliver Spieß studierte Soziologie, Betriebswirtschaftslehre sowie Wirtschafts- und Organisationspsychologie an der Universität Mannheim, der Universität Utrecht und der Kelley School of Business. Dabei erwarb er besondere Kenntnisse in den Bereichen Organisation, quantitative Einstellungsforschung und statistische Mehrebenenanalyse. Darüber hinaus besitzt er praktische Erfahrung auf den Gebieten Evaluation und 
Recruiting.

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