HR-Systeme

Neue Technologien 
beleben die Personalarbeit

Die Renovation des Personalmanagements hin zu mehr strategischer, inhaltlicher Arbeit ist im Begriff, zu einem HR-Schwerpunktthema zu werden. Getrieben oder gefördert – je nach Blickwinkel – durch immer neue Software- und Serviceangebote für das HRM. Die Digitalisierung der Personalarbeit verläuft ungebremst, höchstens leicht tangiert durch die aktuelle Krise. Wie es um die HR-IT in hiesigen Firmen steht, verraten fünf HR-Manager in der Schweiz ansässiger Unternehmen in unserer Umfrage.

Bits und Bytes machen sich immer breiter. Die digitalen Bausteine sind inzwischen in bald jedem Winkel anzutreffen, papierbasierende Kommunikation und analoge Medienträger werden immer seltener. Diese manchmal auch ambivalente Entwicklung hat auch vor dem Personalwesen nicht haltgemacht: Immer mehr Prozesse funktionieren dort selbstredend digital. Und digital heisst für gewöhnlich: schnell und wirtschaftlich. Klar also, dass in den meisten HR-Abteilungen ein grosser Teil der Prozesse in elektronische Form gebracht wird. Darüber steht das alte Metathema: Optimalere Prozessstrukturierung und Verbesserung der Effizienz.

Dr. Max Becker, Präsident der Zürcher Gesellschaft für Personal-Management (ZGP) weiss aus Erfahrung: «Beim bedeutenden Thema Effizienzsteigerung haben die Grossunternehmen bereits vorgespurt und zunehmend folgen nun auch die KMU». Diverse Prozesse in den HR-Abteilungen seien bereits auf hohem Niveau automatisiert und effizient, so Becker.

Beispiel Dokumentenmanagement und digitaler Workflow: Auch die Personalakte auf Papierbasis wird zunehmend durch das digitale Dossier ersetzt. Effizienzgründe in vielerlei Hinsicht geben den Ausschlag (bspw. die begrenzten Kapazitäten von Aktenarchiven). Mit Anbindung der E-Personalakte an ein Personalinformationssystem sind jetzt alle Mitarbeiterinformationen im HRM jederzeit und zentral in aktueller Form am PC abrufbar. Zusätzlich ermöglicht ein konsequentes Workflow-Management eine verstärkte Automatisierung und Optimierung dieses und anderer Prozesse.

Weniger Papier-Workflows

Dies steht etwa auch bei der MCH Group im Basel an. Laut Thomas Schmidiger, Head of Corporate Human Resources der MCH Group (vormals MCH Messe Schweiz) wird in Basel derzeit eine Überführung der physischen in digitale Personaldossiers geprüft. Eine «Reduzierung von Papier-Workflows» wird auch bei Ringier Schweiz angestrebt, so Jutta Wurz-Schilke, Leiterin HR. Allgemein ein klarer Fall, denn nach wie vor ist die Service- und Kostenoptimierung in der operativen HR-Arbeit ein wichtiger Schwerpunkt im HRM, unterstreicht Nicolas Meyer, Head of HR Controlling, Processes & Systems bei der Swisscom. HR-Self-Services nennt Meyer deswegen nicht als einziger als eines der Top-Themen unserer HR-Today-Special-Umfrage. Und schliesslich geht mit der Reduzierung von Papier-basierenden Prozessen natürlich auch die längst ablaufende Verlagerung der Prozesse zur Datenpflege via Self-Service-Lösungen (ESS etc.) einher.

Martin Ghisletti, HR Country Manager bei Hewlett-Packard Schweiz, sieht ebenso die zunehmende Bedeutung von Self-Service-Systemen für Mitarbeitende wie auch für Manager und verweist auf die dafür notwendige «hohe Standardisierung aller wesentlichen Prozesse». Beat Schwab, HR-Manager Austria, Germany & Switzerland von Cisco Systems, betont, dass generell bei allen Prozessen Web-Applikationen und User Self Services wichtig werden, so auch im HRM. Und Max Becker unterstreicht, dass ESS-Systeme zunehmend auch von KMU eingesetzt würden.

Outsourcing und SaaS gewinnen

Zum Trend der Self Services passt ein weiterer der wichtigsten internationalen HR-Trends: Zunehmend interessant und nützlich finden Unternehmen die Umstellung ihrer Anwendungsprogramme auf SaaS-Lösungen (Software as a Service). «Für Unternehmen kann dies ein Modell sein, weil die internen IT-Abteilungen in den mittels SaaS angebotenen Bereichen keine eigenen Kompetenzen aufbauen und bereitstellen müssen», argumentiert Hermann Arnold, CEO vom Schweizer HR-Systementwickler umantis. «Die Aufgaben der HR-Abteilungen verändern sich: Weniger administrative Arbeit und mehr inhaltliche, strategische und beratende Aktivitäten. Administrative Aufgaben werden wegfallen und von Portalen und/oder externen Dienstleistern übernommen. Am Ende spart das auch Kosten und Ressourcen.»

SaaS wird immer wichtiger

Via Webtechnologie werden auch schon die verschiedensten HR-Services bezogen, das gaben fast alle der Befragten in der Umfrage an. Ob inhouse oder in Form von in Anspruch genommenen Auslagerungsdienstleistungen (so etwa Managed Services). SaaS, als die derzeit angesagte Variante des Outsourcings, wird dabei immer gewichtiger. Thomas Casutt, Head HR IT & Controlling der Bâloise-Holding stellt etwa einen starken SaaS-Trend im Bereich des Talentmanagements fest. Dies bestätigt auch Martin Ghisletti von HP. Naturgemäss vor allem für internationale Unternehmen sieht er ebenfalls einen starken Trend zum unternehmensweiten HR-System unter Nutzung vielfältiger Managed Services.

Die Bewegung hin hin zu netzbasierten Unternehmenslösungen unterstreicht auch der anhaltende Trend zu verstärkter Interneteinbindung, nicht nur bei HR-Belangen. «Software, die zukünftig nicht vollständig via Internet bedienbar ist, wird im Markt ihre Berechtigung verlieren», meint Thomas Köberl, Marketingleiter der Abacus Research AG. Das St. Galler Unternehmen programmierte kürzlich seine gesamte ERP-Produktpalette neu und damit zusammenhängend auch seine Lohnsoftware. Entscheidend dabei war auch, dass diese via Internet oder Intranet bedient werden kann, und man so browser- als auch betriebssystemunabhängig ist und Abacus-Software jederzeit und überall genutzt werden kann.

Neue Möglichkeiten zuhauf

Überhaupt das Internet: Nicht nur wandern immer mehr Prozesse und Services online, auch völlig neue Möglichkeiten für die HR entstehen mit den Netzwerktechnologien. Seien es spannende Zukunfts-Applikationen wie das «Semantische Web» (siehe Seite 15), Web-2.0-Technologie für die Kommunikation zwischen Management und Mitarbeitenden, wie bei der MCH Group, oder für die «Management Education» wie bei der Bâloise Gruppe. Web-Videoconferencing erspart so manche zeit- und kostenaufwändige Reise und künftig werden unter anderem mit Konzepten wie dem «Cloud Computing» auch neue Formen der Arbeitsorganisation leichter möglich. Vieles geht dabei auch schneller als man zunächst denkt.

Wer hätte noch vor kurzem gewerweisst, dass das Internet zum wichtigsten Rekrutierungs-Channel würde, offene Stellen mittlerweile per Twitter-Nachricht publiziert werden und dass das HRM heute bereits häufig Bewerber-Biografien im Web gegencheckt. Stolpersteine inklusive. «Die Reaktion der Bewerber ist bereits zu beobachten. Auch sie bauen ihre Internet-Schnittstellen (beispielsweise über die sozialen Netzwerke) auf und optimieren ihren Auftritt», schmunzelt Professor Thomas Schwarb, Dozent für HRM an der Fachhochschule Nordwestschweiz. «Die Arbeitgeber müssen sich zunehmend bewusst sein, dass Internetinformationen noch mehr geschönt oder gefälscht sein können (auch von Dritten zuungunsten der Bewerber) als Arbeitszeugnisse und Lebensläufe.» Schöne neue E-Welt, die die neuen Tools und Möglichkeiten demokratisch jedem und jeder zur Verfügung stellt.

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Tom Sperlich ist freier Journalist.

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