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News aus der Forschung: Die Effekte 
einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes

Eine vom europäischen Verband der Personaldienstleister, Eurociett, mitgetragene Internetplattform (www.flexworkresearch.org) sammelt und publiziert in Europa angefertigte Forschung zum Thema flexible Arbeit. Zwei neuere Studien behandeln die Wirkung von Politikprogrammen, die den Arbeitsmarkt 
flexibilisieren, und gelangen zu spannenden Resultaten:

In Italien wurde ein Erlass verabschiedet, der Beschränkungen bei der Nutzung von befristeten oder temporären Arbeitsverträgen aufhebt. Leandro Elia hat nun untersucht,(1) ob sich der Lohnunterschied zwischen Festangestellten einerseits und befristet bzw. temporär Beschäftigten andererseits durch diesen Erlass verändert hat. Er stellt einen negativen Einfluss auf die Löhne der befristet Angestellten fest. Der Lohnunterschied wird grösser. Qualifizierte Arbeitnehmende mit befristetem bzw. temporärem Vertrag verdienen 22 bis 37 Prozent weniger als festangestellte Fachkräfte. Bei ungelernten Arbeitskräften ist der Lohnunterschied zwischen fest und befristet Angestellten hingegen geringer. Elia erklärt dies damit, dass die Arbeitgeber befristete Anstellungen im Falle von Fachkräften dazu bräuchten, um deren Qualifikationen zu testen. Ein fester Arbeitsvertrag sei dann eine Art Belohnung für die produktiveren Arbeitskräfte. Demgegenüber braucht es für Hilfsarbeiten kaum besondere Fähigkeiten, weshalb die Arbeitgeber in diesem Fall die Mitarbeitenden nicht testen und sie aus anderen Gründen temporär beschäftigen.

Der Autor fragt sich, ob solche Flexibilisierungspolitiken ihr Ziel, neue Arbeitsplätze zu schaffen, auch tatsächlich erreichen oder ob sie nicht vielmehr zu einem Zweiklassen-Arbeitsmarkt führen.

Eine andere Studie aus Deutschland(2) bestätigt allerdings die (leicht) positive Wirkung von Flexibilisierungsmassnahmen auf das Stellenangebot. Stefan Bauernschuster hat untersucht, wie sich die Liberalisierung des 
Kündigungsschutzes in Deutschland auf das Einstellungs- und Entlassungsverhalten von Kleinfirmen auswirkt. Er stellt fest, dass die Firmen seit der Einführung des gelockerten Kündigungsrechts etwas mehr Anstellungen tätigen, während sich an den Kündigungen trotz Liberalisierung nichts geändert hat. Ausserdem bewirkt die Flexibilisierung der Arbeit eine zunehmende Ablösung temporärer Arbeitsverträge durch feste Anstellungen.

Es muss offenbleiben, ob die Effekte von – notabene: unterschiedlichen – Flexibilisierungsmassnahmen in zwei verschiedenen Ländern ohne weiteres zusammengefasst werden können. Dennoch verleiten die beiden Studien zu folgendem Schluss: Eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes führt dazu, dass die Unternehmen mehr Stellen anbieten. In gewissen Fällen handelt es sich um eine Konsolidierung bestehender Stellen (von Temporär- zu Festanstellungen). In anderen Fällen werden – allenfalls zu tieferen Löhnen – neue Jobs geschaffen. Dabei ist hervorzuheben, dass es sich um Jobs handelt, die ohne Arbeitsmarktliberalisierung gar nicht angeboten würden.

  • 1 
Elia, Leandro (2009). Temporary/permanent workers wage gap: a brandnew form of wage inequality? 
www.flexworkresearch.org
  • 2 
Bauernschuster, Stefan (2009). Relaxed Dismissal Protection: Effects on the Hiring and Firing Behavior of Small Firms. www.flexworkresearch.org
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David N. Peter, dipl. Ing. ETH/BWI 
Arbeitsausschuss Hilfsmittel 
Arbeitssicherheit im Personalverleih

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Myra Fischer Rosinger

Myra Fischer-Rosinger ist Direktorin von swissstaffing, dem Branchenverband der Personaldienstleister. Die Politologin und Volkswirtschaftlerin prägt die Entwicklung von swissstaffing seit 2006. Massgeblich beteiligt war sie an der Einführung des Gesamtarbeitsvertrags Personalverleih, der seit 2012 in Kraft ist. Im Branchenverband swissstaffing sind 300 schweizerische Personaldienstleister organisiert. Der Arbeitgeberverband ist Kompetenz- und Servicezentrum für die Temporärbranche und vertritt die Anliegen seiner Mitglieder gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. www.swissstaffing.ch

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