Interne Kommunikation

Preisgekrönte Kommunikationskanäle

Die interne Kommunikation der SBB wurde jüngst vom Schweizerischen Verband für interne 
Kommunikation (SVIK) gleich in drei Kategorien mit einer «Goldenen Feder» ausgezeichnet. Auch auf europäischem Parkett räumte die SBB zweifach erste Preise ab. Zufall? Ein Blick hinter die Kulissen.

Im Oktober 2013 hat die SBB die interne und externe Kommunikation organisatorisch zusammengelegt. Als ehemaliger Leiter der Internen Kommunikation wirkt Andreas Stuber neu als Leiter Integrierte Kommunikation: «Als ich vor drei Jahren die Leitung der internen Kommunikation übernehmen konnte, gab es einzelne gute Elemente wie eine renommierte SBB Zeitung, aber weder eine Gesamtstrategie noch eine prozessorientierte Organisation.»

Das hat sich inzwischen deutlich geändert. In enger Zusammenarbeit mit dem HR hat die Interne Kommunikation die Erarbeitung eines Leitbildes mitgestaltet. Denn die SBB sei mittel- und längerfristig nur erfolgreich, wenn die rund 29 000 Mitarbeitenden ein gemeinsames Verständnis darüber haben, wohin das Unternehmen sich entwickeln will und wie. Deshalb sollen in den nächsten Jahren «sämtliche Mittel der internen Kommunikation konsequent und crossmedial auf die Leitbild-Umsetzung ausgerichtet werden», so die Quintessenz des Strategieansatzes.

Zeitgemässe  Mitarbeitermedien

aeraerer «1984 war die interne Kommunikation der SBB die SBB Zeitung», erklärt Ruedi Eichenberger*. Das Team umfasste ganze drei Leute. Heute arbeitet allein in der Zentrale rund ein Dutzend Personen für das ganze Spektrum der internen Kommunikation plus sechs weitere in den Divisionen Personenverkehr, Infrastruktur, Cargo und Immobilien. Mit der Umwandlung der SBB, vom Beamten-gesetz unterstellten Bundesbetrieb zur SBB AG mit GAV-Verträgen, brach im Jahr 2001 ein tiefgreifender Kulturwandel an, der sich auch in der internen Kommunikation niederschlug: Die SBB-Zeitung erschien neu im Tabloid-Format und in einer für eine Personalzeitung ungewöhnlich hohen Kadenz alle 14 Tage. 2013 wurde bei der SBB das Zeitalter der integrierten Kommunikation eingeläutet, womit die SBB Zeitung nach 12 Jahren zugunsten eines Ausbaus der wendigeren Online-Kommunikation zu einem vertiefenden Mitarbeitermagazin inklusive Tabletversion auf zehn Ausgaben pro Jahr «entschleunigt» wurde.

  • *Ruedi Eichenberger, 
Chefredaktor «Unterwegs»: 1984 in die SBB eingetreten, hat er als Chefredaktor der damals neu aufgegleisten «SBB Zeitung» (die das altehrwürdige «Nachrichtenblatt»  ablöste) in den letzten 30 Jahren nicht nur eine der profiliertesten Personalzeitungen geprägt, sondern als «Doyen» der internen Kommunikation den Wandel der Disziplin hautnah miterlebt.

Aufgrund gemeinsamer Werte und eines gemeinsamen Zielverständnisses mit Fokus auf die Kundenzufriedenheit hat das HR der SBB in der Folge ein breit angelegtes Change-Programm initiiert, aktiv unterstützt durch die interne Kommunikation, die eine interne Testimonial-Kampagne erarbeitet hat, welche in der Belegschaft die fünf SBB-Werte des Leitbildes verankern soll.

Doch zurück zum neuen Konzept der Integrierten Kommunikation: Warum integriert die SBB ihre Kommunikationsbereiche, während viele Unternehmen erst allmählich die Bedeutung der internen Kommunikation erkennen und als selbstständigen Bereich professionalisieren? Gemäss Stuber verspricht sich die SBB vom integrierten Ansatz, künftig gegenüber Mitarbeitenden und Medien «konsistenter und schneller» kommunizieren zu können: «Mitarbeitende erfahren heute auch durch Medienberichte, was im Unternehmen läuft. Journalisten lesen das Mitarbeitermagazin», erklärt Andreas Stuber.

Stringente Strategien

«Interne und externe Kommunikation wachsen immer mehr zusammen», erklärt Andreas Stuber* den strategischen Entscheid der SBB, die im Herbst 2013 die externe und interne Kommunikation organisatorisch zusammengeführt hat. Aus dem Leiter Interne Kommunikation wurde der Leiter Integrierte Kommunikation: «Die interne Kommunikation ernst zu nehmen und professionell anzugehen», ist für Stuber elementar. «Künftig werden wir sicher noch stärker elektronisch und crossmedial kommunizieren, mit Newstexten, Videostatements des CEO, der Konzernleitung und von Mitarbeitenden, Bildergalerien und so weiter. Emotionalität statt trockene Fakten – die interne Kommunikation muss auch Spass machen.»

  • *Andreas Stuber, Leiter Integrierte Kommunikation: Der bisherige Leiter der Internen Kommunikation war 
unter anderem Leiter Kommunikation bei SBB Infrastruktur, Kommunikations- und 
Medienchef des Bundesamts für Umwelt sowie Medienchef der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit und während zehn Jahren auch 
als Journalist tätig.

«Unsere internen Kommunikatoren machen ihre Arbeit deshalb heute stärker im Bewusstsein, dass sie auch über die Mitarbeitenden hinaus ein Publikum erreichen.» Man habe damit bereits vor der organisatorischen Zusammenlegung zur Integrierten Kommunikation begonnen, erklärt Stuber: «So planen und schreiben unsere Redaktoren das Mitarbeitermagazin Unterwegs seit einem Jahr in enger Zusammenarbeit mit den Machern des Kundenmagazins Via, tauschen Artikel aus und lassen die Magazine bei der gleichen Agentur produzieren.»

Je-ka-mi stösst an Grenzen

Diese umfassende Sicht auf die Kommunikation werde sich künftig noch akzentuieren. Dasselbe gelte umgekehrt auch für die externe Kommunikation, die ebenfalls stärker mit Blick auf die internen Zuhörer gegen aussen kommuniziere. Als Beispiel für diesen Effekt verweist der ehemalige Konzernmediensprecher Reto Kormann, der heute die Crossmedia-Strategie verantwortet, auf die wöchentlich erscheinende «Schotterblick»-Kolumne von Personenverkehr-Chefin Janine Pilloud im Blick am Abend: «Diese Texte werden auch von unserem Personal gelesen und wirken deshalb auch nach innen.»

Durch die «integrierte Denke» verändere sich allmählich das Rollenverständnis und auch das Jobbild, so die Beobachtung von Rudolf Eichenberger, der als langjähriger Chefredaktor der «SBB Zeitung» auf drei Dekaden der internen Kommunikation zurückblicken kann: «Redaktoren der internen Kommunikation sitzen heute nicht mehr dank Informationsvorsprung auf einem Thron.» Informationen demokratisieren sich durch die Online- und Social-Media-Kanäle immer schneller weshalb die Redaktoren in diesen Intranet-Gefässen vermehrt als Content-«Kuratoren» auftreten und auch zunehmend Moderationsaufgaben übernehmen. «Dennoch ist weiterhin journalistischer Sachverstand gefragt, um Zusammenhänge und Hintergründe leicht verständlich und emotional darzustellen», betont Eichenberger. «Das Je-ka-mi hat Grenzen.»

Obwohl unbestritten ist, dass die Digitalisierung auch die Interne Kommunikation verändert, so hätten Unternehmen in der Regel massiv weniger Kommentare zu Intranet-Artikeln als beliebte Online-Newsportale, räumt Andreas Stuber ein. «Trotzdem kommen wir in der Internen Kommunikation nicht darum herum, Social Media Rechnung zu tragen.» In der Strategie der Internen Kommunikation sind die elektronischen Medien deshalb ein zentraler Pfeiler. «Nebst der Kommunikation über die Linie und Dialogplattformen – die beide stark Face-to-Face geprägt sind. Ich sehe da keinen Widerspruch, sondern sich ergänzende Bedürfnisse.»

Neue Dimensionen

Derweil steht die SBB vor einem Quantensprung in Sachen elektronische Kommunikation: Sämtliche Mitarbeitende sollen bis 2015 mit einem Smartphone oder Mini-Tablet ausgerüstet werden. Somit werden erstmals alle Berufsgruppen Zugriff auf elektronische Informationen haben. «Damit befähigen wir unsere Mitarbeitenden, Kunden erstklassigen Service zu bieten und binden unsere Leute auch emotional stärker ans Unternehmen», freut sich Andreas Stuber und prophezeit: «Wenn die SBB künftig alle Mitarbeitenden elektronisch erreichen kann – heute sind es bloss zwei Drittel – und dies erst noch mobil, dann stossen wir in eine ganz neue Dimension der Internen Kommunikation vor.» Gemäss Stubers Prognose werden demnach die Mitarbeitenden künftig im Bus und im Zug auf dem Weg zur Arbeit lesen können, was das Unternehmen zu einem aktuellen Thema zu sagen hat.

Fragt man nach Kennzahlen und dem Nachweis eines Wertbeitrags für das Unternehmen, kann die Interne Kommunikation selten auftrumpfen. Für die unternehmensinterne Glaub­würdigkeit und Beachtung der Internen Kommu­nikation wäre es jedoch enorm wichtig, die Wertschöpfung belegen zu können. Wie sind die Erfahrungen mit Kennzahlensystemen bei der SBB und wie steht es mit der Evaluation und Wertschöpfung der Internen Kommuni­kation?

Kennzahlensystem fehlt

«Auf der qualitativen Seite sind wir bis ins Topmanagement überzeugt, dass wir den notwen­digen Wandel – in unserem Fall von einem ehemaligen Verwaltungszweig zu einem echten Unternehmen – nur dann hinbekommen, wenn wir Führungskräfte und Mitarbeitende nicht nur an Bord haben, sondern auch aktiv mit auf die Reise nehmen», erklärt Andreas Stuber.  Dass die Interne Kommunikation äusserst zentral ist, sei unbestritten. Was jedoch die quantitative Messung betrifft, so habe man sicher noch Potenzial, räumt Stuber ein: Zwar messe man sämtliche Produkte regelmässig, vom Mitarbeitermagazin über das Intranet bis hin zu Dialogveranstaltungen. «Ein eigentliches umfassendes Kennzahlensystem müssen wir aber erst noch entwickeln.»

Crossmediale Verzahnung

Die Crossmedia-Strategie der SBB sieht 2014 einigen tiefgreifenden Neuerungen entgegen: Verbunden mit dem Bezug des neuen Konzernsitzes in Bern-Wankdorf ist auch ein millionenschwerer Relaunch des Intranets geplant. Das ehemalige «Monstrum» wurde unter dem Arbeitstitel «One Intranet» entschlackt und zu einer mobile-fähigen Plattform mit stark kollaborativem Charakter umgebaut. Dabei seien explizit auch kontroverse Statements willkommen, erklärt Reto Kormann*. «Kritisch-konstruktive Töne zuzulassen, war bei der SBB immer ein Markenzeichen der internen Kommunikation.» Um Geschäftsprozesse zu optimieren, untereinander effizient zu kommunizieren und allen Mitarbeitenden Zugriff auf elektronische Informationen zu ermöglichen, werden in nächsten Monaten alle Berufsgruppen mit einem Smartphone oder Mini-Tablet ausgerüstet. Damit dürfte die SBB in eine neue Dimension der Internen Kommunikation vorstossen.

  • *Reto Kormann. Leiter CrossmediaDer gelernte Betriebsdisponent war Redaktor der «SBB Zeitung» und Konzernmediensprecher. Heute verantwortet er die Crossmedia-Strategie, die neben der Orchestrierung der in- und externen Print-, Online- und Mobile-Kanälen auch die medienübergreifende Verankerung der Unter­nehmensziele umfasst.

Entsteht bei so viel Enthusiasmus für die Interne Kommunikation nicht langsam die Gefahr einer Informationsüberflutung? Stuber räumt ein, dass «dosierte, verständliche, zeitgerechte und brauchbare Information» gerade in grossen Unternehmen zunehmend eine Herausforderung darstellt: «Die Mitarbeitenden erwarten Übersicht und Klarheit, deshalb versuchen wir von den Erwartungen unserer Mitarbeitenden auszugehen und Themen, die für das Management wichtig sind, verständlich umzusetzen.»

Bei der Information der Führungskräfte setze die Interne Kommunikation der SBB deshalb ­bewusst auf dosierte Informationen in Form eines zweiwöchentlichen Newsletter, der dem ­Sitzungsrhythmus der Konzernleitung angepasst ist. «Bei Bedarf informieren wir natürlich auch aktuell», ergänzt Stuber. Mitarbeitende finden heute auf dem Intranet ­einerseits Konzernnews, andererseits haben sie die Möglichkeit, spezifische Informationskanäle ihrer Bereiche zu empfangen. 2014 steht betreffend Intranet ein grösserer Relaunch an: Es soll mehr Möglichkeiten bieten, Informationen zu personalisieren, individualisieren und gezielt zu abonnieren. Entsprechende «Social Intranet»-Projekte werden als Kommu­nikationstools der Zukunft gehandelt mit dem Potenzial, klassische Kanäle ablösen zu können.

Fazit

Wie lassen sich die neuen beschleunigten Kommunikationsmittel mit den eher langsamen Entwicklungsprozessen der Unternehmenskultur in Einklang bringen? «Die Interne Kommunikation muss die Entwicklung der Unternehmenskultur unterstützen», meint Andreas Stuber. Das sei auch bei einer beschleunigten Kommunikation möglich, wobei sich durchaus die Frage stelle, wie weit wir es mit dieser Beschleunigung tatsächlich treiben wollen: «Manchmal tut etwas mehr Gelassenheit eben gerade gut», meint Stuber, «das kann auch heissen, lieber mal ein Hintergrundbericht mehr, statt jeden Tag hektisch viele News abzusondern.» Insofern ist Andreas Stuber überzeugt, dass die geschilderte Entwicklung auch nicht zum «Tod» der gedruckten Mitarbeiterzeitschrift führen wird: «Print wird vielleicht die Erscheinungskadenz weiter senken, aber immer beliebt bleiben.»

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Ehemaliger Chefredaktor HR Today.

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