Recruiting

Recruiter, der erste Eindruck zählt!

Wie der Recruiter sich und sein Unternehmen präsentiert, nimmt gerade in Zeiten rar gewordener Talente an Bedeutung zu und kann über das Kandidateninteresse mit entscheiden.

Der Kandidat von heute ist hoch qualifiziert und anspruchsvoll, er bereitet sich für das Interview bestens vor und informiert sich via Internet über das Unternehmen. Jetzt hat der Recruiter zum persönlichen Gespräch eingeladen, und während das Vorstellungs­gespräch noch bis vor wenigen Jahren vom Eindruck des Recruiters vom Kandidaten geprägt war, ist heute der Auftritt des Recruiters ebenso bedeutsam. Denn dieser wirkt wie ein Werbespot für das Unternehmen. Geht der Auftritt daneben, kostet dies womöglich das Interesse des Kandidaten. Die Praxis zeigt immer wieder, dass Recruiter den ersten Eindruck, den Kandidaten von ihnen haben, unterschätzen. Kandidaten haben uns ein Feedback über die häufigsten Fehler von Recruitern gegeben:

  • Die Interviews werden zu oberflächlich oder zu standardisiert geführt.
  • Der Bewerbungsprozess ist unpersönlich, die Interviewer sind nur an der Arbeitskraft und nicht an der Person interessiert.
  • Das Unternehmen wird nicht optimal präsentiert.
  • Der Bewerbungsprozess dauert zu lange, die Transparenz während des Bewerbungsprozesses fehlt.
  • Das Unternehmen weiss nicht, wo es mit seiner Stelle im Arbeitsmarkt steht (Benchmarking).
  • Die Entscheidungsträger orientieren sich am bestqualifizierten und nicht am bestpassendsten Kandidaten.
  • Probleme, Schwierigkeiten oder Erschwernisse werden nicht erwähnt beziehungsweise schöngeredet.
  • Das Unternehmen orientiert sich nur an den eigenen Bedürfnissen und nicht an jenen des Bewerbers (Nabelschau).
  • Unternehmensvertreter halten Mono­loge.
  • Zu viele Gesprächspartner werden als unangenehm empfunden.
  • Die bekannten, unerlaubten Fragen werden als störend empfunden.  

Wer sich an diesen Erfahrungen orientiert, kann seine Bewerbungsgespräche mit geringem Aufwand optimieren. Unternehmen punkten bei ihren Kandidaten durch ein gut strukturiertes, professionell geführtes Interview. Die Art und Weise, wie Interviews geführt werden, hat starke Auswirkungen auf das Image des Arbeit­gebers. Eine kundenorientierte Rekrutierung legt den Grundstein dafür, die besten Talente anzuziehen und zu gewinnen. Doch nur mit einem professionell geführten, ausführlichen Interview kann das Ziel erreicht werden: den Kandidaten umfassend einzuschätzen und seine Motivation für diese Position zu verstehen. In Zeiten von Be­werbermanagementsystemen und E-Recruiting wird der gute Ton im Interview manchmal vergessen. Daher sei hier das Wichtigste nochmals zusammengefasst.

Das Interview sollte ein Dialog sein, kein Verhör

Die Gesprächseröffnung sollte dazu dienen, sich gegenseitig vorzustellen und ein angenehmes, offenes Klima zu schaffen. Nervöse Kandidaten müssen beruhigt werden, sonst ist das Gespräch zu wenig aussagekräftig. Dies bedingt einen diskreten und ungestörten Ort sowie eine freundliche Atmosphäre. Hektisch geführte Interviews oder Zeitmangel sind keine guten Voraussetzungen. Erläutern Sie vor dem Interview den Gesprächsverlauf, legen Sie den Zeitrahmen fest und holen Sie die Bedürfnisse des Kandidaten ab. Briefen Sie die Linie in Bezug auf den Gesprächs­ablauf, erstellen Sie einen Leitfaden und verteilen Sie die Rollen.

Versuchen Sie rasch, ein vertrauensvolles Klima sowie eine persönliche Ebene zu schaffen. Ein gutes Interview besteht aus ausgeglichenen Anteilen an Informationsaustausch zwischen den Interviewpartnern. Lassen Sie die Bewerbenden ihren Lebenslauf in eigenen Worten erzählen oder auch grössere, zusammenhängende Begebenheiten schildern.

Als Interviewer muss man sich bewusst sein, dass nicht nur Kandidaten, sondern auch Unternehmen unterschiedlich sind. Wie kann dem im Interview Rechnung getragen werden? Einerseits, indem dem Kandidaten die spezifischen Merkmale oder die Kultur eines Unternehmens aufgezeigt beziehungsweise vermittelt werden: Wie unterscheidet sich das Unternehmen von seinen ­Mitbewerbern? Wie wird im spezifischen Team zusammengearbeitet? Andererseits, indem man die Zeit nutzt, den Kandidaten vertieft kennenzulernen. Wie stellt er sich eine konkrete Zusammenarbeit vor? Was ist ihm bei einem Arbeitgeber wichtig?

Ein wesentlicher Punkt des Interviews ist das Ermitteln der kurz- und langfristigen beruflichen Vorstellungen seitens des Bewerbers. Welches sind seine Erwartungen an ein Unternehmen beziehungsweise an seine zukünftige Tätigkeit? Wie stellt er sich das direkte Umfeld beziehungsweise die Zusammenarbeit im Team vor? Erwähnen Sie die Besonderheiten, Herausforderungen, Erschwernisse oder attraktiven Seiten einer Stelle, um dem Kandidaten ein möglichst gutes Bild seiner zukünftigen Aufgabe aufzuzeigen. Handelt es sich beispielsweise um ein geordnetes Umfeld, oder ist es wenig strukturiert, arbeitet der Mitarbeiter selbständig beziehungsweise allein oder sehr teamorientiert, ist die Tätigkeit eher konzeptionell oder operativ?

Zudem ist es essenziell, dass Sie Ihr ­Unternehmen beziehungsweise Ihre Stelle sowohl salärmässig als auch inhaltlich benchmarken können. Wo steht Ihr Unternehmen im Wettbewerb mit aktuell vergleichbaren vakanten Positionen?

Situativ und nach Möglichkeit kann es sinnvoll sein, einen Probehalbtag durchzuführen, um ein vertieftes gegenseitiges Kennenlernen zu ermöglichen.

Ein Interview sollte ein Dialog und kein Verhör sein. Als Interviewer sollten Sie sich gut vorbereiten, die Bewerbungsunterlagen studiert haben und pünktlich ins Gespräch gehen. Wichtig ist, dass Sie sich glaubwürdig, echt und offen geben und dass die Körpersprache dem Verbalen entspricht. Vermeiden Sie oberflächlich geführte Gespräche oder zu wenig konkrete Informationen. Achten Sie (Linie und HR) darauf, dass Sie sich im Interview nicht widersprechen. Geben Sie nach dem Interview ein kurzes Feedback und besprechen Sie das weitere Vorgehen sowie allenfalls offene Punkte. Die Versprechen betreffend das weitere Vorgehen und Terminabsprachen müssen unbedingt eingehalten werden, sonst leidet Ihre Glaubwürdigkeit.

Warum Kandidaten sich für eine Stelle entscheiden

Für die Auswahl des «idealen» Arbeit­gebers beziehungsweise der entsprechenden Stelle werden von Bewerbern folgende Kriterien genannt:

  • Die besprochene Stelle sowie die Per­spektiven (Laufbahn und Weiterbildung) entsprechen den Vorstellungen.
  • Die im Interview kennengelernten Per­sonen aus Linie und HR werden positiv eingeschätzt.
  • Das gebotene Gehalt, die Sozialleis­tungen und die Rahmenbedingungen entsprechen den Vorstellungen.
  • Im Interview konnte das Interesse am Unternehmen beziehungsweise an der Stelle noch verstärkt werden.
  • Identifikation mit dem Unternehmen.

 

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Beat Altherr, VR-­Prä­sident, a & u Kaderberatung AG, Basel und Zürich, Suche und Selektion von Fach- und Führungskräften in den Bereichen Bank, ­Finanz und IT, zudem spezialisiert in der ­Rekrutierung von Young Talents.

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Roman Bussinger, Partner, a & u Kaderberatung AG, Basel und Zürich, Suche und Selektion von Fach- und Führungskräften in den Bereichen Bank, ­Finanz und IT, zudem spezialisiert in der ­Rekrutierung von Young Talents.

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