Diplomarbeit

Sind HR und Personalberater Partner oder Konkurrenten?

HR Managements und professionelle Personalberatungen fischen in ein und dem selben Teich. Beide rekrutieren und entwickeln in Zeiten der knapper werdenden Ressource Personal fähige und willige Leistungsträger für das eigene oder eben im Auftrag für ein drittes Unternehmen. Müssen die beiden Player deshalb Konkurrenten sein oder sollten sie nicht vielmehr partnerschaftlich agieren? Eine aktuelle Diplomarbeit geht dieser Frage nach.  

Demografischer Wandel, Fachkräftemangel, wirtschaftliche, gesellschaftliche, auch ökologische Umwelteinflüsse beeinflussen den Arbeitsmarkt direkt oder indirekt in unterschiedlicher Weise. Entsprechend sind die Unternehmen in der Rekrutierung von geeigneten Mitarbeitern gefordert und müssen ihre Organisation, Prozesse und Führung laufend überdenken, anpassen oder nach neuen Lösungen suchen.

Externe Personalberatung oftmals nur ultima ratio

In diesem Umfeld sieht sich die Personalberatung als Partner des HR Management. Die Arbeit der Personalberatung wird jedoch nicht immer als nutzbringende Dienstleistung gesehen. Auch wird die externe Suche vielfach erst am Schluss der Personalsuche in Betracht gezogen oder aufgrund eigener Ressourcen überhaupt nicht beansprucht.

Die Gründe, welche für oder und gegen eine Zusammenarbeit sprechen, sind vielfältig und lassen Raum für Vermutungen. Umfragen, Interviews, Recherchen und eigene Erfahrungen sollen helfen, klare Antworten zu finden.

Basis der gewonnenen Erkenntnisse bildet die durchgeführte Umfrage, welche von 208 HR- Verantwortlichen beantwortet wurde, was einer Rücklaufquote von 52 Prozent entspricht. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass 70 Prozent der befragten Unternehmen mit einer Personalberatung zusammenarbeiten. Hauptgründe sind: Erhöhte Erfolgschancen, gute Erfahrungen und Diskretion.

Gegen eine Zusammenarbeit sprechen: Die eigene Personalabteilung, welche alle HR-Bereiche abdeckt, ausreichend Ressourcen, um HR-Bedürfnisse zu erfüllen, Budget und Kosten.

Kostentransparenz, nachweisbare Fachkompetenz und höhere Erfolgsgarantie sind für die Unternehmen Voraussetzungen, um die Zusammenarbeit mit einer Personalberatung zu suchen. Unterschiede in den Ergebnissen mit Bezug auf die Personalsuche gibt es kaum.

Firmen erhoffen sich durch Personalberatungen besseren Zugang zum Arbeitnehmermarkt

Die Unternehmen sehen die Unterstützung in der Personalsuche für sie als grössten Nutzen. Durch die Zusammenarbeit versprechen sie sich einen besseren Zugang zum Personalmarkt, eine breitere Kandidatenauswahl und vor allem eine raschere Besetzung von Vakanzen. Der aktuelle Fachkräftemangel führt die Unternehmen eher dazu, die Zusammenarbeit mit der Personalberatung zu suchen.

Ergänzend zur Personalsuche sehen die Unternehmen in der Personalberatung einen Partner für fachspezifische HR-Fragen oder eine Zweitmeinung, zum Beispiel wenn es darum geht, die richtige Kandidatenwahl zu treffen. Im Bereich der weitergehenden Abklärungen besteht seitens der Personalberatungen unbestritten grosses Potenzial. Dies aber immer unter der Voraussetzung, dass dafür ausreichend Fachkompetenz ausgewiesen werden kann.

Die Qualität spielt bei den Unternehmen bei einer Zusammenarbeit eine bedeutende, wenn nicht sogar entscheidende Rolle. Zwar wird sie nicht explizit gefordert, kommt im Rahmen der Umfrage aber durch Kriterien wie Branchen- und Firmenkenntnisse, schnelle Reaktion, Kundennähe und Kontinuität in der Betreuung klar zum Ausdruck.

Ruf nach Qualitätsstandards für Personalberatungen wird immer lauter

Angesichts der eher unüberschaubaren Situation am Personalberatungsmarkt wird der Ruf nach verbindlichen Qualitätsstandards immer lauter. Der Vollzug dürfte aber in einer Branche, welche im Gegensatz zu Deutschland, kaum reguliert ist, schwierig durchzusetzen sein.

Eine umfassendere Betrachtung der Zusammenarbeit zeigt, dass das Zusammenspiel zwischen HR Management, Personalberatung und Bewerber in einem komplexen und teils unberechenbaren Umfeld stattfindet. Zudem wurde der Personalberatungsmarkt in der vergangenen Finanz- und Wirtschaftskrise auf eine harte Probe gestellt. Die Gangart ist härter geworden.

Weiter hat die Konkurrenz durch soziale Netzwerke stark zugenommen. Auch die Unternehmen selber agieren am Arbeitsmarkt aggressiver. Schliesslich sind die Unternehmen selbstbewusster und anspruchsvoller geworden. Sie prüfen die Qualität, drehen an der Preisschraube und erhöhen den Druck. Die Schwelle, ab welcher die Firmen für die Personalsuche einen externen Dienstleister beauftragen, wird somit künftig höher liegen. Und dennoch kann festgehalten werden, dass die Zusammenarbeit zwischen HR Management und Personalberatung auch in Zukunft von Bedeutung sein wird.

Vertrauen, fundierte Fach- und Branchenkenntnisse sowie (Kosten-)Transparenz sind entscheidende Einflussfaktoren, um das vorhandene Potenzial auf dem heutigen Stellenmarkt optimal auszuschöpfen.

Vertrauen aufbauen und halten

Bezüglich der genannten Einflussfaktoren gibt es seitens HR Management wie Personalberatung eine Reihe von Massnahmen, um Missverständnisse zu vermeiden und die Wirkung der auf Gegenseitigkeit bestrebten Zusammenarbeit zu verbessern. Grundvoraussetzung dafür ist eine offene und klare Kommunikation mit dem Ziel, Anforderungen und Suche, im Sinne eines Instrumentariums, so gut aufeinander abzustimmen, um dadurch eine Win-Win- Situation zu schaffen, welche ihrerseits die Basis für eine positive Abhängigkeit legt. Eine Haltung, die selbst unter Berücksichtigung bevorstehender Entwicklungen Erfolg verspricht.

Nebst den erwähnten «Hardfacts», wird das Vertrauen auch in der Zusammenarbeit eine entscheidende Rolle spielen. Gelingt der Aufbau einer Vertrauensbasis, ist der Weg für eine fruchtbare Partnerschaft offen, ungeachtet der Arbeitsmarktsituation. HR Management wie Personalberatungen sind folglich in der Pflicht, die entsprechenden Schritte konsequent einzuleiten.

 

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Roger Sträuli ist Senior Consultant und stv. Geschäftsleiter bei der Wilhelm Kaderselektion AG in St. Gallen.
 

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