Arbeitsrecht

Telearbeit

Bedingt durch den schnellen technologischen Fortschritt, insbesondere im Bereich der Bürokommunikation, verändern sich die traditionellen Arbeitsformen und es entstehen neue Formen der Beschäftigung wie z.B. die Telearbeit.

Der Begriff Telearbeit beinhaltet verschiedene Arbeitsorganisationsformen: Teleheimarbeit (Arbeit zu Hause), alternierende Telearbeit (Wechsel zwischen zwei Arbeitsorten, z.B. zwischen Arbeitsplatz in der Unternehmung und zu Hause), kollektive Telearbeit (Arbeit in Nachbarschafts- oder Satellitenbüros) und mobile Telearbeit (ortsunabhängige Arbeit, z.B. bei Aussendienstmitarbeitenden). Die Telearbeit kommt sowohl gewissen Interessen des Arbeitgebers (Flexibilität des Personaleinsatzes und der Leistungserbringung, Produktivitätssteigerung, Einsparungen bei den Raum-, Weg- und Zeitkosten) als auch des Arbeitnehmers (eingeschränkte Verschiebungen, mehr Selbständigkeit, Flexibilität der Arbeitszeit, höhere Arbeitsmotivation) nach. Auf der anderen Seite ergeben sich für den Arbeitgeber Kontrollprobleme und –kosten bezüglich der tatsächlichen Leistungserbringung und für die betroffenen Arbeitnehmer besteht eine gewisse Gefahr der sozialen Isolation.

Das schweizerische Recht enthält keine besonderen Bestimmungen über die Telearbeit und bis heute haben weder die Rechtsprechung noch die Lehre diese Arbeitsform vertieft behandelt. Es gibt grundsätzlich zwei sehr unterschiedliche Formen der Telearbeit: die unselbständige mittels Arbeitsvertrag und die selbständige mittels Auftrag. Die vorliegende Ausgabe beschränkt sich auf die Darstellung der rechtlichen Situation der Telearbeit im Rahmen unselbständiger Arbeitsverhältnisse. Nicht zur eigentlichen Telearbeit gezählt wird die Arbeit von Arbeitnehmern, in der Regel Kadermitarbeiter, welche vereinzelt eine Arbeit zu Hause erledigen, auch wenn sie dazu einen PC oder ein Laptop benutzen.

Anwendung des privat-rechtlichen Arbeitsrechts

Auf die Telearbeit sind grundsätzlich die Bestimmungen über die Heimarbeit (OR 351 bis 354) und ergänzend dazu auch die allgemeinen Vorschriften über den Einzelarbeitsvertrag (OR 319 bis 343) anwendbar. Einige dieser Bestimmungen haben jedoch im Fall der Telearbeit eine besondere Bedeutung und werden deshalb in der Folge kurz kommentiert.

Überstunden (OR 321c)

Wenn der Telearbeitnehmer über eine grosse Flexibilität seiner Arbeitszeit verfügt, stellt sich die Frage von Überstunden nur, wenn das im Arbeitsvertrag vereinbarte durchschnittliche Arbeitspensum während einer beträchtlichen Zeit weit überschritten wird.

Arbeitsgeräte und Material (OR 327)

Normalerweise hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit den Arbeitsgeräten und dem Material auszurüsten, die dieser zur Arbeit benötigt; zumindest hat ihn der Arbeitgeber angemessen zu entschädigen, wenn sie der Arbeitnehmer selber zur Verfügung stellt. Diese Bestimmung ist nicht zwingend und eine andere Vereinbarung oder Übung ist möglich. Da die meisten Unternehmungen das benötigte Material in der Regel zur Verfügung stellen, behaupten gewisse Autoren – unserer Ansicht nach zu Unrecht – dass dadurch eine Übung für die Telearbeit entsteht. Wie dem auch sei, sollte der Vertrag in diesem Punkt sehr genau abgefasst sein. Dies gilt auch hinsichtlich des Gebrauchs des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Materials durch Dritte (Partner/Partnerin, Kinder) für private Zwecke (Spiele, Internet-Anschluss, usw.).

Auslagenersatz (OR 327a)

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen. Jede gegenteilige Vereinbarung ist nichtig. Dem Telearbeitnehmer sind also insbesondere die Auslagen für die Telekommunikation, für die Versicherungen des Materials, für den Strom, für die Reinigung und für das benötigte Papier zu ersetzen. Hingegen hat der Arbeitgeber unserer Ansicht nach nicht zwingend einen Anteil der Mietkosten für den benötigten Raum zu tragen. Der Auslagenersatz kann auch durch eine Pauschale festgesetzt werden; eine solche Vereinbarung hat aber zwingend schriftlich zu erfolgen.

Gesamtarbeitsverträge (OR 356 bis 358)

Nach unseren Kenntnissen gibt es in der Schweiz keinen besonderen GAV über die Telearbeit. Unterstehen jedoch die Arbeitsverhältnisse im Unternehmen, mit welchem der Telearbeitnehmer einen Arbeitsvertrag hat, einem GAV, so sind diese Bestimmungen grundsätzlich auch auf den Telearbeitnehmer anwendbar, es sei denn, er sei ausdrücklich von dessen Geltungsbereich ausgeschlossen.

Auf europäischer Ebene wurde im Mai 2002 zwischen Vertretern der Arbeitgeber und Gewerkschaften eine Rahmenvereinbarung über die Telearbeit abgeschlossen.

Anwendung des öffentlich-rechtlichen Arbeitsrechts

Das Arbeitsgesetz ist anwendbar auf alle öffentlichen und privaten Betriebe (ArG 1/1), ausser die in ArG 2-4 genannten Betriebe und Personen. Vom Geltungsbereich des Arbeitsgesetzes ausgenommen sind beispielsweise die Heimarbeitnehmer, die über einen Heimarbeitsvertrag nach OR 351 ff. verfügen (ArG  3 lit. f). Für diese Telearbeitnehmer sind also die arbeitsgesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich nicht anzuwenden. Ebenso wenig untersteht die Telearbeit dem Bundesgesetz und der dazu gehörenden Verordnung über die Heimarbeit, denn diese besonderen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen gelten nur für gewerbliche und industrielle Hand- und Maschinenheimarbeit.

Kommentar

Es empfiehlt sich sehr, die für das Telearbeitsverhältnis wichtigen Punkte in einem schriftlichen Arbeitsvertrag zu regeln und allenfalls durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers noch zu konkretisieren.
Die Schweizerische Zentralstelle für Heimarbeit stellt Arbeitgebern Informationsmaterial zur Verfügung, insbesondere auch einen Leitfaden zur Einführung der Teleheimarbeit sowie der industriellen/gewerblichen Heimarbeit,  mit Mustervertrag (vgl. www.heimarbeit.ch).

Weitere Informationen zur Heimarbeit finden Sie im «Handbuch des Arbeitgebers» im Kapitel II-7.

  • Dieser Text entstammt der Publikation «Arbeitsrecht» Nr. 55 des Centre Patronal.
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Peter Schüpbach, lic. iur., ist verantwortlicher Redaktor der Publikation «Arbeitsrecht» des Centre Patronal.