Employer Branding

Untersuchung der Karrierewebseiten deutscher Unternehmen: Botschaft fehlt

Das Internet spielt für den Aufbau eines positiven Arbeitgeberimage eine zentrale Rolle. Doch eine Analyse der Karrierewebseiten grosser deutscher Unternehmen zeigt, dass viele Firmen noch nicht verstanden haben, wie sie ihre Botschaften klar im Sinne der sogenannten Employee Value Proposition vermitteln können. Das sind zumindest die Ergebnisse einer Studie der Hochschule Furtwangen.
 

Ursprünglich dienten Karrierewebseiten primär der Kommunikation offener Stellen. Durch die Verwendung von E-Recruiting-Technologien entwickelten sich Karrierewebseiten immer mehr zu Portalen für Wettbewerber, die auch ein Bewerben online ermöglichen. Erst seit kurzer Zeit erkennen Unternehmen die Chance, auf ihren Karrierewebseiten auch die Arbeitgebermarke zu vermitteln. Insofern wird mit Karrierewebseiten immer mehr versucht, neben der Bereitstellung von Informationen mittels Textsprache die Interessenten auch emotional zu erreichen. Letzteres geschieht in erster Linie über die Bildsprache sowie über prominent platzierte spezielle Textelemente, wie etwa Slogans, welche die Employee Value Proposition (EVP) in komprimierter und überzeugender Form auf den Punkt bringen.

Ist eine klare Botschaft erkennbar?

Die im Folgenden dargestellte Studie ging zunächst der Frage nach, inwieweit Arbeitgeber auf ihren Karrierewebseiten eine klare Botschaft im Sinne einer EVP vermitteln. Stellen die Unternehmen ein oder wenige zentrale Argumente in den Vordergrund? Darauf aufbauend wurde dann untersucht, was die Inhalte dieser Botschaften sind und inwieweit die Text- und Bildsprache diese Botschaft wirksam unterstützen. Formuliert man diese Fragestellung aus Sicht eines Besuchers, so geht es darum, ob und welche Inhalte ein Besucher einer Karrierewebseite nach wenigen Minuten im Gedächtnis behält.

Es wurden Karrierewebseiten der grössten und attraktivsten deutschen Unternehmen für diese Studie ausgewählt. Zu den grössten Arbeitgebern wurden jene gezählt die entweder im Deutschen Aktienindex (DAX) oder im MDAX (Mid-Cap-DAX, ein deutscher Aktienindex mit vorwiegend mittelgrossen Unternehmen) gelistet sind. Weiterhin wurden jene Unternehmen berücksichtigt, die laut dem Berliner Trendence-Institut im Jahr 2006 in den Bereichen Informationstechnologie, Wirtschaft oder Ingenieurwesen zu den 100 beliebtesten Arbeitgebern gerechnet wurden. Insgesamt wurden 247 Seiten in die Analyse mit einbezogen. Diese wurden in der zweiten Jahreshälfte 2007 von einer studentischen Projektgruppe der Hochschule Furtwangen unter Leitung des Autors inhaltlich analysiert und klassifiziert. Die gesichteten Webseiten wurden in vier Klassen eingeteilt. Eine Übersicht über diese Klassifizierung und den prozentuellen Anteil der jeweiligen Seiten liefert Tabelle 1.

Welche Inhalte werden vermittelt?

Interessant sind vor allem die beiden ersten Klassen (eine bis maximal vier Botschaften). Zusammengenommen ergeben sie 41 Prozent. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 59 Prozent der untersuchten Webseiten entweder keine oder diffuse Botschaften vermitteln. Hierbei ist einschränkend zu bemerken, dass auch in Fällen, wo eine oder wenige Botschaften vermittelt wurden, diese durchaus sehr zurückhaltend formuliert sein konnten. Selbst wenn ein Unternehmen lediglich den Satz «Wir bieten die besten Gehälter» kommuniziert und sonst nichts, wäre dies eine klare Botschaft. Diese erste Analyse liefert also noch keine Ergebnisse im Hinblick darauf, ob eine EVP durch eine passende Text- und Bildsprache wirksam unterstützt wird. Ergebnisse hierzu werden weiter unten beschrieben.

Für die 41 Prozent der Seiten mit einer oder wenigen Botschaften wurde in einem nächsten Schritt analysiert, worin die Inhalte bestehen. Eine grafische Darstellung der Ergebnisse liefert Abbildung 1. Das mit Abstand am häufigsten bemühte Argument sind Karrierechancen. 44 Prozent der Unternehmen, die eine oder wenige klare Botschaften vermitteln, stellen diesen Aspekt in den Vordergrund, gefolgt von 28 Prozent der Unternehmen, die ihre Unternehmenskultur als Besonderheit gegenüber anderen Arbeitgebern unterstreichen.

Die Ergebnisse zeigen keine Gleichverteilung der möglichen Argumente. Offensichtlich werden bestimmte Argumente deutlich häufiger genutzt als andere Markendimensionen, wie etwa die Attraktivität der Produkte, Innovation oder die Aufgaben. Hier stellt sich aus der Gesamtbetrachtung heraus die Frage, inwieweit Karrierechancen als hilfreiches Argument angesehen werden können, wenn nahezu die Hälfte der Unternehmen auf diesen Aspekt abzielt. Insbesondere stellt sich die Frage, inwieweit diese Inhalte die tatsächlichen Präferenzen der gesuchten Mitarbeitenden widerspiegeln.

Werden Inhalte durch Bild- und Textsprache unterstützt?

Die Textsprache ist im Besonderen dazu geeignet, Botschaften argumentativ zu unterstützen. Hier geht es auch um Glaubwürdigkeit. Ein Element der Textsprache ist der Slogan, der die EVP mit wenigen Worten zusammenfasst. Die Bildsprache spricht eher die emo-tionale Seite an. Hier werden meist Mitarbeitende in privater oder beruflicher Situation dargestellt, wobei dahingestellt sei, ob es sich tatsächlich um echte Mitarbeitende des jeweiligen Unternehmens handelt. Auch Bilder können Botschaften unterstützen, indem sie einen inhaltlichen Bezug zur EVP herstellen.Tabelle 2 zeigt zusammenfassend die Ergebnisse. Bei dieser inhaltlichen Analyse wurden nur jene 41 Prozent der 247 Karrierewebseiten betrachtet, die sich auf maximal vier inhaltliche Botschaften konzentrieren. Hierbei handelt es sich absolut betrachtet um 101 Seiten, weswegen die Ergebnisse in Tabelle 2 nahezu als Absolutwerte betrachtet werden können (fünf Prozent entsprechen fünf Seiten).

Zehn Prozent der Karrierewebseiten verwenden keine Bilder. Zugleich sind deren Texte beliebig. Bei weiteren 16 Prozent sind zwar Bilder vorhanden, aber die Texte sind austauschbar. Das heisst, dass bereits ein Viertel der ausgewählten 101 Seiten ohne nennenswerte Aussage ist. Das sind beispielsweise Seiten, die ihre EVP lediglich über den Slogan vermitteln, die Texte und die Bildsprache aber letztlich keinerlei Bezug zu dieser scheinbaren EVP aufweisen.

Bei 19 Prozent der ausgewählten 101 Seiten wird die EVP über den angebotenen Text klar vermittelt. Bei 15 Prozent der Seiten steht die Bildsprache in erkennbarem Bezug zur EVP. Nur bei fünf Prozent der Webseiten ist beides der Fall. Die fokussierten Gründe werden durch die Text- und Bildsprache unterstützt (dunkelblaues Feld). Insgesamt betrachtet handelt es sich hierbei nur um zwei Prozent aller analysierten Karrierewebseiten. Dies entspricht absolut betrachtet fünf von 247 Karrierewebseiten.

Fazit

Die Arbeitgebermarke vermittelt, warum sich ein Arbeitnehmer für einen Arbeitgeber interessieren sollte. Sie ist vor allem zu Beginn der Orientierungsphase eines Arbeitnehmers relevant. In dieser Phase ist die Karrierewebseite eines Unternehmens als Medium für die Vermittlung der Arbeitgebermarke wichtig. Eine inhaltliche Analyse der Karrierewebseiten der grössten und attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland zeigt allerdings, das diese Chance – Stand heute – von den wenigsten Unternehmen hinreichend genutzt wird. Die meisten Karrierewebseiten sind inhaltlich geprägt von Beliebigkeit und Austauschbarkeit. Hier empfiehlt sich grundsätzlich eine Positionierung als Arbeitgeber, die eigene Stärken, Präferenzen der Zielgruppen und den Wettbewerb systematisch in Betracht zieht.

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Dr. Armin Trost ist Professor an der Hochschule Furtwangen, Fakultät für International Business. Er lehrt und forscht im Bereich Human Resource Management mit den Schwerpunkten Talentmanagement und angewandte wissenschaftliche Forschungsmethoden. Er ist Partner und Mitgesellschafter der Unternehmensberatung Promerit AG.

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