Employer Branding

Was macht Unternehmen für Technik-Studierende und Ingenieure attraktiv?

Zum zweiten Mal hat das Trendence-Institut die Studie «Das Schweizer Absolventenbarometer» durchgeführt. Mehr als 5000 examensnahe Studierende der Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften aller Schweizer Hochschulen beteiligten sich während der Feldphase von September bis Dezember 2007 an der Umfrage, die neben dem Thema Arbeitgeber
attraktivität auch die Erwartungen der Studierenden und Gründe für die Attraktivität der Employer Brands beleuchtet.

So umworben wie heute waren Hochschulabgänger schon lange nicht mehr – vor allem die Absolventen der Ingenieurswissenschaften haben es den Unternehmen angetan, denn sie sind so knapp wie selten zuvor.

Wie steht es aber um die Gunst der Studierenden? Welche potenziellen Arbeitgeber gehen bereits mit grossen Vorschusslorbeeren in die engere Wahl der Hochschulabsolventen? Und was sind die entscheidenden Faktoren für die Attraktivität von Arbeitgebern? Diese und andere Fragen beantwortet das Schweizer Absolventenbarometer 2008, eine aktuelle Studie des Berliner Trendence-Instituts für die Bereiche Business und Technik.

Der attraktivste Arbeitgeber 
ist weiterhin ABB

Ungebrochen in ihrer Beliebtheit bei den angehenden Ingenieuren scheinen die Unternehmen ABB (Platz 1), Google (Platz 2) und IBM (Platz 3), die auch schon im vergangenen Jahr auf dem Siegertreppchen versammelt waren. Dass IBM seinen Platz in der Spitzengruppe halten konnte, ist angesichts eines Verlusts von 3,3 Prozentpunkten keine Selbstverständlichkeit. In den Top 10 tummeln sich ebenfalls «übliche Verdächtige» wie BMW, Siemens, UBS und Alstom. Unternehmen wie Swisscom, Nestlé oder Credit Suisse konnten zwar nach wie vor eine Position unter den ersten 20 Top-Arbeitgebern halten, mussten aber im Vergleich zum vergangenen Jahr Verluste hinnehmen.

Was aber macht Unternehmen generell für ihre potenziellen Mitarbeitenden attraktiv? So unterschiedlich die Präferenzen auch sein mögen – «Das Schweizer Absolventenbarometer» zeigt: Nicht nur hohe Löhne sind ausschlaggebend für die Attraktivität von Arbeitgebern bei Absolventen. Vielmehr sind es für alle Fächergruppen vor allem interessante Arbeitaufgaben, die die grösste Anziehungskraft ausüben.

Angehende Ingenieure suchen 
mehr Freiräume

Die Technik-Studierenden legen darüber hinaus grossen Wert auf Kollegialität und «Work-Life Balance». Der Nachfrager-freundliche Arbeitsmarkt bietet diesen Bewerbern die Möglichkeit, ihre Präferenzen neu zu formulieren und Ansprüche durchzusetzen – dem Bedürfnis nach flexibleren Arbeitszeiten und -formen müssen Unternehmen mit wirklichen Perspektiven und nicht nur mit oberflächlicher Imagepolitur entgegenkommen. Wichtig ist den angehenden Ingenieuren daher vor allem auch die Innovationskraft ihres potenziellen Arbeitgebers. Nur wenn das Arbeitsumfeld durch modernste Technologien und von der Entwicklung innovativer Produkte und Anwendungen geprägt ist, bleiben Arbeitgeber für Ingenieure – auch nachhaltig – attraktiv.

Die Wirtschaftswissenschaftler kürten 2008 ebenso einige «alte Bekannte» zu ihren Top-Arbeitgebern. Spitzenreiter ist wie im Vorjahr die UBS AG mit überragenden 31,5 Prozent. Ebenfalls dominant mit 20,9 Prozent folgt Credit Suisse auf Platz zwei. Bei den Business-Studierenden ist die Attraktivität von UBS und Credit Suisse weiterhin überragend vor Nestlé, PricewaterhouseCoopers und McKinsey – es  bleibt abzuwarten, ob die neuesten Nachrichten über die Bankenkrise daran viel ändern. Kräftig zulegen konnten unter anderem Google (Platz 6) und KPMG (Platz 8), während der Pharmariese Novartis um acht Plätze von Rang 6 auf 14 abrutschte.

BWLer wollen Aufstieg und 
Eigenverantwortung

Für die Studierenden der Wirtschaftswissenschaften stehen vor allem Aufstiegschancen und Eigenverantwortung auf der Prioritätenliste für ihren zukünftigen Arbeitgeber ganz oben. Eben solche Bedingungen, die diesen karrierebewussten Absolventen, die sich noch nicht ganz so entspannt zurücklehnen wie die Ingenieure, den Weg in die Chefetagen ebnen.

Der Standort ist den angehenden Wirtschaftswissenschaftlern bei der Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber weniger wichtig. Insgesamt zeigen sie sich international mobiler als ihre Kommilitonen der Ingenieurwissenschaften. Mehr als 50Prozent der Befragten würden weltweit einen Job akzeptieren, bei den Ingenieuren sind dies nur etwas mehr als 42Prozent. Innerhalb der Schweiz würden allerdings mehr als 25Prozent der befragten Ingenieure umziehen, nur 18Prozent der Wirtschaftswissenschaftler zeigen sich im Inland ebenso mobil.

Eine kleine Sensation ergibt sich bei den IT-Studierenden: Mehr als 50Prozent der Befragten aus dieser Fächergruppe würden nach ihrem Abschluss gerne beim Suchmaschinenanbieter Google einsteigen. Der Konzern steht bei Absolventen vor allem für eine mitarbeiterfreundliche Atmosphäre und ist so erfolgreich, als wäre die Dotcom-Blase nie geplatzt. Google hat damit seine überragend bekannte und starke Produktmarke im Zuge des Aufbaus seines europäischen Headquarters zügig in eine starke Schweizer Arbeitgebermarke transferiert. Immerhin 31,4Prozent IT-Absolventen wählten die Swisscom AG zu einem ihrer drei Favoriten und jeweils 17,1Prozent bekennen sich zu Cisco, Logitech und UBS als Top-Arbeitgeber.

Das Selbstbewusstsein der Engineering-Absolventen drückt sich auch in ihren Gehaltserwartungen aus. Rechneten die Absolventen im Vorjahr noch mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von 72100 Franken, sind es 2008 schon 80000 Franken. Die gefragten Wirtschaftsingenieure erwarten sogar durchschnittlich 85900 Franken pro Jahr. Zum Vergleich: Die Wirtschaftswissenschaftler gingen 2007 von durchschnittlich 74900 und 2008 von 77700 Franken aus. Auch eine Steigerung, aber eben nicht eine so deutliche wie bei den Ingenieuren.

Was diese Ergebnisse für das Employer Branding bedeuten? Die Ziele des Employer Branding müssen sich ohne Zweifel gewissen übergeordneten Grössen wie Produkt-, Branchenimage, Unternehmensgrösse bewusst stellen. Eine aktive Steuerung des Erfolgs einer Arbeitgebermarke ist aber bei weitem kein Glücksspiel: Am Anfang einer jeden soliden Markenpositionierung steht eine klare Standortbestimmung. Dazu gehört natürlich auch die Frage, was diese Wunsch-Nachwuchskräfte vom jeweiligen Unternehmen denken, also eine Imageanalyse und ein Abgleich des Innen- und Aussenbildes des Unternehmens. Nur so können zukünftig die strategischen Massnahmen im Employer-Branding-Mix passgenau und effizient geplant und gebündelt werden. Wer ins Blaue hinein versucht, als Arbeitgeber zu überzeugen, riskiert wie im klassischen Marketing enorm viele Streuverluste.

Die Klarheit über die Positionierung am Markt, die sogenannte Employer Value Proposition, ist unerlässlich für die Planung sämtlicher Personalmarketingaktivitäten und erlaubt eine umfassende, konzertierte Ausrichtung des Employer Branding. Wenn dann auch noch eine zielgruppenkonforme, authentische und effiziente Kommunikation erreicht wird, ist man auf dem richtigen Weg.

Angesichts der Employer-Branding-Aktivitäten verschiedener Unternehmen wird der Wettbewerb in den kommenden Jahren sicherlich zu spannenden Bewegungen im Ranking führen.

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Oliver Viel ist Director of Customer Relations, Trendence Institut Berlin.
www.trendence.ch

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