KMU

Was sich die Kleinen von den Grossen in Sachen HRM abschauen können

Die Personalarbeit von KMU lässt sich kaum mit jener von Konzernen vergleichen: Ihnen, so wird argumentiert, mangle es an personellen und finanziellen Ressourcen, um die erfolgreichen Personalprogramme grosser Unternehmen zu imitieren. Und dennoch, so die Autoren, gibt es einige Aspekte, bei denen die KMU Benchmarking mit den Besten betreiben sollten.

Betriebswirtschaftliche Lehrbücher gehen häufig von den Herausforderungen globaler Konzerne aus. Das Rückgrat der schweizerischen Volkswirtschaft sind aber die KMU. Das Herausarbeiten von Besonderheiten des Human Resources Management (HRM) in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist aufgrund deren Heterogenität nicht einfach. Die Bandbreite möglicher Ausprägungen der Personalarbeit ist gross. Die Unterschiede sind durch die Vielfalt der angebotenen Produkte und Dienstleistungen, vor allem aber durch die unterschiedliche Anzahl der Mitarbeitenden zu erklären.

Resistenz gegenüber Erneuerungen

Die Eigenheiten der Personalarbeit eines KMU liegen einerseits in der Nähe der Mitarbeitenden zum Kunden. Dies führt zu einer stärkeren Berücksichtung des Kunden in der Konzeption der Personalentwicklung. Die Bedürfnisse der Kunden können direkt in die Inhalte der Weiterbildung einfliessen. Kunden können in strategische Workshops und in die Qualitätsentwicklung direkt eingebunden werden. Durch den Wegfall der mittleren Hierarchieebenen sind KMU durch die Nähe der Unternehmensführung zu den Mitarbeitern geprägt. Die Führung ist familiärer und individueller. Die Personalarbeit ist stärkeren finanziellen und personellen Restriktionen unterworfen. Sie zeigt sich oft resistent gegenüber notwendigen Erneuerungen.

Die Entwicklung des HRM ist vom Wunsch nach einer stärkeren strategischen Ausrichtung geprägt. Das Bestreben leitet sich aus der Entstehung der Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft ab. Wenn Wissen und Emotionen die zentralen Ressourcen des Unternehmens werden, braucht es ein entsprechendes Management. Die Aufwertung führt im Idealfall zu einer Verankerung der Personalarbeit in der Geschäftsführung. Das Unternehmen muss zur Realisierung seiner Visionen, Strategien und Ziele über das entsprechende Humankapital verfügen.

Die Anbindung an Strategien gelingt über Kompetenzenmodelle. Diese ordnen das dazugehörige Wissen beziehungsweise die dazu nötigen Fähigkeiten und Einstellungen. Die Unternehmensmarke bildet das Zentrum des Kompetenzenmodells. Marken müssen auch im Innern des Unternehmens gelebt werden. In den letzten Jahren ist unter den Stichworten Employer Branding und Behavioral Branding eine Integration von Marketing und Personalarbeit zu beobachten. Beide Abteilungen arbeiten so zusammen, dass die Mitarbeitenden die Kundenwünsche optimal befriedigen können und das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber positioniert wird.

Weitere Veränderungen sind im Abbau der Personaladministration und in der Forcierung der Organisationsentwicklung zu erkennen. Administrative Arbeiten werden mehr und mehr an die Linie delegiert. Dies schafft Raum für Personalgewinnung, -bindung und -entwicklung. In diesen Aufgaben ist eine stärke Berücksichtigung eigener Talente und eine Individualisierung der Entwicklungsmassnahmen zu beobachten. Die Förderung von Führungskompetenzen erhält mehr Bedeutung. Der Abbau der Administration ermög-licht den Ausbau der Unternehmensent-wicklung. Diese richtet Struktur, Kultur und -Infrastruktur an der Erfüllung der Markenversprechen aus.

Konsequenzen für KMU

Kleine und mittlere Unternehmen schauen häufig mit Ehrfurcht oder gar Neid auf das HRM grosser Unternehmen. Es wird argumentiert, dass weder die personellen noch die finanziellen Ressourcen vorhanden seien, um die Personal- und Organisationsentwicklungsprogramme zu imitieren. Die Ehrfurcht darf den Wandel im HRM der KMU jedoch nicht behindern. Auch für KMU ist das Humankapital der entscheidende Wettbewerbsfaktor der Zukunft. Eine Standortbestimmung durch Externe oder das Benchmarking mit den Besten hilft, den entscheidenden Schritt vorwärts zu gehen. Drei wesentliche Konsequenzen lassen sich für KMU ableiten:

  1. Die Anbindung der Personalarbeit an die Unternehmensstrategie gilt auch für KMU. Dies setzt voraus, dass die Personalarbeit -aufgewertet wird. Personalchefs sollten Teil der Geschäftsleitung und nicht gleichzeitig -Finanzchefs sein. Die HR-Manager müssen strategisch denken und die Zusammenhänge eines in seine Umwelt integrierten Unternehmens verstehen können. Dies führt zu einer deutlichen Steigerung der Ansprüche an die Personalverantwortlichen.
  2. Kompetenzenmodelle sorgen auch bei KMU dafür, dass die Erfordernisse der Strategieumsetzung in der Beurteilung und Entwicklung der Mitarbeitenden berücksichtigt werden. Sie führen zu einer stärkeren Integration der Prozesse und Instrumente des HRM im Sinne von Strategie und Vision. Im Kern des Kompetenzenmodells stehen die Werte der Unternehmensmarke. Sie schaffen Orientierung bei Personal- und Organisationsentwicklung.
  3. Die Aufgabe der Unternehmensentwicklung müssen auch KMU in Angriff nehmen. Diese ist in den Händen einer professionellen Personalabteilung bestens aufgehoben. Die Unternehmenskultur soll garantieren, dass die Ansprüche von Kunden und Mitarbeitenden gemäss den Vorgaben der Unternehmensmarke erfüllt werden. So übt das Unternehmen eine besondere Anziehungskraft auf zukünftige Kunden und Mitarbeitende aus.
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Joël Luc Cachelin inspiriert und begleitetet mit der Wissensfabrik Unternehmen in der digitalen Transformation. Er hat an der Universität St.Gallen BWL studiert und zur Zukunft des Managements doktoriert. 2016 schloss er an der HWZ Zürich das CAS Disruptive Technologies ab – zurzeit bildet er sich an der Universität Bern in angewandter Statistik weiter. Er hat mehrere Sachbücher über die Digitalisierung veröffentlicht. www.wissensfabrik.ch

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Hans Oswald ist Geschäftsführer von oswald human resources. Nach langjähriger Tätigkeit in verschiedenen leitenden Funktionen im HR der Credit Suisse hat er sich im Jahre 2002 selbständig gemacht. Er ist Gastdozent an den Universitäten Zürich und St. Gallen.

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