Personalentwicklung

Mit Weiterbildung dem Wandel begegnen

Welche Kompetenzen brauchen Informatiker in ein paar Jahren? Möglicherweise können wir uns das heute gar noch nicht vorstellen. Ein Software-Unternehmen gibt Einblick in seine Personalentwicklung.

Immer neue Hypes, immer neue Trends, immer neue Thesen zur kommenden Entwicklung: Die IT-Branche wandelt sich, Berufsbilder verändern sich. Vermutlich wird die Rate, mit der neue Trends entstehen, in Zukunft weiter steigen. Software-Ingenieure werden auch künftig in einem sich schnell drehenden Technologiekarussell sitzen.

Welche Kompetenzen in ein paar Jahren gefragt sind, können wir uns heute noch gar nicht vorstellen. Diese Herausforderung ist jedoch nicht neu: Seit es die Informatik gibt, ist das Umfeld sehr dynamisch, aus Trends sind neue Berufsbilder entstanden, haben sich weiterentwickelt oder sind wieder verschwunden.

In der Ausbildung zum Informatikingenieur stehen nicht die kurzfristigen Trends im Vordergrund, sondern die Fähigkeit, die grossen Konzepte und Prinzipien dahinter zu erkennen und diesen aktuelle Strömungen zuzuordnen. Eine fundierte Ausbildung bietet die Grundlage dafür, die Spreu vom Weizen zu trennen und auf jene Trends zu setzen, die eine solide Grundlage haben und auch langfristig erfolgversprechend sind. Im Berufsleben müssen Informatike diese Basis mit kontinuierlicher Weiterbildung ergänzen.

Mitarbeiterinitiative empfiehlt Weiterbildungen

Bei Ergon Informatik, einem Softwareunternehmen aus Zürich, nehmen Weiterbildungen einen zentralen Stellenwert ein. Das jährliche fixe Weiterbildungsbudget können die Mitarbeitenden für die Teilnahme an internen oder externen Kursen oder zum Selbststudium nutzen. Tun sie dies nicht, verfällt das Budget per Ende Jahr, es kann also nicht «aufgespart» werden.

Vor zwei Jahren hat eine Gruppe von Mitarbeitern die Initiative «Lerngon» gestartet. Die Initiative widmet sich gezielt der technischen Weiterbildung der Ingenieure. «Uns hat gestört, dass es zwar technische Weiterbildungsangebote und spannende Veranstaltungen wie Sand am Meer gibt, aber oft der Überblick fehlt, wo und wann die relevanten Events stattfinden», sagt CTO und Mitinitiant Erich Oswald. «Andere Weiterbildungsthemen, die unsere Leute sich wünschen, sind am Markt schwierig zu finden», fügt er an. Dank der Initiative erhalten die Mitarbeitenden Hinweise, welche Veranstaltungen lohnenswert sind. Andere Weiterbildungen führt Ergon Informatik intern durch: Zum Beispiel ein wöchentlicher Brown-Bag-Event, bei dem Mitarbeitende gemeinsam die Aufzeichnung eines Vortrags anschauen und diskutieren.

Wunschprofil: Oktopus

Eine typische Berufslaufbahn bei Ergon beginnt für viele als Absolventen direkt nach dem Studium. Sie werden von Anfang an Teil eines Teams und sammeln dort «on the job» Erfahrungen. Im Laufe der Zeit übernehmen sie mehr Verantwortung, entwickeln sich über die Jahre gemäss eigenen Neigungen, Stärken und Zielen in verschiedene Rollen – zum Beispiel in Richtung Projektmanagement, technologischer Experte oder Linienfunktionen wie Teamleiter.

Parallel dazu verläuft die Weiterbildung inhaltlich-fachlich in zwei verschiedenen Dimensionen: in die Breite und in die Tiefe. Im Personalbereich existiert dafür der Begriff «T-shaped». Der horizontale Strich des Ts steht für breites Allgemeinwissen in ihrem Fachbereich, das vertikale Standbein für zusätzlich ausgeprägtes Spezialwissen in einem spezifischen Gebiet.

Das T-Profil gilt vielerorts als ideale Skill-Kombination: Informatikerinnen, die es ausweisen können, sind sehr gesucht. Erich Oswald findet aber, dass das T-Profil zu kurz greift: «Einem jungen Informatiker muss bewusst sein, dass sein spezialisiertes Wissen vor Ende seiner Karriere irrelevant sein wird.» Technologien und die zugehörigen Standbeine würden verschwinden, neue hinzukommen. Erhalten bleibe die «gesammelte Weisheit» im technischen Allgemeinwissen. «Diese wiederum hilft, sich in neue Fähigkeitsbereiche schnell einzuarbeiten, und das ist für uns als Arbeitgeber langfristig wertvoller als detaillierte Kenntnisse mit kurzem Ablaufdatum». Das Bild gleiche eher einem Oktopus als einem T: «Mit mehreren Gliedmassen, von denen einige wachsen, andere schrumpfen.»

Konstruktiv streiten

Als Erfolgsmodell hat sich bei Ergon die Kombination von Absolventen mit langjährigen Mitarbeitenden im Team herausgestellt. Denn beide Parteien bringen unterschiedliche Stärken ein: Die erfahrenen Informatiker sind geübt im Analysieren von Problemstellungen, die sie in ähnlicher Form schon oft gesehen haben, die Jüngeren bringen ihr Hochschulwissen mit neusten Forschungserkenntnissen ein. In der Projektarbeit ist beides gefragt: sowohl das Wissen um neuste Technologien als auch die Seniorität, die mögliche Projektrisiken frühzeitig identifiziert und damit umzugehen weiss.

Neben den besseren Arbeitsresultaten ist das gegenseitige Lernen auch für die beiden beteiligten Generationen vorteilhaft. Voraussetzung ist Respekt und eine vertrauensvolle Arbeitskultur, in der Differenzen zu Tage treten dürfen und konstruktiv gestritten wird. Aus solchen Diskussionen entstehen letztlich die Arbeitsresultate, die einen grösseren Mehrwert bieten als solche aus einem altershomogenen Team.

Eine weitere Diversifizierung ist die Teamzusammenarbeit mit User-Experience-Designern oder Softwaretestern, die einen anderen beruflichen Hintergrund haben und wiederum eine sehr unterschiedliche Perspektive einbringen. Im Unterschied zu den Softwareentwicklern sind diese bei Ergon selten konstant nur einem Team zugeordnet, sondern bieten ihre Dienste verschiedenen Teams im Unternehmen an.

Welche spezifischen Fähigkeiten Informatikerinnen in 10 oder 15 Jahren wirklich brauchen, ist heute noch nicht absehbar. In altersdurchmischten Teams, die sich kontinuierlich austauschen und individuell weiterbilden, werden sich solche neuen Kompetenzen vielleicht eher langsam herausbilden – und werden erst nach einer Weile als «echte» Berufsbilder sichtbar.

Informatiktage – Werkschau der Informatikbranche Zürich: 1. und 2. Juni 2018

Aus- und Weiterbildungen sind ein zentrales Thema der Informatiktage. An den dritten Zürcher Informatiktagen machen rund 70 Firmen Informatik erlebbar – mit Workshops, Referaten und Kursen. Sie zeigen, wie Informatik unseren Alltag prägt. Die Anlässe richten sich an Neugierige jeden Alters – Laien und Profis.

  • Datum: 1. und 2. Juni 2018
  • Ort: Bei den Unternehmen selbst, in Zürich, Winterthur und Umgebung. 

  • Rund 70 teilnehmende Organisationen: IT-Anbieter, Grossbanken, Detailhändler, Forschung/Hochschulen, Berufs- und Fachverbände.
  • Eintritt frei

  • Weitere Informationen: informatiktage.ch

 

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Annette Kielholz, lic.phil. Psychologin, ist Teil des Organisationsteams der Informatiktage und bei Ergon für Marketing, Kommunikation und Employer Branding zuständig.

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