Messbarkeit Coaching

Wie effizient ist Coaching?

Effizienz entsteht, wenn alle Partner zur Erreichung der Coaching-Ziele optimal zusammenwirken, wenn mit möglichst wenig Sitzungen die Erwartungen möglichst genau getroffen werden. In der Praxis jedoch sind ideale Voraussetzungen in der Regel nicht vorhanden. Es ist ­daher praktischer, von Coaching-Wirkung zu sprechen und Qualitätsstandards zu definieren.

Unter Business-Coaching verstehen wir die professionelle Beratung, Begleitung, Unterstützung von Personen im Arbeitsbereich in der Absicht, Wissen und Fähigkeiten dieser Personen zur Verbesserung ihrer Arbeitsleistung zu entwickeln. Hinter dem Coaching-gedanken steht die (meist implizite) Erwartung, durch Coaching die Ziele der Organisation besser und schneller zu erreichen. Coaching zielt somit auf die Steigerung von Leistung und Verbesserungen im Arbeitsprozess, ist von kurzer Dauer, fokussiert auf Entwicklung von speziellen Fähigkeiten sowie auf die Erreichung von konkreten Zielen.

Wer nimmt Coaching in Anspruch?

Führungskräfte der oberen Führungsebene, Führungskräfte bei Übernahme einer neuen Führungsaufgabe sowie Nachwuchskräfte bei Übernahme der ersten Führungsaufgabe. Typische Anlässe für Coaching sind schwierige Führungsaufgaben ohne Vorerfahrung wie Change Management, die Verbesserung der Führungswirkung, Management Development, Aufgaben zur Lösung von spezifischen Problemen. Direkte Partner sind primär der Coachee und der Coach, sekundär auch der Vorgesetzte (Sponsor) und/oder der Personalverantwortliche. Um Wirkung zu entfalten, muss die Business-Coaching-Beziehung auf eine solide Basis von vier grundlegenden Erfolgsfaktoren abgestützt sein.

Erste Stufe

  1. Erfahrung des Coachs: Beispielsweise zuhören, fragen, klares Feedback geben, Herstellen und Aufrechterhalten einer nachhaltigen Beziehung, getragen von gegenseitigem Vertrauen sowie von Harmonie, Verständnis und Unterstützung.
  2. Die Persönlichkeit des Coachs:  Beispielsweise Wissen, Erfahrung, Qualifizierung, Inspirationsfähigkeit, an das Potenzial des Coachees glauben.
  3. Der Coachingprozess: Klare Struktur und Disziplin, geistig herausfordernd und bis zum Äussersten gehend.
  4. Das Coachingumfeld: Verfügbarkeit eines geschützten Orts, wo vertrauliche und heikle Themen offen besprochen werden können, genügend Zeit für Reflexion und Umsetzung.
  5. Die Persönlichkeit des Coachees: Auswahl der Coachingthemen, die Präzisierung von spezifischen Zielen, Strategien und Aktionen, an denen im Coaching gearbeitet werden soll, Entscheid über den Zeitrahmen.

Die nächste Stufe des Modells legt nahe, dass der Coachee durch die Wirkung der vier Faktoren befähigt wird, die Stufe des inneren persönlichen Nutzens zu erreichen.

Zweite Stufe

  1. Zielklarheit und Fokus verhelfen zu persönlichen Einsichten und regen an zur Erkundung von sich selbst, seinen Werten und Überzeugungen, führen zu einer klaren Absicht und einem Gefühl für die innere Richtung.
  2. Zuversicht, Selbstvertrauen, sich entspannter und weniger gestresst fühlen, die eigene Stimmung aufhellen.
  3. Motivation, sich selbst und die Organisation zu verbessern, inspiriert, die Sache durchzusetzen.

Nachdem der Coachee auf diese Weise den inneren Nutzen erzielt hat, ist er in der Lage, durch die Umsetzung auch vom äusseren Nutzen zu profitieren.

Dritte Stufe

  1. Verbesserung von Fähigkeiten, Wissen und Verständnis in den arbeitsbezogenen Fähigkeiten einerseits und der Fähigkeit anderseits, zu lernen und sich selbst zu entwickeln.
  2. Verbesserung des Verhaltens gegenüber Einzelpersonen und Teams in allen möglichen Arbeitsbeziehungen.

Mit diesen verbesserten Fähigkeiten und/oder Verhaltensveränderungen gerüstet, wird der Coachee befähigt, die Spitze der Pyramide zu erreichen, um seinen Beitrag an den wirtschaftlichen Nutzen der Organisation zu leisten.

Vierte Stufe

Ergebnisse mit wirtschaftlichem Nutzen für die Firma und den Coachee, beispielsweise Leistungsverbesserungen, Produktivitätssteigerungen, Verbesserung der Karrierechancen, Lösung von spezifischen Problemen oder Themen.
Das Modell der Coachingnutzen-Pyramide ergibt ein valides und ganzheitliches Bild von der Wirkungsweise der Business-Coaching-Beziehung aus der Perspektive und zum Nutzen aller Partner.

Wie effizient ist Coaching? Wie soll Effizienz gemessen werden?

Effizienz durch Coaching entsteht, wenn alle Partner zur Erreichung der Coachingziele optimal zusammenwirken. Wie objektiv, konkret greifbar und messbar sind Coaching-ergebnisse? Wirkung ist nicht gleich Effizienz. Effizienz bedeutet, mit möglichst wenig Input möglichst viel Output zu erzeugen. Das hiesse am Beispiel von Coaching: mit möglichst wenig Sitzungen (Effizienz) die Erwartungen aller beteiligter Partner möglichst genau treffen (Effektivität). Das wäre theoretisch das Ideal. In der Praxis jedoch sind Voraussetzungen zur Erreichung des Ideals in der Regel nicht vorhanden. Es ist -daher praktischer, von Coachingwirkung zu sprechen.

Wie messen wir Wirkung?

Die Antwort erscheint einfach: Entspricht das Ergebnis dem erwarteten Nutzen? Das ruft nach weiteren Fragen: Was sind die Ergebnisse des Coachings? Inwieweit werden Erwartungen erfüllt, gesetzte Ziele erreicht? Welche Ressourcen wurden aktiviert? Welches Verhalten hat sich verändert, ver-bessert? Welche Erkenntnisse ergeben sich für Coachee und Coach während und beim Abschluss des Coachings? Wem nützen die Erkenntnisse? Gibt es eine emotionale Ent-lastung? Hat die Zufriedenheit nur beim -Coachee oder auch in seinem Umfeld zugenommen? Welche Kriterien zu Ergebnisbeurteilung bieten sich an? Wir können nur beurteilen, was beobachtbar ist. Beispiele: Welche Reak-tionen aus dem Umfeld (Vorgesetzte, HR, Kollegen, Mitarbeitende, Freunde, Familie) auf das Coaching sind feststellbar? Etwa durch Rückmeldungen über den Grad der Zufriedenheit des Coachees und des Sponsors mit dem Coaching oder das Verhältnis von Zeitaufwand und Coach-Honorar zum festgestellten Ergebnis.

Ein systematischer Ansatz zur Einschätzung von Coachingwirkung

Die Ausgangsfragen lauten: Wo sind innerhalb und ausserhalb der Organisation Wirkungen durch das Coaching feststellbar? Welches sind die relevanten Bereiche, in denen Coachingwirkung beobachtet werden kann? Wer sind die Beobachter? Woher kommen -Daten und Informationen? Welche Informa-tionsquellen in der Organisation sind relevant, um Auskunft über die Coachingwirkung zu geben?

Inhalt der Informationen

Feststellung von «objektivierbaren» Kriterien (wie etwa Unterschiede bezüglich Kompetenzen oder Verhalten zum Zustand zwischen vorher/nachher, weniger/mehr, schlechter/besser, ungenügend/genügend), die von mehr als einer Person beobachtet werden, mindestens 180-Grad-, besser 360-Grad-Feedback.

Zusammenfassung

Das Wirkungsmodell zeigt auf, dass der Nutzen zuerst auf der individuellen Ebene entstehen muss, bevor er sich auf die geschäftliche, organisationale Ebene positiv auswirken kann.

Die Informationsquellen zur Feststellung der Wirkung von Coaching im Unternehmen befinden sich auf drei verschiedenen Ebenen: Individuum (Coachee, Coach), Organisation (Sponsor), Dokumente (Zielvereinbarung, Leistungsgespräch, Coachingkontrakt).

Der Nutzen von Coaching ist gegeben, wenn vereinbarte Ergebnisse bzw. Erwartungen erfüllt werden. Qualität von Coaching ist somit die «Gesamtheit von Merkmalen, die geeignet sind, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse», das heisst einen definierten Nutzen, zu erfüllen (nach DIN EN ISO). Das Verständnis von «Nutzen» steht im gleichen Rang wie «Qualität». Inwieweit durch Coaching also ein Nutzen entstanden ist, wird gemessen am «Erfüllungsparadigma» einer «Normierung».

Qualitätsstandards

Die Anwendung von Qualitätsstandards unterstellt, den erwarteten Nutzen durch Coaching sicherzustellen. Standards werden operationalisiert durch Indikatoren. Als Ansatz für Coachingstandards zeichnen sich in der Praxis die folgenden Schwerpunkte als Qualitätsindikatoren ab:

  • 
Verpflichtung auf Ethik-Kodex
  • 
Auftragsklärung und Kontrakt
  • 
Kontextbezug (positive Einstellung von Sponsoren)
  • 
Abstimmung der Coachingziele/-inhalte mit Vorgesetzen
  • 
Coaching als Prozess
  • 
Auswahl und Qualifikation von Coaches
  • 
Lernwille und -fähigkeit von Coachees
  • 
Anwendung von Coachingmethodik
  • 
Prozessdauer
  • 
Ergebnisevaluation

Solche Standards sind allerdings vielseitig: Jedes Unternehmen entwickelt in der Praxis spezifische Standards als Ausdruck der eigenen Arbeitskultur.

Die Effizienz von Coaching
ist objektiv nicht messbar

Weil der Nutzen von Coaching durch Menschen definiert und beurteilt wird, bleibt auch die Beurteilung der Effizienz von Coaching subjektiv und damit relativ. Nur die Aussensicht durch eine neutrale, unabhängige Instanz bezüglich Coachingergebnisse wie zum Beispiel die Supervision könnte einen Beitrag zur «Objektivierung» von Coachingnutzen leisten.

Aktuelle Informationen aus der Praxisforschung zeigen Ansätze auf, wie die Wirksamkeit von Coaching verbessert werden kann.

Ansätze zur Verbesserung der Wirksamkeit von Coaching

Entwicklung eines transparenten Bezugsrahmens durch

  • Balanced Scorecard, Ebene «Lernen und Entwicklung» mit Fokus  Verbesserung der Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeitenden auf der Ebene «interne Prozesse»
  • Einsatz von Coaching an den Schnittstellen zwischen individuellen und kollektiven Lernprozessen
  • Systematische Feststellung des Coaching-bedarfs
  • Nachbetreuung der jeweiligen Coachingmassnahmen
  • Reflexion der Möglichkeiten und Grenzen von Coaching als Lern- und Entwicklungsinstrument

Erwartungsmanagement

  • Welche Ergebnisse erwarten die Partner?
  • Umgang mit unangemessenen Erwartungen?
  • Verantwortungsklärung: Wer übernimmt explizit Verantwortung wofür?

Aufbau eines integrierten Lehrplans («Corporate Curriculum»)

Konstruktive Einstellung gegenüber «Lernen und Entwicklung» mit aktiver Förderung (top-down) von wichtigen Lernfunktionen als Teil der strategischen Ausrichtung des Management Development:

  • 
Die Erlangung von Expertenstatus in den individuellen Kernkompetenzen
  • 
Problemlösung und Entscheidung
  • 
Reflexion zur Erzeugung von neuem Wissen
  • 
Selbsterkenntnis, Metakognition zur Steuerung des eigenen Denkens und Handelns
  • 
Neutralisierung von Hektik, stabiles, schöpferisches Arbeitsklima
  • 
Offene Kommunikation im Umgang mit Fehlern
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Christoph Epprecht

Christoph Epprecht ist ein Partner bei Praesta mit Erfahrung in Action Learning, Führungskräfteentwicklung, Leistungsverbesserung, Karriereentwicklung und Coaching.

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