Wie KMU ihren Bekanntheitsgrad steigern und erfolgreich(er) rekrutieren
Die Schweizer KMU haben teils erhebliche Probleme, Stellen zu besetzen. Einem ausgefeilten Personalmarketingkonzept kommt deshalb grosse Bedeutung zu.
Bereits während des Aufschwungs zur letzten Hochkonjunkturphase im Jahr 2007 gaben jeweils über 50 Prozent der Schweizer KMU an, dass sie Schwierigkeiten bei der Besetzung von Facharbeiterstellen und von Stellen im mittleren Management haben ( vgl. hierzu den BfS-Bericht «KMU-Landschaft im Wandel», 2008.). Berücksichtigt man zugleich, dass etwa zwei Drittel der Beschäftigten in der Schweiz in KMU arbeiten, sind diese Ergebnisse beachtlich. Eine andere Studie zur Fachkräftelücke im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) in der Schweiz hat konstatiert, dass die KMU eine deutlich höhere Vakanzquote haben (10,4 Prozent gegenüber 3,3 Prozent in Grossunternehmen für 2009) und somit überdurchschnittlich stark vom MINT-Fachkräftemangel betroffen sind (vgl. Gehrig, M., Gardiol, L., Schaerrer, M.: Der MINT-Fachkräftemangel in der Schweiz. Studie des Büros BASS, 2010.).
Ernst & Young hat im KMU-Barometer 2011 festgestellt, dass zwar jedes vierte KMU zusätzliches Personal einstellen will, es jedoch drei von vier KMU schwerfällt, die richtigen Fachleute zu finden. Das liegt jedoch weniger an hohen Einkommenserwartungen, sondern eher am Mangel geeigneter Kandidaten (66 Prozent) und an der hohen Konkurrenz der Grossunternehmen (60 Prozent).
Dieses Ergebnis deckt sich mit verschiedenen Befragungen von Beschäftigten und Studierenden in der Schweiz: Kulturell führungsbezogene Aspekte werden von Bewerbern als wichtiger eingestuft als karriere- bezogene oder monetäre Aspekte oder gar die Betriebsgrösse. Wenn demnach nicht wesentliche systematische Nachteile der KMU gegenüber Grossunternehmen in den Augen der potenziellen Bewerber identifiziert werden, bleibt als zentrale Lösung vor allem die Steigerung ihres Bekanntheitsgrades. Ein ausgefeiltes Personalmarketing-Konzept erlangt damit strategische Bedeutung – besonders auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels.
Sicher liessen sich dessen Auswirkungen abfedern, indem vermehrt ältere oder ausländische Fachkräfte rekrutiert werden (vgl. Meyer-Ferreira, P.: Demographische Entwicklung, Arbeitsmarkt und Unternehmensperformance – Herausforderung für das HRM der Zukunft. In: Ochsenbein, G., Pekruhl, U., Spaar, R.: Jahrbuch HRM 2011). Letztlich müssen jedoch auch diese Zielgruppen mit einem ausgereiften Personalmarketing-Konzept angesprochen werden.
Dabei müssen KMU sicher stärker als Grossunternehmen auf die Kosten schauen. Es sind deshalb Massnahmen angezeigt, die weniger mit hohen Kosten verbunden sind als vielmehr mit der Notwendigkeit eines strategischen und im ganzen Unternehmen durchgreifenden Personal- und Führungsmanagements. Bieten Unternehmen beispielsweise Arbeitsaufgaben an, die Spass machen, Tätigkeiten, die erfüllen, und Vorgesetzte, die die Interessen und Ziele der Mitarbeitenden unterstützen, macht sie das zu einem attraktiven Arbeitgeber. Der strategische Vorteil von KMU liegt darin, dass sie durchgängige Konzepte leichter umsetzen können als grössere Unternehmen.
Der erste Schritt: Situationsanalyse und Zielfestlegung
Der erste Schritt zu einer Personalmarketing-Strategie umfasst eine Situationsanalyse des Unternehmens. Es werden sowohl interne als auch externe Elemente geprüft, wie beispielsweise Qualität der Bewerbungen, Personalbedarf, Zufriedenheit der Mitarbeitenden, Zahl der freiwilligen Kündigungen, Unternehmenskultur, Führungsverständnis, Konkurrenz, Arbeitsmarkt (eventuell inklusive ausländischer Arbeitsmärkte), Arbeitgeberimage, Bekanntheitsgrad des Unternehmens, Kommunikation des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt usw.
Darüber hinaus sind besondere Qualitäten von KMU in die Untersuchung einzubeziehen, zum Beispiel:
- Der Unternehmer ist nah bei seinen Mitarbeitenden und für Probleme offen,
- es existieren kurze Entscheidungswege und ein familiäres Arbeitsklima,
- durch flache Hierarchien und offene Organisationsstrukturen entsteht eine Aufgabenvielfalt,
- eine schnelle Verantwortungsübernahme ist möglich,
- der Mitarbeitende ist kein «kleines Rädchen»; er wird stärker in Unternehmensentscheidungen einbezogen als in anonymen Grossunternehmen,
- Beschäftigte können an komplexen Projekten mitwirken und sich entfalten.
Um eine gute Datenbasis zu schaffen, können zu bestimmten Aspekten die Mitarbeitenden befragt werden, was ihrer Meinung nach gut und was schlecht an der betrieblichen Situation ist und warum sie dieses Unternehmen als Arbeitgeber gewählt haben. Die Analyse hilft, die eigenen Bedingungen mit den Bedürfnissen der potenziellen Mitarbeitenden und auch mit der Konkurrenz zu vergleichen. Aus den so identifizierten Stärken lässt sich eine glaubwürdige, überzeugende Kommunikationsstrategie entwickeln. Auch lassen sich so Ziele wie besseres Arbeitgeberimage oder höhere Qualität der Bewerbungen ableiten.
Der zweite Schritt: Zielgruppendefinition
Die Definition der Zielgruppe(n) sollte in ers-ter Linie qualifikationsbezogen erfolgen: Welche fachlichen Kompetenzen werden in absehbarer Zukunft gebraucht? Aber auch andere Kompetenzen sowie demografische Merkmale können bei der Definition der Zielgruppe eine Rolle spielen.
Die Zielgruppenanalyse sollte auch die Wünsche der anvisierten Bewerber an einen attraktiven Arbeitgeber berücksichtigen. Einem Hochschulabsolventen werden andere Dinge wichtig sein als einer jungen Mutter oder einem erfahrenen Projektleiter. Auch die Ansprache ist je nach Zielgruppe ganz unterschiedlich. Sind die Zielgruppen einmal definiert, kann man entsprechende Massnahmen zuordnen: Welche Zielgruppen sollen mit welchen Informationen angesprochen werden? Was möchten wir in den ersten zehn Sekunden beim potenziellen Bewerber bewirken? Hält man sich hier an einige Grundregeln für Massnahmen des Personalmarketings und des Employer Brandings, so erhöhen sich die Chancen auf einen hohen Rekrutierungserfolg. Die Grundregeln gelten unabhängig von den genutzten Zielgruppen, den Inhalten und den Marketinginstrumenten (siehe Tabelle).
Auswahl der Medien
Nachdem feststeht, welche Zielgruppen mit welchen Informationen angesprochen werden, müssen geeignete Medien und Plattformen ausgewählt werden, auf denen Stellen ausgeschrieben werden oder das Unternehmen präsentiert wird. Dabei sollte auf eine gute Mischung an Massnahmen geachtet werden, da sich die medialen Nutzungsgewohnheiten der einzelnen Zielgruppen stark von-einander unterscheiden. Besonders geeignet scheint ein Online-Personalmarketing-Mix aus Google-Werbung (Google AdWords), Schaltung von Unternehmensprofilen beziehungsweise Stellenanzeigen in Social Networks, insbesondere auf den Karriereplattformen, sowie Engagements in Blogs und Foren, in denen sich die relevante Zielgruppe bewegt.
Zeitungen und Fachzeitschriften haben nach wie vor einen hohen Stellenwert bei der Nutzung für Stellen- oder Imageanzeigen. Insbesondere bei Fach- und Führungskräften, die nicht aktiv auf Jobsuche sind, ist die Bedeutung der Printmedien nicht zu unterschätzen. Um diese Zielgruppe auf die Firma aufmerksam zu machen, ist ein crossmedialer Ansatz mit Verweis auf Medien wie dem Internet, das mit der Unternehmens-Homepage alle nötigen komplementären Informationen liefert und mit dem zugleich die Möglichkeiten der emotionalen Ansprache ausgeschöpft werden können, besonders effektiv.
Kleinere Unternehmen profitieren besonders von Massnahmen mit regionalem Bezug. Auch wenn die Mobilität der Bewerber mit zunehmender Qualifikation steigt, gibt es viele Bewerber, die einer bestimmten Region besonders verbunden sind. Wenn ein Unternehmen soziale Verantwortung für den eigenen Standort übernimmt, kann es seinen Bekanntheitsgrad und seine Attraktivität steigern, etwa mit Sponsoring kultureller oder sportlicher Events und einem hohen Engagement in der Ausbildung.
Die acht Grundregeln für erfolgreiche Rekrutierungsmassnahmen
1. Glaubwürdig
Die oberste Regel für ein effizientes Personalmarketing: so authentisch wie möglich. An die Zielgruppen kommunizierte Versprechen sollten mit der realen Arbeitswelt kongruent sein. Ansonsten dürften sich aus einer attraktiven Arbeitgebermarke mehr Nachteile als Vorteile ergeben.
2. Einheitlich
Um eine Arbeitgebermarke aufzubauen, sollten alle Beschaffungs- und Marketingmassnahmen aus einem Guss sein – gestalterisch und inhaltlich. Das ist umso wichtiger, je mehr Medien man zur Personalbeschaffung nutzt.
3. Informativ
Je mehr Informationen zu Besonderheiten des Unternehmens, Tätigkeitsbereichen und Leis-tungen für die Mitarbeitenden preisgegeben werden, desto besser. Denn was nützen gute Arbeitsbedingungen, wenn keiner davon weiss? Wichtig: eine klare Strukturierung der Inhalte.
4. Zielgruppenspezifisch
Jede Zielgruppe legt auf andere Inhalte Wert. Und nicht nur die Themen, auch die Medien zur Ansprache können sich deutlich voneinander unterscheiden.
5. Frühzeitig und strategisch
Der Rekrutierungserfolg steigt, wenn ein Unternehmen ausreichend Zeit hat, um die Personalbeschaffung zu planen. Dies ist vor allem dann möglich, wenn man den Personalbedarf mittel- und langfristig aus der Unternehmensstrategie ableiten kann.
6. Ansprechend
Jede Personalmarketingaktivität wird zuerst emotional wahrgenommen. Darum sind ein zielgruppenspezifischer Sprachgebrauch und die Nutzung ansprechender Grafiken und Slogans besonders wichtig – auch vor dem Hintergrund der Wiedererkennung.
7. Innovativ
Marketingaktivitäten sollten so innovativ wie möglich sein, um nicht in der Masse unterzugehen.
8. Eingebettet
Das Personalmarketing ist eng verbunden mit anderen personalpolitischen Funktionsbereichen und Unternehmensprozessen, angefangen von der Unternehmensstrategie über die Bereiche der Personaleinführung und Arbeitsgestaltung bis hin zur Personalentwicklung.