Ausbildung

Wie Lehrmeister jungen Berufsleuten das Rüstzeug fürs Leben vermitteln

Wer Lehrlinge ausbildet, übernimmt eine verantwortungsvolle Aufgabe. Es gilt, die Jugendlichen nicht nur in fachlichen 
Belangen auszubilden, sondern ihnen auch zwischenmenschliche Werte zu vermitteln. Das erste Berufsbildungs-
Qualitätsmanagement unterstützt nun die Lehrlingsausbildner in der Ausbildung und Führung der jungen Menschen.

Das neue Berufsbildungsgesetz vom Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) fordert in Art. 3a «ein Berufsbildungssystem, das den Einzelnen die berufliche und persönliche Entfaltung und die Integration in die Gesellschaft, insbesondere in die Arbeitswelt, ermöglicht und das ihnen die Fähigkeit und die Bereitschaft vermittelt, beruflich flexibel zu sein und in der Arbeitswelt zu bestehen». Damit setzt das BBT wichtige Eckpunkte einer zukunftsgerichteten Entwicklung, indem es bekennt, dass die fachliche Ausbildung allein noch keine sozialen Werthaltungen generiert.

Eine gesunde und leistungsfähige Gesellschaft braucht jedoch Mitglieder mit professionellem Know-how und gleichzeitig Werte wie Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Flexibilität und Kundenorientierung. Einige dieser Werte müssten als «Mitbringsel» aus der Kinderstube oder der Schule schon vorhanden sein – sind es aber nicht immer. Und was die Jugendlichen an sozialen/gesellschaftlichen Werten weder im Elternhaus noch in der Schule erlernt haben, können sie in letzter Instanz noch während der Berufsbildung am Lehrort erwerben – falls die Bedingungen bezüglich Vorbild und Führung dort stimmen.

Die vier Kernpunkte im Berufs
bildungs-Qualitätsmanagement

Die Idee für das erste Berufsbildungs-Qualitätsmanagement im deutschsprachigen Raum (BB-QM), das zertifizierbar ist, kam anlässlich zahlreicher Lehrmeisterkurse. In den Diskussionen wurden sowohl strukturelle als auch zwischenmenschliche Probleme in der Berufsbildungspraxis offenkundig. Die Berufsbildner sind fachlich zweifellos sehr gut ausgerüstet. Aber die Organisation der Berufsbildung – von der Auswahl über den ersten Arbeitstag bis hin zur Bewertung der Leistungen – ist unterschiedlich gut entwickelt. Kursteilnehmende schätzten überdies Tipps und den Erfahrungsaustausch bezüglich der angemessenen Führung von Jugendlichen. Aus diesen Erkenntnissen heraus 
wurde das BB-QM entwickelt, das die Erwartungen, die im neuen Berufsbildungsgesetz formuliert sind, aufgreift.

Es umfasst vier Kernpunkte:

  • Das BB-QM fragt die Lerndokumentation und den Lernfortschritt ab. Die fachliche Ausbildung an sich bleibt Gegenstand der Berufsbildungsreglemente und der Musterlehrgänge der Berufsverbände.
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BB-QM-Vorlagen sind einfach und leicht verständlich formuliert sowie spezifisch auf die Situation und auf das Unternehmen zugeschnitten. Sie sollen die zentralen Fragen beantworten: Wie rekrutiere ich optimal Lernende? Wie vermeiden wir Motivationsverlust und unnötige Konflikte? Wie beurteilen wir fair? Was können wir tun, um oben auf der Wunschliste als Lehrort zu stehen und ebenso auf der LAP-Hitliste?  
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Schulung der Berufs- und Praxisausbildner zur Stärkung der speziellen Führungsfunktion. Weitere umfassende Qualitätsmerkmale sind in der Checkliste formuliert.
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Kurz gesagt: Das Ziel der Berufsbildungsqualität wird über gute Organisationsstrukturen sowie über Berufsbildner mit Führungsqualität und sozialen Kompetenzen erreicht. Beides fällt nicht vom Himmel – aber es gibt sie, die «Berufsbildner mit Herzblut».

Zusammenspiel zwischen Lehrlingen, Ausbildnern und Mitarbeitenden

«Gute» Berufsbildung macht sichere und kompetente Fachleute. «Gute» Berufsbildung führt aber auch zu reifen und beruflich wie sozial verantwortungsvollen Mitmenschen.

Um etwas messbar zu machen, braucht es Standards. Diese werden auf fachlicher Seite durch die Vorgaben (Musterlehrgänge) gewährleistet. Im BB-QM kommen die Prozess-Standards hinzu, sodass alle Kandidaten gleiche Startchancen und gleiche Regeln haben. Es schützt die Berufsbildner, damit sie dank gut durchdachter Vorlagen unter Arbeitsdruck nichts vergessen. Das ist fair gegenüber den Lernenden und schützt Berufsbildner vor nachträglichen und unnötigen Diskussionen.

Das stimmige Zusammenspiel zwischen Lernenden, Berufsbildnern und Mitarbeitenden hat sehr grosse Auswirkungen auf das Arbeitsklima, die Identifikation mit dem Unternehmen, die Motivation und somit auf die Lern- und  Leistungsbereitschaft.

Dazu trägt auch ein Zusammenspiel auf der faktischen Ebene bei: Sind interessante und abwechslungsreiche Aufgaben für den Lehranfänger da? Auf welchem Stand ist die Infrastruktur? Welche Zusammenarbeit ergibt sich mit Kunden und Lieferanten? Welches Image hat das Unternehmen? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den übrigen Mitarbeitenden? Welches ist die Betriebskultur? Wie werden Lernende geführt?
Nach dem Motto «Man erntet, was man sät» werden diese Faktoren im Berufsbildungs-QM gezielt thematisiert.

Konstruktive und sichere 
Standards für die Führung

In der Berufsbildung sind viele Einzelkämpfer anzutreffen, die viel Herzblut mitbringen. Was passiert, wenn diese das Unternehmen verlassen oder plötzlich erkranken und dauerhaft ausfallen? Hier können Unternehmen vorsorgen, und das Wissen, die Ideen sowie Erfahrungen in einem Qualitätsmanagement verankern.

Die Rahmenbedingungen des BB-QM werden im gemeinsamen Prozess mit den Berufsbildnern geschaffen. Dies ist der Garant, dass vorhandenes Wissen und erprobte Qualitätsfaktoren mit einbezogen werden und ein hohes Commitment hinsichtlich der Werte und Vorgehensweisen unter den Berufsbildnern gesichert ist.

Das BB-QM verleiht den Berufs- und Praxisausbildnern darüber hinaus Gewissheit, dass sie im Einklang einerseits mit den Unternehmenswerten und anderseits mit allen Berufs- und Praxisausbildnern im Unternehmen handeln. Sie wissen, dass ihre Standards arbeitspsychologisch sinnvoll und geprüft sind.

Daraus können Zufriedenheit, Sicherheit im Umgang mit den Lernenden und ein bessere Umgang mit Konfliktsituationen resultieren. Jugendliche akzeptieren einen zwar strengen, aber korrekten und sachlichen Umgang, der für alle Lernenden gleichermassen gilt.

Sie erwarten zudem klare Wertvermittlung und konstruktive Offenheit für ihren Bildungsbedarf und ihren Entwicklungsstand. Konstruktive und sichere, durch Standards unterstützte Führung sowie fachgerechte Ausbildung stellen den Mix dar, mit dem die Erwartungen an eine qualitativ hochstehende Berufs- und Persönlichkeitsbildung gedeckt werden können. Effiziente und smarte Führungsvorlagen und gezielte Schulung garantieren den Erfolg und schonen den Zeitaufwand für die Berufsbildung.

Zertifikat als Belohnung für eine fortschrittliche Berufsbildung

Der Nutzen eines aktiven Qualitätsmanagements ist vergleichbar mit der Arbeit an einem gut organisierten und aufgeräumten Arbeitsplatz: Man weiss immer, wo welches Werkzeug zu finden ist und dass es einsatzbereit ist.
Das BB-QM lässt sich gleichermassen in Gross- wie in Kleinstbetrieben einführen. Es lässt sich über grössere Unternehmen mit Filialen und über verschiedene Berufe legen. Die Flexibilität und Anwenderfreundlichkeit des BB-QM ist dank Einbezug der Berufsbildner hoch. Das BB-QM ist arm an Papier und reich an verdichtetem Wissen, welche Bedingungen zu einer beidseits erfolgreichen und befriedigenden Lehrzeit führen. Das Zertifikat mit Audit im Dreijahreszyklus ist analog der LAP der Lernenden zu betrachten.

Zertifikat

Das BB-QM bewertet Faktoren der Personalpolitik, Vorlagen zum Auswahlverfahren, zur Einführung und Beurteilung sowie Instrumente zur Lernkontrolle und Evaluation. Die Schulung der Berufs- und Praxisausbildner ist tragender Bestandteil der gelebten Berufsbildungsqualität. Die Beratungskosten orientieren sich am Stand der Berufsbildung im Unternehmen. Dazu wird ein erster Check durchgeführt, der je nach Unternehmensgrösse resp. je nach Anzahl Lernenden und Anzahl Berufen variiert. Die Kosten für den Check betragen zwischen 500 und  4000 Franken und beinhalten auch einen Kurzbericht über die notwendigen Ergänzungen. Weiteres Vorgehen auf Offerte. Zertifizierungskosten 
gemäss Anbieter.

 

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Dr. Cornelia Nussle studierte Psychologie an der Universität Zürich. Nebst ihrer Tätigkeit als Coach und Unternehmensberaterin leitet sich auch Lehrmeisterkurse.

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