Interview mit «Snapjobs»-Geschäftsführer Jonny Billeter

«Wir nehmen die Kritik ernst»

Im Juli 2023 versuchte Snapjobs mit der App «Jobshot» den Bewerbungsprozess zu revolutionieren – und erntete dafür Kritik, auch von HR Today. Jetzt nimmt Geschäftsführer Jonny Billeter zur Kontroverse Stellung und erklärt, welche Rolle die beteiligten Social-Media-Bekanntheiten im Gründerteam wirklich spielen und wie es mit der App weiter geht.

Vergangenen Sommer gründeten die Social-Media-Bekanntheiten Yaël Meier, Zeki Bulgurcu, Jo Dietrich sowie Komiker Manuel Burkart zusammen mit Unternehmer Jonny Billeter die Firma Snapjobs, um mit dem neuartigen Bewerbungsapp «Jobshot» das Recruiting aufzumischen. Die Idee: Bewerbende «swipen» sich durch Videos von Unternehmen und schreiben diejenigen an, die sie interessieren. Damit soll der Bewerbungsprozess besonders ansprechend und niederschwellig gestaltet werden – besonders für junge Arbeitnehmende. Doch nicht alle waren gleichermassen vom Tiktok-Konzept überzeugt: «Jobshot» polarisierte auf LinkedIn und erntete von HR-Fachkräften reichlich Kritik (Lesen Sie dazu den HR Today Blogbeitrag von Florian Schrodt: «…denn sie wissen nicht, was sie tun»). Hinterfragt wurde unter anderem die Motivation des Gründerteams und die Effektivität der App. Mitgründer und Geschäftsführer von Snapjobs Jonny Billeter erklärte sich bereit, über die Kontroverse zu sprechen.


Herr Billeter, Ihre Partner kennen sich im Entertainment Business gut aus. Zeam, die Beratungs- und Marketingagentur von Yaël Meier und Jo Dietrich, haben sich als Sprachrohr und Kenner der Generation Z profiliert, Zeki Bulgurcu gehört schon zu den alten Hasen der Schweizer Social Media Entertainer und Manuel Burkart unterhält seit über 20 Jahren im Comedy-Duo Divertimento die Schweiz. Wie entstand diese ungewöhnliche Zusammenarbeit?

Jonny Billeter: Dreh und Angelpunkt dieser Kombination ist die HSG. Einerseits entstand die Grundidee für Jobshot während meiner Weiterbildung in St.Gallen. Über einen eingeschriebenen Brief habe ich dann Zeki kontaktiert und begeistern können und auch Manuel Burkart war direkt überzeugt. Kurz darauf folgte der berühmt-berüchtigte Schlagabtausch zwischen Zeki und Yaël, der es bis in «20 Minuten» schaffte sowie zu Gesprächen und letztendlich dem Komplettieren des generationenübergreifenden Co-Founder-Teams führte.

Die Recruiting-Lösung von fachfremden Influencerinnen und Influencer löste Kritik aus: Es hiess, dass diese ihre Social-Media-Plattformen nutzen würden, um ein Produkt zu verkaufen, dass sie selbst gar nicht verstehen.

Fachfremd war auch Apple, als sie in den Uhrenmarkt eingetreten sind. Heute verkauft Apple mehr Uhren als die gesamte Schweizer Uhrenindustrie zusammen. Die besten Lösungen entstehen in interdisziplinären Teams und ein solches haben wir zusammengestellt. Dazu gehört auch Know-how im Recruiting.

Jonny Billeter: Vom «Büezer» zum Start-Up-Gründer

Ursprünglich ein gelernter Mechaniker, arbeitete sich Jonny Billeter bis zum Managing Direktor in der Industrie hoch. Den Wechsel vom Handwerklichen ins Administrative vollzog er 1996, um dann 1999 seine erste Führungsposition als Manager Customer Services & Logistics der PMA AG einzunehmen. Auf der Suche nach weiteren Herausforderungen, gründete Billeter im Jahr 2007 sein erstes Unternehmen Partec AG, das 2013 an Fränkische Cable Management AG verkauft wurde. Dort hielt er bis Ende 2022 die Position als Managing Director inne. Als sich die Fränkische entschied, die Schweizer Niederlassung zu schliessen, suchte er nach einer neuen Herausforderung. Also gründete er im Jahr 2023 zusammen mit Yaël Meier, Zeki Bulgurcu, Jo Dietrich und Manuel Burkart die Firma Snapjobs und entwickelt seither als Geschäftsführer die App «Jobshot» weiter. Der 54-Jährige wohnt mit seiner Familie in Mönchaltorf. jobshot.ch

 

Euch wurde aber vorgeworfen, nicht mit HR-Fachpersonen zusammengearbeitet zu haben. Inwiefern ist dieser Vorwurf gerechtfertigt?

Wir haben uns mit diversen HR-Fachleuten unterhalten, um zu erfahren, wo der Schuh drückt. Alle haben uns unisono bestätigt, dass der Zugang zur neuen Generation noch zu entschlüsseln sei.

Und dabei helfen Influencer?

Niemand weiss besser, wie man die Aufmerksamkeit junger Menschen gewinnt als Influencer. Welchen Wert das fürs Recruiting hat, zeigt das Beispiel vom vergangenen Wochenende: Wir haben die Basler Berufsmesse besucht und als die Kids Zeki entdeckt haben, wurde alles andere zur Nebensache und er hatte ihre volle Aufmerksamkeit. Wenn man bedenkt, dass Jobshot sozusagen die digitale Berufsmesse ist, kann man sich den Effekt vorstellen, den Zeki hat.

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Kinder und Jugendliche drängen sich dicht an den Influencer Zeki Bulgurcu an der Basler Berufsmesse 2023.

Kinder und Jugendliche scharen sich um den Social-Media-Star Zeki an der Basler Berufsmesse 2023. (Bild: zVg)

Auf Jobshot scrollen Bewerbende durch Videoinserate und können sich schnell via Video auf offene Stellen bewerben. Mit ihrer Ähnlichkeit zu Tiktok und Co. soll sie insbesondere die Generation Z ansprechen. Welches Bild von jungen Talenten war bei der App-Entwicklung zentral?

Ein Blick an jeder Bus- oder Zughaltestelle reicht, um zu erkennen, dass die Wartezeit jeweils mit dem Smartphone überbrückt wird. Kombiniert mit diversen Datenquellen von ZEAM und intensivem Testing konnten wir die App ziemlich schnell entwickeln. Kurzvideos im Hochformat sind das Medium der Stunde und so müssen auch Jobinserate aufbereitet werden. Doch nicht nur die Generation Z möchte einen audiovisuellen Einblick ins Unternehmen. Wir kriegen aus allen Altersgruppen sehr gutes Feedback. Die Art und Weise wie die Firmenkultur auf Jobshot visualisiert wird, ist schriftlich nicht möglich.

Die Videofunktion macht die App einzigartig. Doch wie vereinfacht Jobshot den Bewerbungsprozess, wenn die weitere Abfolge dieselbe bleibt – also Bewerbungsschreiben, Lebenslauf und weitere Unterlagen einreichen?

Im Zentrum steht für uns der Erstkontakt, den wir zwischen Unternehmen und Talenten herstellen. In einer repräsentativen Studie haben wir ermittelt, dass sich jede dritte junge Person einen unverbindlichen Kontakt mit potenziellen Arbeitgebern wünscht. Ausserdem hat ChatGPT die Ära des Bewerbungsschreibens in Zwischenzeit wohl beendet. Die Weiterentwicklung der Applikation auf Seiten interner Rekrutierungsprozesse von Unternehmen stellt einen Fokusbereich für die nächsten Monate dar.

An Jobshot wurde bemängelt, dass die eigentlichen Probleme im Recruiting nicht verstanden wurden. Harsch, wenn man bedenkt, dass Ihre App Recruiter unterstützen sollte. Wie reagieren Sie auf diese Kritik?

Wir nehmen diese Kritik ernst und werden uns in den nächsten Monaten auf dieser Seite noch stark weiterentwickeln. Da wir «nur» Plattformbetreiber und keine Recruiter sind, freuen wir uns aber auch über B2B-Partnerschaften wie beispielsweise mit der Universal Job AG. Diese bieten nach dem Erstkontakt eine komplette Wertschöpfung. Wir stehen als Marktplatz vom ersten Tag unter Beobachtung und wir wissen, was das bedeutet. Wir müssen bei allen Zielgruppen Vertrauen gewinnen und das gelingt uns zunehmend mehr.

Wie hat sich die App seither weiterentwickelt?

Abgesehen vom starken User-Wachstum, den wir verzeichnen konnten, haben wir alle zwei Wochen ein Update mit Ideen vom Markt umgesetzt. Beispielsweise kann das HR jetzt eine Mitteilung mit dem Hinweis, dass man vertiefende Unterlagen per E-Mail senden soll, direkt aus der App senden.

Wie sieht die Zukunft von Jobshot aus?

In den ersten sechs Monaten haben wir uns auf Talente konzentriert. Denn nochmals: Ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen, ist die grosse Herausforderung am Markt. In den nächsten sechs Monaten werden wir viel ins Produkt investieren, damit es sich reibungslos in die HR-Prozesse jedes Unternehmens eingliedern lässt.

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Online-Redaktorin, HR Today. jc@hrtoday.ch

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