HR Today Special 2019: BGM – Körper und Geist

Zielgruppengerechtes BGM für Lernende

Mit dem Projekt Friendly Work Space (FWS) Apprentice arbeitet Gesundheitsförderung Schweiz an der Erstellung eines Angebots, das die psychische Gesundheit von Jugendlichen im Setting Betrieb praxisnah fördert.

Um es vorwegzunehmen: in Sachen Sys­tematik und Ziele unterscheidet sich betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) für Lernende nicht von BGM für andere Altersgruppen. Im Bereich der Massnahmen jedoch sehr wohl. «Jedes Alter hat seine eigenen Entwicklungsthemen, -aufgaben und -anforderungen, daher sind massgeschneiderte und zielgruppengerechte Umsetzungen zentral für den Erfolg», betont Peter Roos, geschäftsführender Partner des Berner Büros für Arbeitspsychologie und Organisationsberatung und als solcher an der Konzeption des Angebotes FWS Apprentice von Gesundheitsförderung Schweiz mitbeteiligt. Das spezifisch auf Jugendliche zugeschnittene BGM-Angebot hat zum Ziel, die psychische Gesundheit von Jugendlichen anhand von drei Teilangeboten – App, Website und Kurse – im Setting Betrieb zu fördern (siehe Box).

Dass hier ein Bedarf vorhanden ist, zeigen die Zahlen zur psychischen Gesundheit von Jugendlichen:

  • 10 bis 20% der Jugendlichen haben eine psychische Erkrankung.
  • Der Median für die Diagnose von psychischen Erkrankungen liegt bei 14 Jahren.
  • Im Vergleich zu anderen Altersgruppen sind 15- bis 24-jährige Erwerbstätige überdurchschnittlich häufig gestresst.

Anspruchsvolle Zeit für Lernende

Jugendliche stecken in der Adoleszenz in einer spannenden, aber auch sehr anspruchsvollen Lebensphase. Der Übergang von der Schule in die Berufswelt erfordert eine beachtliche Anpassungsleistung. Es findet eine grosse körperliche Veränderung statt, die Jugendlichen entwickeln ihre eigene Identität, ihre eigenen Wertvorstellungen und suchen ihren Platz in der Erwachsenenwelt. Berufsbildungsverantwortliche in den Unternehmen begleiten die jungen Menschen in dieser anspruchsvollen Phase und nehmen darum eine wichtige Rolle ein», hält Roos fest. «Sie haben mit ihrem Handeln grossen Einfluss auf die Lernenden sowie auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen», führt Roos weiter aus. Darum ist es wichtig, dass die Berufsbildungsverantwortlichen dazu die nötigen Spielräume und Kompetenzen haben. Weiter sollte die Berufsbildung gut verankert sein und einen angemessenen Stellenwert im Unternehmen haben.

Damit sie gesundheitsförderlich handeln können, brauchen Berufsbildungsverantwortliche auch gute Rahmenbedingungen. Aus diesem Grund beinhaltet das Programm auch spezifische Kurse für Berufsbildende, Verantwortliche für das Lernendenwesen sowie die Führungsebene inklusive der BGM-Verantwortlichen.

Weitere Informationen zu FWS Apprentice sowie zu den Good-Practice-Beispielen finden Sie unter www.fws-apprentice.ch

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Zusatzinfos

App
Analog zu anderen sozialen Netzwerken können die Lernenden ihr Profil eingeben, sich orts- und zeitunabhängig innerhalb einer Organisation mit ihren Kolleginnen und Kollegen austauschen und virtuelle Gruppen bilden. Zudem können sie sich anhand von hinterlegten Links zu unterschiedlichen Themen informieren sowie Selbsttests (z. B. zu Stress, Persönlichkeit, Sucht usw.) ausfüllen und erhalten eine unmittelbare Rückmeldung mit Zusatzinformationen.
In der Sorgenecke erhalten sie Ratschläge von Fachpersonen. Berufsbildungsverantwortliche und BGM-Fachpersonen können an die Jugendlichen in unterschiedlichen Lehrjahren Informationen und Neuigkeiten verschicken, etwa zum Lehrbetrieb, zur Ausbildung oder allgemeine Mitteilungen. Weiter gibt es ein virtuelles Mentoring-System (Götti-/Gottisystem), in dem erfahrene Lernende unerfahrene unterstützen. Dies fördert eine positive Kultur unter gleichaltrigen Kolleginnen und Kollegen und stärkt die Ressourcen der Lernenden (Peer-Kultur).
Auch der Zielgruppe der Berufsbildungsverantwortlichen wird eine Applikation vergleichbar mit derer für die Lernenden angeboten, damit sie sich untereinander austauschen und Informationen suchen und beziehen können.

Website
Die Website für die Zielgruppe Berufsbildungsverantwortliche, BGM-Fachpersonen und weitere Interessierte ist in Deutsch, Französisch und Italienisch aufrufbar. Sie wurde anhand von Rückmeldungen von Berufsbildungsverantwortlichen und weiteren Experten gemeinsam mit Partnern entwickelt. Ziel der Website ist es, Wissen über gesundheitsrelevante Themen mit Schwerpunkt psychische Gesundheit zu vermitteln, die Lernende betreffen. Diese sind «Besonderheiten des Jugendalters», «Führung von Lernenden», «Aufgaben und Stress» und «Motivation und Leistung». Zudem werden konkrete Hilfsmittel wie Checklisten und Good-Practice-Beispiele zur Verfügung gestellt.

Weiterbildung
Basierend auf den vier Hauptthemen der Website wurde eine Weiterbildung entwickelt, die sich an Berufsbildungsverantwortliche und Interessierte richtet. Die Teilnehmenden erhalten einen Wissensinput, können ihr Wissen anhand von Fallbeispielen verknüpfen und sich über ihre Erfahrungen austauschen. Ziel ist es, dass sie Informationen zu den einzelnen Themen erhalten und diese auch in den Praxisalltag in der Zusammenarbeit mit den Jugendlichen einbauen können.

 

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Sandra Escher Clauss ist freie Journalistin.

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