Leadership

Zühlke setzt nach der Fach- nun auch auf die Managementkarriere

Seit 15 Jahren setzt Zühlke auf das Fachkarrieremodell. Vor zwei Jahren wurde nun ein Management-Förderprogramm aufgesetzt. Damit beschreitet das Unternehmen genau den umgekehrten Weg als die meisten Firmen, bei denen lange Zeit die Managementkarriere im Vordergrund stand. Dies hat organisatorische und kulturelle Folgen.

Geht es um die Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden, findet das Management von Zühlke klare Worte: «Wir wollen nur die Besten im Markt rekrutieren. Wir suchen ungeschliffene Diamanten, die in unsere Unternehmenskultur passen.» Der Kampf um Talente ist gross, und der Mangel an qualifizierten Fachkräften verschärft die Situation zusätzlich.

Dennoch gelingt es Zühlke immer wieder, geeignete Fachkräfte zu rekrutieren und zu halten – die Mitarbeitenden bleiben durchschnittlich sieben Jahre. Auch die Position des Unternehmens im Markt zeigt, dass sich die Personalstrategie bewährt. Denn der Erfolg des Technologie- und Beratungsunternehmens steht und fällt mit den Mitarbeitenden. Zühlke sucht daher Talente mit einem natürlichen Ehrgeiz, der sie zur ständigen Weiterentwicklung treibt. Zudem sollen sich die Mitarbeitenden langfristig für ihre Aufgaben begeistern und engagieren.

Kompetenzen dezentral verteilen

Doch was muss ein Arbeitgeber bieten, um solche Fachkräfte anzuziehen? Die Besten im Markt geben sich nicht mit interessanten Projekten zufrieden. Sie möchten ihr Fachwissen laufend erweitern und wenn sie in einem Gebiet sattelfest sind, suchen sie die nächste Herausforderung. Wer diese innerhalb des eigenen Unternehmens bieten kann, ist für Talente attraktiv.

Das seit 15 Jahren etablierte Fachkarrieremodell von Zühlke bietet engagierten Mitarbeitenden eine langfristige Perspektive mit vielfältigen Möglichkeiten zur fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung. Eine Besonderheit des Modells ist die Verteilung der Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse. Die Fachlaufbahn ist dezentral organisiert. Das heisst, es liegt in der Kompetenz der Business-Unit-Leiter, ihre Mitarbeitenden fachlich zu fördern und fordern. Der Grund: Zühlke verfügt über Fachkompetenzen in verschiedenen Disziplinen – von der Softwareentwicklung über Elektronik oder Mechanik bis hin zum Management Consulting.

Auf diese Disziplinen sind die Teams spezialisiert. Der Business-Unit-Leiter setzt sich laufend mit den neusten Technologien und Methoden auseinander. Er verfügt über das spezifische Fachwissen und ist damit die geeignete Person, um die fachlichen Fähigkeiten eines Mitarbeitenden zu beurteilen. Die Mitglieder des oberen Managements bringen ebenfalls fundierte Fachkompetenzen mit. Doch die Technik entwickelt sich so rasant, dass sie sich zwangsläufig von der Thematik entfernen, wenn sie aufsteigen und sich strategischen Fragen widmen.

Diese Verteilung der Kompetenzen hat sich bewährt, sie hat jedoch auch eine Herausforderung mit sich gebracht: Es besteht die Gefahr, dass bei der Beförderung die Beurteilung der Soft Skills untergeht, da die fachlichen Fähigkeiten im Vordergrund stehen. Zudem haben die Business-Unit-Leiter teils unterschiedliche Vorstellungen von den nötigen Sozialkompetenzen. Hier ist das obere Management gefordert. Es muss dafür sorgen, dass in allen Bereichen dieselben Massstäbe gelten und dass die Soft Skills ausreichend berücksichtigt werden.

Wertschätzung entgegenbringen

Ein Fachkarrieremodell darf sich nicht auf die Vergabe von Titeln beschränken, sondern muss im Unternehmen gelebt werden. Dies braucht Zeit – so dauerte es einige Jahre, bis das Modell intern verankert war und damit auch extern seine Wirkung zeigte. Entscheidend ist, dass Fachexperten im Unternehmen den gleichen Stellenwert wie Führungskräfte haben. Der erste Schritt dazu ist ein vergleichbares Gehalt – dies reicht jedoch bei Weitem nicht aus. Auch Fachspezialisten erwarten Anerkennung und Wertschätzung.

Bei Zühlke werden sie mit speziellen Zusatzaufgaben und Knacknüssen gefordert: Sie leiten neben ihrer täglichen Projektarbeit Kompetenzzentren auf der fachlichen Ebene, bearbeiten Schlüsselthemen in Focus Groups oder tauschen sich in Knowledge Groups zu relevanten Themen aus. Damit können sie ihr Wissen vertiefen und es an andere Mitarbeitende weitergeben. Sie sind als ausgewiesene Fach­experten im Unternehmen anerkannt und werden bei Projektreviews oder bei Interviews im Rahmen von Einstellungsgesprächen beigezogen.

Lessons learned

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Wer Talente rekrutieren und im Unternehmen halten will, muss langfristige Perspektiven bieten – sowohl im Management als auch auf der Fachebene.
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Die richtige Organisation stellt sicher, dass Entscheide über Beförderungen von kompetenten Personen gefällt werden. Die Business-Unit-Leiter mit Fachwissen beurteilen die Kandidaten für die Fachkarriere; Managementpositionen werden von der Geschäftsleitung besetzt.
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Fach- und Managementkarriere können nur erfolgreich nebeneinander gelebt werden, wenn ihnen derselbe Stellenwert zukommt. Eine Gleichstellung über das Gehalt reicht dabei nicht aus, entscheidend sind Anerkennung und Wertschätzung.
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Der Aufbau eines neuen Karrieremodells muss mit dem nötigen Pragmatismus angegangen werden. Sonst wird der Aufwand für ein KMU rasch untragbar.

Die Koordination liegt beim CEO

Mit dem Fachkarrieremodell hat Zühlke ein tragendes Fundament geschaffen. Trotzdem hat sich gezeigt, dass dieses allein nicht ausreicht. Mit dem Wachstum der letzten Jahre und der Expansion an neue Standorte im Ausland haben für das Unternehmen auch die Managementfähigkeiten an Bedeutung gewonnen. Deshalb wurde vor zwei Jahren ein Management-Förderprogramm aufgesetzt.

Im Gegensatz zur Fachkarriere ist dieses zentral organisiert und auf der obersten Stufe angesiedelt. Der CEO koordiniert die Aktivitäten persönlich und treibt das Programm voran. Denn bei einem Kandidaten für eine Managementposition sind andere Kompetenzen massgebend als bei der Fachlaufbahn: Neben Führungsqualitäten ist strategisches und unternehmerisches Denken gefragt. Ein Mitglied des Managements muss die Werte des Unternehmens tragen und vorleben. Es prägt die Kultur und vertritt die Firma im Markt.

Vorgeschlagen werden die Kandidaten von den Business-Unit-Leitern. Das Mana­gement hat die Erwartungen an eine künftige Führungskraft definiert, damit in allen Business Units dieselben Massstäbe angewendet werden. Ziel ist es, künftig 70 Prozent der Führungskräfte aus den eigenen Reihen zu rekrutieren. Es gilt nun also, Kompetenzen wie strategischem und unternehmerischem Denken bereits bei der Rekrutierung einen höheren Stellenwert einzuräumen und diese im Rahmen der langfristigen Karriereplanung frühzeitig zu fördern.

Die erfolgreiche Fachlaufbahn hat das Unternehmen geprägt – die Herausforderung liegt künftig darin, dem Management-Förderprogramm genügend Aufmerksamkeit zu verleihen, ohne dabei den Stellenwert der Fachkarriere herabzusetzen. Ziel von Zühlke ist, beide Modelle als gleichwertige Karrierewege nebeneinander zu verankern und zu leben.

Philipp Sutter

ist Geschäftsführer der Zühlke Schweiz und als Partner Mitglied der Zühlke Gruppenleitung. Er studierte Informatik an der ETH Zürich und am Worcester Polytechnic Institute, USA. Das Executive-Programm Master Technology Enterprise führte ihn ans IMD in Lausanne. Nach verschiedenen Tätigkeiten in Schweizer Technologieunternehmen befasst er sich seit über zehn Jahren bei Zühlke mit Innovationsprojekten.
www.zuehlke.com

 

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Philipp Sutter ist Geschäftsführer der Zühlke Schweiz und als Partner Mitglied der Zühlke Gruppenleitung.

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