Bern (sda.) Die Arbeitgeber hatten alle vier vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen schon vor einem Jahr in der Vernehmlassung abgelehnt. Es gebe keine neuen Erkenntnisse, die eine Wiederaufnahme begründen würden, heisst es in dem Bericht, über den das «St. Galler Tagblatt» am Mittwoch berichtete und der Nachrichtenagentur sda vorliegt. Das Papier fasst die Beratungen einer Arbeitsgruppe unter Leitung des Seco zusammen, in der neben den Sozialpartnern auch die Kantone vertreten waren. Diese war im Dezember vom Bundesrat im Hinblick auf die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative eingesetzt worden.
Unterschiedliche Einschätzungen
Nach Ansicht der Arbeitgeber gibt es jedoch keinen Handlungsbedarf. Bis heute sei nicht ausgewiesen, für welche Fälle die vorgeschlagene Regulierung nötig sei. Die Arbeitgeber lehnen die Massnahmen daher als «unnötig, bürokratisch und ungeeignet» ab.
Die Rede ist von jenen vier Massnahmen, die der Bundesrat 2014 zur Diskussion gestellt, nach breiter Kritik in der Vernehmlassung aber auf Eis gelegt hatte. Dazu gehören die Verlängerung von befristeten Normalarbeitsverträgen mit Mindestlöhnen, zusätzliche allgemeinverbindliche Elemente von Gesamtarbeitsverträgen (GAV), etwa Arbeits- und Ruhezeiten oder Spesen, und schliesslich die befristete Allgemeinverbindlichkeit von GAV, obwohl sich weniger Betriebe als vorgeschrieben daran beteiligen.
Die Wunschliste der Gewerkschaften ist wesentlich länger. Sie verlangen beispielsweise mehr Kontrollen oder einen besseren Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmende. Entsprechend weit gingen ihre Forderungen in der Arbeitsgruppe: Keine Mindestbeteiligung von Arbeitgebern bei der Allgemeinverbindlicherklärung von GAV, Erlass von Normalarbeitsverträgen im öffentlichen Interesse oder ein Berufsregister mit aussagekräftiger GAV-Bescheinigung.
Die Kantone schlugen sich in der Arbeitsgruppe auf die Seite der Arbeitgeber, wenn auch rein aus politischen Gründen. Sie wollen sich erst zur Verstärkung der flankierenden Massnahmen äussern, wenn klar ist, wie die Masseneinwanderungsinitiative umgesetzt wird. Ausserdem befürchten sie, dass schärfere Massnahmen das ohnehin angespannte Verhältnis zur EU zusätzlich belasten könnte.
Besserer Vollzug
Aufgrund dieser unterschiedlicher Stellungnahmen muss der Bundesrat nun entscheiden, ob er die flankierenden Massnahmen verschärfen will. Im bürgerlich dominierten Parlament dürfte er damit einen schweren Stand haben. Andererseits braucht er die Unterstützung der Linken zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative.
Einigen konnte sich die Arbeitsgruppe lediglich auf einen Aktionsplan für einen besseren Vollzug der flankierenden Massnahmen. Definitiv darüber entscheiden will sie aber erst im September 2016. Daneben will die Arbeitsgruppe weitere gesetzliche Massnahmen prüfen, darunter die Einführung eines Schweizer Zustelldomizils für ausländische Entsendebetriebe. Dies soll den Vollzug der flankierenden Massnahmen erleichtern. Gleichzeitig würde die Vorschrift eine Hürde für ausländische Arbeitnehmende darstellen.