Bern (sda). Das reale BIP, jeweils im Vergleich zum Vorquartal, entwickelte sich von -0,4 Prozent zu Beginn 2015 über ein Plus von 0,3 Prozent im zweiten Quartal 2015, ein Minus von 0,1 Prozent im dritten und plus 0,4 Prozent im vierten Quartal 2015. Das erste Quartal 2016 zeigte sich nun wieder schwach – schwächer, als Experten erwartet hatten.
Von der Finanznachrichtenagentur AWP befragte Ökonomen hatten eigentlich mit einem Wachstum im Vergleich zum Vorquartal von 0,2 bis 0,4 Prozent gerechnet. Und die Experten von BAK Basel kommentieren in einer Mitteilung vom Mittwoch, dass die Schweizer Wirtschaft zu Jahresbeginn noch nicht vom Fleck gekommen sei: «Die Schweiz konnte mit dem Schwung der Eurozone im ersten Quartal nicht mithalten.»
Auch Eric Scheidegger, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik beim Seco (Staatssekretariat für Wirtschaft), spricht von einem schwachen Quartal. Bevor die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Januar 2015 den Mindestkurs des Frankens zum Euro aufgehoben hatte, kommunizierte das Seco Quartal für Quartal positive Wachstumsraten. Seither zeigt sich ein anderes Bild: «Dieses nun schon seit fünf Quartalen andauernde Auf und Ab zeigt, dass sich die Schweiz auf einem holprigen Pfad der langsamen Erholung bewegt», sagte Scheidegger auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Vor diesem Hintergrund erscheint es auf den ersten Blick widersprüchlich, dass die Warenexporte (ohne Wertsachen und Transithandel) jeweils im Vergleich zum Vorquartal stetig zulegen. Im ersten Quartal 2015, unmittelbar im Zusammenhang mit dem SNB-Entscheid, waren die Warenexporte zwar um 2,5 Prozent zurückgegangen, doch bereits in den Folgequartalen stiegen sie um 1,1 Prozent, 1,2 Prozent und im letzten Quartal 2015 gar um 3,2 Prozent. Im ersten Quartal 2016 legten sie um 2,1 Prozent zu.
Frankenschock durch Preissenkungen aufgefangen
Ein überbewerteter Franken liesse eher das Gegenteil erwarten. Doch ein Blick auf die Entwicklung der industriellen Produktion zeigt, dass die Industrie in realen Grössen zwar zugelegt hat, aber die Umsätze gesunken sind, weil die Preise massiv gesenkt wurden. «Die Schweizer Wirtschaft hat den Frankenschock zum Preis von Margenerosion aufgefangen», sagt Scheidegger.
Die gesenkten Preise zeigen sich im Deflator mit negativem Vorzeichen: Für das zweite Quartal 2015 weist das Seco für die Warenexporte (ohne Wertsachen und Transithandel) jeweils im Vergleich zum Vorjahr einen Deflator von -4,6 Prozent aus, gefolgt von -5,1 Prozent und -4,4 Prozent. Für das ganze Jahr 2015 lag der Deflator bei 4,0 Prozent und im ersten Quartal 2016 bei -3,9 Prozent. Für das gesamte BIP betrug der Deflator im ersten Quartal -1 Prozent.
Die gesunkenen Margen bei den Firmen schlagen sich in der Beschäftigung nieder. Sie spiegeln sich in den Zahlen zu Arbeitslosigkeit und Beschäftigung. «Es zeigt sich, dass der Frankenschock mit der erwarteten Zeitverzögerung bis 2016 wirkt», kommentiert Scheidegger. Laut Seco verharrt die Arbeitslosigkeit in der Schweiz saisonbereinigt von März bis April bei 3,5 Prozent. Und die Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass die Beschäftigung in Vollzeitäquivalenten im ersten Quartal 2016 leicht abgenommen hat.
Vor dem Hintergrund gesunkener Preise und vergleichsweise schwacher Beschäftigungsentwicklung in der Industrie passe das schwache erste Quartal 2016 in die Erwartungen, sagt Scheidegger. Da sei es unglücklich für die Exportnation Schweiz, dass sich jetzt, wo man den Frankenschock verdaue, die weltweite Nachfrage, besonders aus den Schwellenländern, abschwäche.
Immerhin lieferten im ersten Quartal 2016 in der Betrachtung der Produktionsseite die Industrie mit 0,8 Prozent, der Bau mit 2,0 Prozent und der Handel mit 0,2 Prozent positive Beiträge zum Wachstum in der Schweiz. Betrachtet nach Verwendung stützten vor allem der Konsum der privaten Haushalte sowie die Bau- und Ausrüstungsinvestitionen das BIP.