Bern (sda). Aus diesem Grund haben sich alle grossen Gewerkschaften und Arbeitnehmendenorganisationen zusammengetan, um die Ecopop-Initiative mit einer gemeinsam finanzierten Kampagne zu bekämpfen. Sie haben ihre Argumente am Dienstag in Bern vorgestellt.
Die Ecopop-Initiative sei für alle Arbeitnehmenden in der Schweiz gefährlich. Die damit verbundene Beschränkung der Zuwanderung auf 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung führe unweigerlich dazu, dass die Arbeitgeber viel mehr Kurzaufenthalter ins Land holen würden. Diese seien rechtlich schlechter gestellt.
Skrupellose Arbeitgeber könnten ihnen einfacher tiefe Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen diktieren. Das schade allen Arbeitnehmenden: Auch ihre Löhne und Arbeitsbedingungen kämen unter Druck.
Verhältnisse wie unter dem Saisonnierstatut
Ecopop führe zu einer Rückkehr zu Verhältnissen wie unter dem Saisonnierstatut, sagte Vania Alleva, Vizepräsidentin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) und Unia Co-Präsidentin. Familien seien auseinandergerissen worden und Kinder, falls sie doch illegal in die Schweiz gekommen seien, hätten keine Schule besuchen können und im Versteckten leben müssen.
Als die Schweizer Migrationspolitik mit Kontingenten und Saisonnierstatut operiert hat, führte dies laut Alleva zu massivem Lohndruck. Im früheren Kontingentssystem verdienten Saisonniers für die gleiche Arbeit fast 15 Prozent weniger als Arbeitskräfte mit Schweizer Pass. Solche Verhältnisse würden die Löhne und Arbeitsbedingungen aller unter Druck bringen.
Ecopop sei aber auch gefährlich, weil die Initiative Arbeitsplätze gefährde. Eine Annahme der Initiative mit ihrer starren Begrenzung der Zuwanderung würde den bilateralen Weg endgültig scheitern lassen und die Schweiz in die Isolation führen, argumentiert Syna-Präsident Kurt Regotz.
Ohne geregelte Beziehungen zur EU würden Schweizer Firmen gegenüber ihrer europäischen Konkurrenz massiv benachteiligt. Ihre Produkte würden deshalb teurer. Auslagerungen ins Ausland, Kostensenkungsprogramme und damit Arbeitsplatzabbau wären die Folge.
Migranten als Arbeitnehmer zweiter Klasse
Die Ecopop-Initiative sei aber auch unmenschlich. Die Initiative mache Migrantinnen und Migranten zu Arbeitnehmenden zweiter Klasse. Sie müssten in ständiger Angst leben, mit dem Verlust der Arbeitsstelle auch das Aufenthaltsrecht zu verlieren. Ausländische Arbeitskräfte würden zu Sündenböcken für hausgemachte Probleme gemacht.
Ohne Zuwanderung von ausländischen Fachkräften würden wichtige Branchen wie das Gesundheitswesen, die Alterspflege oder das Bauwesen nicht mehr richtig funktionieren.
Auch der Lehrermangel würde sich nach den Worten von Beat Zemp, Zentralpräsident des Lehrerverbandes LCH und Präsident der Ebenrain-Konferenz, einer Allianz der Arbeitnehmenden mit 13 Berufsorganisationen, noch mehr zuspitzen. Im Bildungswesen versuche man vor allem in den Grenzkantonen AG, BL, BS, GE, SG, SH und TI das Problem des Lehrermangels zu entschärfen, indem man gut ausgebildete ausländische Lehrpersonen in die Schweiz hole. So betrage der Ausländeranteil bei den Lehrpersonen auf der Sekundarstufe I im Kanton Basel- Stadt bereits 20 Prozent.
Finanzierung der Sozialwerke gefährdet
Ecopop gefährde zudem die sichere Finanzierung der Sozialwerke. Der Beitrag der Migrantinnen und Migranten zu den Sozialwerken sei erheblich: Sie bezahlten 27 Prozent der AHV-Beiträge, bezögen aber nur 18 Prozent der Leistungen. Ohne die Zuwanderung wäre die AHV seit 1992 defizitär. Auch bei der Invalidenversicherung zahlten die Migrantinnen und Migranten mehr ein als sie beziehen würden.
Für die gemeinsame Kampagne und die damit verbundene historisch äusserst seltene enge Zusammenarbeit haben sich neben den grossen Dachverbänden SGB und Travail.Suisse und ihren Mitgliedsverbänden auch die Lehrerverbände LCH und SER, der Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK, der KV Schweiz sowie die Angestellten Schweiz entschieden.