Bern (sda). Volk und Stände stimmen am 30. November über die Ecopop-Initiative ab. Diese verlangt, dass die Zuwanderung auf 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung beschränkt wird, was rund 16'000 Personen im Jahr entspricht. Heute sind es über 80'000 Personen.
Gleichzeitig sollen mindestens 10 Prozent der Entwicklungshilfegelder für freiwillige Familienplanung eingesetzt werden. Erklärtes Ziel ist der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen.
Ökologisch vertretbares Mass
Das Wachstum müsse auf ein ökologisch vertretbares Mass reduziert werden, sagte Benno Büeler, Präsident des Initiativkomitees. Er betonte, dass die Zahl von 0,2 Prozent sich auf die Nettozuwanderung beziehe. Verliessen jährlich rund 90'000 Menschen die Schweiz, könnten nach einer Annahme der Initiative immer noch über 100'000 Personen neu einwandern. Der Wert von 0,2 Prozent liege sogar leicht über demjenigen der EU.
Personenfreizügigkeit bereits Makulatur
Dass die Initiative mit den bilateralen Verträgen kaum vereinbar ist, streiten die Initianten nicht ab. «Die Bilateralen werden sowieso verschwinden, aber nicht wegen der Schweiz, sondern wegen der EU, die sie so nicht mehr will», sagte Büeler auf eine entsprechende Frage.
Ausserdem habe das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative vom 9. Februar die Personenfreizügigkeit bereits zur Makulatur gemacht. Ein Ja zur Ecopop-Initiative würde somit keine zusätzlichen Schwierigkeiten bringen. Grundsätzlich sei die Umweltorganisation Ecopop aber «europafreundlich».
Druckmittel gegen Arbeitsverweigerung
Die Initianten sehen ihr Begehren nicht zuletzt als Druckmittel zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Die Politik ignoriere das Problem des Bevölkerungswachstums weiterhin, kritisierte Philippe Roch, der ehemalige Direktor des Bundesamtes für Umwelt. Sie sei blind und taub.
Der parteilose Schaffhauser Ständerat Thomas Minder sprach von «Arbeitsverweigerung» in Bundesbern. «Man will gar nichts ändern», stellte er fest. Das gegenwärtige Bevölkerungswachstum sei aber nicht nachhaltig. Als Unternehmer profitiere er zwar davon, denn auch Zuwanderer brauchten Zahnpasta und Shampoo. Aber genau dieses egoistische Denken müsse überwunden werden.
Dichtestress und Wachstumshysterie
Der ehemalige EVP-Nationalrat Ruedi Aeschbacher stellte fest, es werde «spürbar enger» in der Schweiz. Je näher die Bevölkerung zusammenrücken müsse, desto mehr Stress und Streit gebe es. Das Land werde zubetoniert, die Gebäude schössen aus dem Boden «wie Pilze nach einem warmen Augustregen».
Pflanzen, Tiere und künftige Generationen hätten ein Recht auf genügend Lebensraum, stellte die Grünliberale St. Galler Kantonsrätin Erika Häusermann fest. Die Politik von links bis rechts habe keine Lösung, um die negativen Folgen der «Wachstumshysterie» in den Griff zu bekommen.
Nicht fremdenfeindlich
Gegen den Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit wehrten sich die Initianten. Nie habe jemand von Ecopop behauptet, die Ausländer seien schuld, dass das Land zubetoniert werden, betonte Ecopop-Geschäftsführer Andreas Thommen. Für die Umweltbelastung spielten aber nicht nur der Pro-Kopf-Konsum und die technische Effizienz eine Rolle. Es komme auch auf die Anzahl an. Dies blendeten die Gegnerinnen und Gegner aus den Reihen der Grünen aus.
Recht auf Familienplanung
Weil die Initianten nicht nur die Umwelt in der Schweiz, sondern auf der ganzen Welt im Blick haben, fordern sie neben einer Begrenzung der Zuwanderung auch mehr Geld aus der Schweiz für die Familienplanung in Entwicklungsländern.
Die Bevölkerung stabilisieren heisse, Frauen zum Recht auf Familienplanung zu verhelfen, erklärte Anne-Marie Rey, Gründungsmitglied von Ecopop und ehemalige SP-Kantonsrätin im Kanton Bern. Es handle sich um eine Voraussetzung für andere Rechte. Weltweit hätten über 200 Millionen Paare keinen Zugang zu Familienplanung.