Bern (sda). Als konkrete Gründe nennt der SGB die Erhöhung des Frauenrentenalters von 62 auf 64 Jahre, die strengere Rentenpraxis bei der Invalidenversicherung und die Erhöhung der reglementarischen Rentenalter in den Pensionskassen. Deshalb seien heute schätzungsweise 91'000 bis 110'000 Personen mehr auf einen Arbeitsplatz angewiesen als es ohne den Leistungsabbau der Fall gewesen wäre. «Dies entspricht immerhin knapp zwei Prozent der Erwerbspersonen», sagte SGB-Chefökonom Daniel Lampart am Dienstag an der Jahresmedienkonferenz des Gewerkschaftsbundes. Allerdings liessen sich die Zahlen nicht direkt in eine Arbeitslosenquote ummünzen, da noch andere Faktoren für diese zu berücksichtigen seien.
Kampf für eine stärkere AHV
Im Rahmen der Altersvorsorge 2020 soll das Rentenalter der Frauen auf 65 Jahre erhöht werden, was laut Lampart bedeutet, dass 18'000 bis 25'000 Frauen mehr eine Stelle bräuchten als heute. Deshalb steht das laufende Jahr auch im Zeichen der Initiative AHVplus, die eine Verbesserung der AHV-Altersrenten um 10 Prozent oder rund 200 Franken pro Monat verlangt.
Dafür müssten die AHV-Lohnbeiträge um 0,8 Prozentpunkte angehoben werden, rechnete Doris Bianchi vor den Medien in Bern vor. Angesichts der stetig steigenden Lohnnebenkosten, die notwendig seien, um das Niveau bei der beruflichen Vorsorge zu halten, sei die Kritik an der Finanzierung der AHV-Rentenverbesserung «ein Hohn».
Wiedereinführung des Mindestkurses
Einen weiteren Grund für die Erwerbslosigkeit ortet der SGB bei der Frankenüberbewertung, die die Wirtschaft schwächer wachsen lasse als nötig. Der SGB hat die Aufhebung des Euro-Mindestkurses vor knapp einem Jahr wiederholt kritisiert.
Laut SGB-Präsident Paul Rechsteiner hat die Preisgabe des Mindestkurses dazu geführt, dass die Erwerbslosigkeit in der Schweiz entgegen dem europäischen Trend steigt. In absoluten Zahlen habe die Erwerbslosigkeit einen «traurigen historischen Höchststand» erreicht, sagte Rechsteiner. Deutschland habe mittlerweile sogar eine tiefere Quote als die Schweiz.
Für 2016 erwartet der SGB einen weiteren Anstieg der Arbeitslosenquote auf 3,6 Prozent. Im November hatte die Quote bei 3,4 Prozent gelegen. Um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, fordert der Gewerkschaftsbund deshalb die Wiedereinführung eines Mindestkurses. Der Franken-Euro-Kurs müsse so rasch wie möglich in Richtung 1.30 Franken gebracht werden.
Weiter fordert der Gewerkschaftsbund, dass Unternehmen verpflichtet werden, offene Stellen bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu melden. Daneben wiederholten die Gewerkschafter die Forderungen nach einem besseren Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmende und mehr Gesamtarbeitsverträge. Zudem müsse der Bund die flankierenden Massnahmen verstärken. Prioritär seien mehr Kontrollen und bessere Durchsetzungsinstrumente.
Eine weitere grosse Herausforderung ist laut SGB-Präsident Rechsteiner der Erhalt der bilateralen Verträge mit der EU. Der Schlüssel dazu sei die Verbesserung des Schutzes der Löhne und der Arbeitsplätze.