Immer mehr 56- bis 64-Jährige beziehen Sozialhilfe

Auf den Sozialämtern in den Zürcher Gemeinden wurde in den vergangenen Jahren vermehrt eine neue Klientel vorstellig: Neu-Pensionierte, die auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind. Gemäss Kanton eine kritische Entwicklung, welche die Sozialkosten der Gemeinden stark ansteigen lässt.

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Zürich (sda). Sozialhilfebezüger sorgen im Kanton Zürich immer wieder für Schlagzeilen: Steigende Fallzahlen, immer höhere Kosten, Missbrauch. Fast schon unbemerkt bahnte sich in den vergangenen Jahren aber eine Entwicklung an, welche die Ausgaben der Gemeinden ebenfalls belastet. "Es gibt eine kritische Zunahme von 56- bis 64-jährigen Personen in der Sozialhilfe", sagte Stefan Langenauer, Chef des Statistischen Amtes des Kantons Zürich, am Dienstag am Gemeindeforum, an dem sich Behördenmitglieder über aktuelle Themen informierten.

Bei vielen Betroffenen brach die Berufslaufbahn in höherem Alter wegen Entlassung ab oder sie haben andere "Unterbrüche in der Erwerbsbiografie", wie dies der Kanton nennt. Die Bezügerquote in dieser Altersgruppe beträgt heute knapp drei Prozent. Das heisst, dass fast drei Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 56 und 64 Jahren auf Sozialhilfe angewiesen sind. Gemäss Langenauer entspricht dies einem Wachstum von rund 20 Prozent seit 2008.

Lücken in der Altersvorsorge

Diese Entwicklung hat jahrelange Folgen, welche die Gemeinden teuer zu stehen kommen: Wer im Alter zwischen 56 bis 64 auf den Staat angewiesen ist, kann in dieser Zeit nicht genug Alterskapital sparen. "Genau in dieser Phase, in der am meisten für die Pensionierung vorgesorgt wird", sagte Langenauer weiter.

Wegen dieser Lücken würden diese Menschen nach der Pensionierung oft gleich in die Ergänzungsleistungen rutschen. Im vergangenen Jahr bezogen 3254 Personen zum ersten Mal Zusatzleistungen zur Altersrente. Von den Ergänzungsleistungen kommen diese Pensionierten meist auch nicht wieder weg.

Bei den über 65-Jährigen sind bereits 12 Prozent auf Ergänzungsleistungen zur AHV/IV angewiesen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, da sie oft weniger Alterskapital haben und älter werden als Männer. Im Kanton wurden im vergangenen Jahr bereits 842,5 Millionen Franken für Zusatzleistungen zur AHV/ IV bezahlt. Das ist rund doppelt so viel wie für die Sozialhilfe.

Sozialhilfequote stabil

Bei der Sozialhilfe sind die Zahlen hingegen mehr oder weniger stabil. Die Bezügerquote im Kanton Zürich liegt seit 2010 unverändert bei 3,2 Prozent. Das heisst, dass 3,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung auf den Staat angewiesen sind. Die Zahl der Fälle stieg im vergangenen Jahr zwar leicht an, wegen des Bevölkerungswachstums wirkt sich dieser Anstieg jedoch nicht auf die Quote aus. Die Gemeinden sind allerdings sehr unterschiedlich belastet. In Städten ist die Quote deutlich höher als auf dem Land.

Insgesamt bezogen im vergangenen Jahr rund 45'500 Zürcherinnen und Zürcher Sozialhilfe, wie aus dem neuen Sozialbericht vom Dienstag hervorgeht. Das sind rund 500 mehr als im Jahr zuvor. Entsprechend stiegen die Kosten: Die Nettoausgaben der Gemeinden beliefen sich auf gut 427 Millionen Franken. Im Vorjahr waren es noch 373 Millionen. Jeder Fall kostete 17'200 Franken (Median), was 1000 Franken mehr sind als 2013.

Gut ein Drittel der Sozialhilfebezüger sind Kinder und Jugendliche, weil Alleinerziehende ein grösseres Risiko haben, in die Bedürftigkeit abzurutschen. Ausländer haben ebenfalls ein grösseres Risiko, Sozialhilfebezüger zu werden. Ihre Sozialquote liegt bei 6 Prozent, was sich in den vergangenen Jahren aber kaum veränderte.