Bern (sda). In Frage kommen verschiedene Varianten. Bei der Besteuerung legt sich der Bundesrat noch nicht fest, weil der Ausgang der Abstimmung zur CVP-Initiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» offen ist. Nach der Abstimmung werde der Bundesrat rasch eine Vorlage ausarbeiten lassen, sagte Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann vor den Medien in Bern. Abgestimmt wird voraussichtlich am 28. Februar 2016.
Wird die Volksinitiative abgelehnt, sind weiterhin sämtliche Modelle der gemeinsamen oder getrennten Besteuerung offen. Bei einer Annahme der Initiative kommt der Wechsel zur Individualbesteuerung dagegen nicht mehr in Frage, weil die Initiative die gemeinsame Besteuerung in der Verfassung verankern will.
Individualbesteuerung wäre wirksam
Die Individualbesteuerung gehört indes laut dem Bericht zu jenen Modellen, die den Arbeitsmarkt beleben und damit dem Fachkräftemangel entgegen wirken würden. Bei der Individualbesteuerung werden die Ehegatten getrennt besteuert.
Den Arbeitsmarkt beleben würde auch ein Modell mit dem Namen «alternative Steuerberechnung», welche die Zweiverdienerehe etwas stärker belastet als die Einverdienerehe. Das Ehepaar würde als wirtschaftliche Gemeinschaft betrachtet und in steuerlicher Hinsicht eine Einheit bilden.
Der tiefere Betrag gilt
Bei der Veranlagung würde die Steuerbehörde in einem ersten Schritt die Steuerbelastung wie bisher berechnen, indem die Einkommen der Ehegatten zusammengerechnet würden. In einem zweiten Schritt würde die Behörde eine alternative Berechnung vornehmen, die sich an die Besteuerung von Konkubinatspartner anlehnt.
Auf die so ermittelten Steuerfaktoren jedes Ehegatten würde der Grundtarif angewendet. Die dabei resultierenden Steuerbeträge für die beiden Ehegatten würden anschliessend zusammengerechnet, die Endsumme würde mit der Steuerberechnung nach dem herkömmlichen Mehrfachtarif verglichen. Bezahlen müsste das Ehepaar den tieferen der beiden Beträge.
Mindereinnahmen für den Staat
Betrachtet man die Mindereinnahmen, schneidet die «alternative Steuerberechnung» besser ab. Sie würde laut dem Bericht zu Mindereinnahmen von rund 1,2 Milliarden Franken pro Jahr führen. Die Individualbesteuerung hätte Mindereinnahmen zwischen 2 und 2,35 Milliarden Franken zur Folge. Dies gilt, wenn keine Personengruppe stärker belastet wird als im geltenden Recht.
Ist das keine zwingende Bedingung, schneidet die reine Individualbesteuerung am besten ab. Schlechter schneiden die Splitting-Modelle ab. Bei diesen wird der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Verheirateten gegenüber den Alleinstehenden durch eine Teilung Rechnung getragen.
Auch «Heiratsvorteil»
Heute ist sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene für Ehepaare die Gemeinschaftsbesteuerung vorgesehen. Je nach Konstellation sind Ehepaare im Vergleich zu Konkubinatspaaren benachteiligt oder bevorzugt. Auf kantonaler Ebene bestehe tendenziell eher ein Heiratsvorteil als ein Nachteil, heisst es im Bericht – namentlich in Kantonen mit Vollsplitting. Auf Bundesebene wurde die Benachteilung von Ehepaaren laut Bundesrat für rund 66 Prozent der Ehepaare beseitigt.
Höhere Abzüge für Kinderbetreuung
Um mehr Frauen auf den Arbeitsmarkt zu bringen, will der Bundesrat auch höhere Abzüge für die Kinderfremdbetreuung prüfen. Davon würden laut dem Bericht hauptsächlich Eltern mit mittleren und hohen Einkommen profitieren, da diese von der heutigen Beschränkung des Steuerabzugs am stärksten betroffen sind.
Der Bericht geht davon aus, dass die Arbeitsmarktpartizipation steigen würde. Aufgrund der eher hohen Qualifikation der Zielgruppen würde dies zu einer besseren Ausnutzung des Fachkräftepotenzials führen, heisst es im Bericht. Die Erwerbsanreize für gut qualifizierte Mütter würden gestärkt.
Im Kontext prüfen
Höhere Abzüge müssten aber im Gesamtkontext mit anderen Massnahmen beurteilt werden, hält der Bundesrat fest. Dass er nicht sofort handelt, hängt auch mit den Mindereinnahmen zusammen, wie Schneider-Amman auf eine entsprechende Frage sagte. Wenn man Steuererleichterungen beschliesse und gleichzeitig den Haushalt im Gleichgewicht halten wolle, stelle sich immer die Frage, wo ausgeglichen werde.
Würden die effektiven Kinderbetreuungskosten unlimitiert zum Abzug zugelassen, ergäben sich gegenüber dem geltenden Recht bei der direkten Bundessteuer geschätzte Mindereinnahmen von rund 10 Millionen Franken. Die Mindereinnahmen für die Kantons- und Gemeindesteuern beliefen sich auf rund 50 Millionen Franken. Sofern es zu einer Ausweitung der Erwerbstätigkeit komme, fielen die Mindereinnahmen geringer aus.