Bern (sda.) Bereits im Sommer hatte der Bundesrat in einem Bericht festgehalten, dass solche Massnahmen den Arbeitsmarkt beleben und dem Fachkräftemangel entgegen wirken könnten. Die Steuerverwaltung (ESTV) liefert nun Zahlen dazu.
In einem am Montag veröffentlichten Arbeitspapier kommt sie zum Schluss, dass die Beschäftigung von verheirateten Frauen und Müttern bei einem Wechsel zur Individualbesteuerung bei Bund und Kantonen um bis zu 50'000 Vollzeitstellen zunehmen könnte.
Hohe Steuerausfälle bei Individualbesteuerung
Die Zahl sei allerdings mit hohen Unsicherheiten verbunden, da Korrekturmassnahmen wie ein Einverdiener-Abzug nicht berücksichtigt worden seien, schreibt die ESTV. Ohne solche Korrekturmassnahmen müssten viele Einverdiener-Ehepaare mehr Steuern bezahlen.
Fest steht, dass ein Wechsel zur reinen Individualbesteuerung trotz der positiven Beschäftigungseffekte Mindereinnahmen beim Bund verursachen würde. Je nach Ausgestaltung würden diese zwischen 240 Millionen Franken und 2,35 Milliarden Franken pro Jahr betragen.
Unlimitierter Kinderbetreuungsabzug ohne Ausfälle
Keine Steuerausfälle hätte längerfristig eine Reform des Kinderbetreuungsabzugs zur Folge. Könnten die Drittbetreuungskosten von Kindern bei den eidgenössischen und den kantonalen Einkommenssteuern unlimitiert abgezogen werden, dürfte die Beschäftigung laut dem Papier um 5000 Vollzeitstellen zunehmen.
Den Mindereinnahmen von rund 60 Millionen Franken bei Bund, Kantonen und Gemeinden stünden zusätzliche Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen von rund 70 Millionen Franken gegenüber. Die Reform des Kinderbetreuungsabzugs finanziere sich durch die Ausweitung der Beschäftigung selber, schreibt die ESTV.
Abstimmung zur «Heiratsstrafe» abwarten
Für konkrete Reformprojekte will der Bundesrat den Ausgang der Abstimmung zur CVP-Initiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» abwarten. Das Stimmvolk entscheidet am 28. Februar darüber. Wird die Volksinitiative abgelehnt, sind für die Ehepaar-Besteuerung weiterhin sämtliche Modelle möglich. Bei einer Annahme der Initiative kommt der Wechsel zur Individualbesteuerung dagegen nicht mehr in Frage, weil die Initiative die gemeinsame Besteuerung in der Verfassung verankern will.
Für den Bundesrat kommt auch ein Modell mit dem Namen «alternative Steuerberechnung» in Frage, bei welchem das Ehepaar in steuerlicher Hinsicht eine Einheit bilden würde, wobei die Zweiverdienerehe steuerlich etwas stärker belastet würde als die Einverdienerehe. Dies Beschäftigungswirkung dieses Modells hat die ESTV nicht im Detail untersucht.
Hohe Teilzeitquote in der Schweiz
Das Arbeitspapier entstand im Rahmen der Fachkräfteinitiative, die zum Ziel hat, das inländische Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen - auch jenes der Frauen. Zwar hat die Schweiz im internationalen Vergleich eine hohe Beschäftigungsquote der Frauen. Wegen des hohen Anteils an Teilzeiterwerbstätigen sind die geleisteten Arbeitsstunden jedoch im Vergleich zu den OECD-Ländern tief.
Nur in den Niederlanden ist das Arbeitsvolumen der Frauen noch tiefer. Die OECD sieht als Gründe für die hohe Teilzeitquote ein unzureichend ausgebautes und zu teures Kinderbetreuungssystem, geschlechterspezifische Lohnunterschiede, ungleiche Karrieremöglichkeiten und hohe Steuerbelastungen für Zweitverdiener.