Lohndiskriminierung lässt sich laut Studie nicht wegerklären

Die Unterschiede zwischen Männer- und Frauenlöhnen können nur teilweise begründet werden. Ein erheblicher Teil bleibt unerklärbar, auch wenn mehr Faktoren berücksichtigt oder andere statistische Methoden angewendet werden. Zu diesem Schluss kommt eine Studie.

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Bern (sda). Die Untersuchung zeige, dass die verwendeten Methoden anerkannt seien, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung vom Mittwoch. Im Grundsatz sollen sie beibehalten werden. Der Bundesrat hat das Innendepartement (EDI) jedoch beauftragt, Anpassungen vertieft zu prüfen.

Im Auftrag des Nationalrates hatte der Bundesrat untersuchen lassen, ob die heute verwendete Methode zur Berechnung der Lohnungleichheit angemessen ist. Der Zürcher FDP-Nationalrat Ruedi Noser hatte das in einem Postulat angezweifelt.

Fest steht, dass Frauen rund 20 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Rund 41 Prozent der Lohndifferenz lassen sich erklären, etwa mit Unterschieden bei Bildung und Dienstjahren. Umstritten ist, ob es sich beim unerklärbaren Teil tatsächlich um Diskriminierung handelt.

Führungserfahrung berücksichtigen

Kritiker monieren, dass dieser Teil verschwinden würde, wenn weitere Faktoren berücksichtigt würden. Noser regt in seinem Vorstoss an, Führungserfahrung, Weiterbildung, Sprachkenntnisse und die effektive Erwerbserfahrung einzubeziehen, inklusive Karriereunterbrüche und Beschäftigungsgrad.

Die Autoren der am Mittwoch veröffentlichten Studie raten davon ab. Das bestehende Modell berücksichtige bereits die berufliche Stellung, welche stark mit Führungserfahrung zusammenhänge, argumentieren sie. Damit hätte das Kriterium wenig zusätzliches Erklärungspotenzial. Bei den Sprachkenntnissen und Weiterbildungen sehen die Autoren zusätzlich Schwierigkeiten mit Blick auf die Erhebung.

Problematische Kriterien

Kriterien wie die effektive Erwerbserfahrung wiederum bergen laut der Studie Diskriminierungspotenzial: Werden sie berücksichtigt, wird «wegerklärt», was faktisch eine Diskriminierung ist. Der Grund dafür ist, dass Arbeitgeber Karriereunterbrechungen von Frauen und Männern unterschiedlich bewerten. Wird die Karriere wegen Militärdienst unterbrochen, ist das mit geringeren Lohneinbussen verbunden als Karriereunterbrüche wegen Erziehungsarbeit.

Das gilt auch für das Erwerbspensum: Die Berufserfahrung einer teilzeitarbeitenden Frau mit Erziehungsaufgaben wird gemäss der Studie unverhältnismässig tiefer bewertet als die Berufserfahrung eines teilzeitarbeitenden Mannes mit ehrenamtlichen Tätigkeiten wie politischen Mandaten.

Ungleichheit bleibt

Die Autoren betrachten die derzeit verwendeten Kriterien als geeignet. Zusätzlich berücksichtigt werden könnten aus ihrer Sicht etwa die Arbeitsbedingungen, also die psychische und physische Belastung. Das will der Bundesrat denn auch vertieft prüfen lassen. Unabhängig von der Auswahl der Erklärungsfaktoren kann die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern aber laut der Studie nicht umfassend erklärt werden.

Noser gab in seinem Postulat auch zu bedenken, dass wenige Spitzensaläre die Aussagekraft des Lohnvergleichs verfälschten. Die Autoren sehen zwar Möglichkeiten für Verbesserungen, wenn eine andere statistische Methode gewählt würde. Sie weisen jedoch auf grösseren Aufwand hin. Der statistisch signifikante unerklärbare Anteil der Lohnungleichheit liegt je nach Methode zwischen zwischen 7,6 und 11,6 Prozent.

In der Studie der Universität St. Gallen und des Forschungsbüros INFRAS wurde zum einen das Analysemodell der nationalen Statistik untersucht. Zum anderen wurde das Standard-Analysemodell des Bundes unter die Lupe genommen, mit dem in der Praxis geprüft wird, ob in einem Unternehmen die Lohngleichheit respektiert wird.