Reform der Altersvorsorge in vollem Gang

Der Gewerkschaftsbund möchte die AHV-Renten pauschal um 10 Prozent erhöhen. Gleichzeitig ist im Parlament eine umfassende Reform der Altersvorsorge hängig. Wird die Initiative angenommen, muss diese neu aufgegleist werden.

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Bern (sda). Der Reformbedarf ist unbestritten: Die AHV muss für eine wachsende Rentnergeneration aufkommen, die zweite Säule leidet unter der steigenden Lebenserwartung und den sinkenden Anlagerenditen. Weil in den letzten Jahren alle gesonderten Reformen von AHV und beruflicher Vorsorge gescheitert waren, setzt die Altersvorsorge 2020 bei beiden Säulen gleichzeitig an.

Um die AHV ins Lot zu bringen, schlug der Bundesrat vor, die Mehrwertsteuer um maximal 1,5 Prozentpunkte und das Frauenrentenalter auf 65 Jahre zu erhöhen. Ein Interventionsmechanismus für schwierige Zeiten sollte die Finanzen der ersten Säule nachhaltig stabilisieren.

Wichtigste Massnahme bei der beruflichen Vorsorge ist die Senkung des Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent. Um zu verhindern, dass die Renten sinken, sollen die Arbeitnehmenden mehr sparen. Dazu wollte der
Bundesrat unter anderem den Koordinationsabzug abschaffen und die Eintrittsschwelle senken.

Der Rückzug aus dem Erwerbsleben sollte künftig flexibel zwischen 62 und 70 Jahren möglich sein. Für Personen mit tiefen und mittleren Einkommen war ein günstigeres AHV-Vorbezugsmodell vorgesehen, um einen frühzeitigen Rentenantritt zu ermöglichen.

Das höhere Frauenrentenalter, den tieferen Umwandlungssatz und den flexiblen Altersrücktritt hat der Ständerat übernommen. Als Erstrat drückte er der Vorlage jedoch seinen Stempel auf: Er beschloss, als Ausgleich für den tieferen Umwandlungssatz der Pensionskassen die AHV-Einzelrenten um 70 Franken und den Plafond für Ehepaarrenten von 150 auf 155 Prozent zu erhöhen. Finanzieren will er das mit 0,3 zusätzlichen Lohnprozenten.

Zudem strich der Ständerat den erleichterten Altersrücktritt für Personen mit tiefen Einkommen. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Kürzung des Bundesbeitrags an die AHV lehnte er ab. Der AHV-Interventionsmechanismus fiel in der kleinen Kammer ebenfalls durch.

Das Thema könnte im Nationalrat aber wieder aufs Tapet kommen. Economiesuisse und Arbeitgeber drängen auf eine automatische Erhöhung des Rentenalters, falls der AHV-Fonds eine bestimmte Deckung unterschreitet. Die zuständige Sozialkommission des Nationalrats (SGK) hat dem in erster Lesung zugestimmt.

Die zweite Lesung ist derzeit im Gang, am Freitag stellt die SGK ihre Beschlüsse der Öffentlichkeit vor. Angesichts der geringen Akzeptanz einer Rentenalter-Erhöhung ist es möglich, dass die Forderung dem Rat nur als Minderheitsantrag vorgelegt wird.

Offen ist jedoch auch, ob sich eine Mehrheit für höhere AHV-Renten findet. SP und CVP, die dem Zuschlag im Ständerat zum Durchbruch verholfen haben, verfügen im Nationalrat über keine Mehrheit.

Die Vorlage kommt voraussichtlich nach der Abstimmung über die «AHVplus»-Initiative am 25. September in den Nationalrat. Wird die Initiative angenommen, muss der neue Verfassungsartikel in der Vorlage berücksichtigt werden. Das könnten die Kommissionen selber erledigen oder aber den Bundesrat mit einer Neufassung beauftragen