Vaduz FL (sda). Job-Wunderland Liechtenstein: Die Monarchie am Alpenrhein mit einer Bevölkerungszahl von 37'000 zählt fast so viele Arbeitsplätze wie Einwohnerinnen und Einwohner. Der Ausländeranteil an der Wohnbevölkerung beträgt 33 Prozent und dürfte auf diesem Level verharren, da das EWR-Land Schutzklauseln mit der EU ausgehandelt hat.
Ohne Schutzklauseln würde der Kleinstaat vermutlich innert Kürze überrannt. Die Klauseln sorgen aber dafür, dass sich Arbeitskräfte täglich als Ströme von Pendlern ins Fürstentum und abends wieder ausser Landes bewegen. 2007 stellten die Pendler erstmals die Mehrheit der Arbeitskräfte.
Die vom Schweizer Stimmvolk im Februar 2014 hauchdünn angenommene Masseneinwanderungsinitiative der SVP, welche den Anteil der Ausländer begrenzen will, könnte nun diese Pendlerströme aus der Schweiz stark schmälern.
Denn nicht alle Pendler aus der Schweiz sind Schweizerinnen und Schweizer, viele stammen aus der EU. Ihnen könnte die Masseneinwanderungsinitiative den Schweizer Wohnsitz verbieten.
800 Millionen an Löhnen über den Rhein
Thomas Zwiefelhofer, stellvertretender Regierungschef und Wirtschaftsminister in Liechtenstein, schätzt den Anteil der EU-Bürger an den 9700 Grenzgängern aus der Schweiz auf 3500, wie er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda sagte.
Könnten diese Arbeitskräfte nicht nach Österreich ziehen, wenn sie wegen der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative nicht mehr in der Schweiz wohnen dürften? «Ich denke nicht, dass dies im Interesse der Schweiz wäre», antwortet Zwiefelhofer. In Liechtenstein arbeitende Pendler tragen nach Angaben des Wirtschaftsministers jährlich 800 Millionen Franken an Löhnen über den Rhein in die Wohnorte vor allem im St. Galler Rheintal. Dort wird das Geld nicht nur versteuert, das meiste davon wahrscheinlich auch ausgegeben.
«Das ist doch eine beachtliche Wertschöpfung", betont der Liechtensteiner Wirtschaftsminister. Ausserdem hätten liechtensteinische Arbeitgeber festgestellt, dass Fachkräfte aus der EU die Schweiz Österreich als Wohnsitz bevorzugten. «Das dürfte steuerliche Grunde haben», so Zwiefelhofer.
Regelmässige Kontakte auf Ministerebene
Die Regierung in Vaduz steht hinsichtlich Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative und Grenzgänger-Fragen in einem regelmässigen Kontakt mit dem Bundesrat, namentlich mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Kontakte gibt es auch zur St. Galler Kantonsregierung. Zwiefelhofer: «Dabei weisen wir jeweils auf die spezielle Situation dieser Grenzregion hin und auf die gewinnbringende Situation, die mit dem heutigen Model für beide Seiten besteht.»
Zusätzlich zur Frankenstärke
Das Problem aus eigener Kraft zu lösen, würde für Liechtenstein bedeuten, «die Zuwanderungsquote deutlich zu erhöhen oder die Personenfreizügigkeit ganz einzuführen», sagt Zwiefelhofer. Dieser Ansatz einer Öffnung sei komplex und heftig umstritten. Der Vize-Regierungschef tippt Fragen der Raumplanung an, der Infrastruktur und erwähnt Ängste in der Bevölkerung wegen eines noch grösseren Ausländeranteils.
«Es wäre hilfreich, wenn man die definitive Umsetzungslösung der Masseneinwanderungsinitiative bald kennen würde», betont der Wirtschaftsminister. Die gegenwärtige Situation für Liechtenstein sei durch die Frankenstärke schon schwierig und unsicher genug.
Erfolg dank internationaler Zusammenarbeit
Nach Ansicht Zwiefelhofers ist die Region zwischen Chur und dem Bodensee ein attraktiver, eng verwobener Arbeitsmark. Der Erfolg der Region liege massgeblich in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen der Schweiz, Österreich und Liechtenstein begründet. «Fachkräfte aus ganz Europa kommen hierher und leisten einen wichtigen Beitrag zum Erfolg», betont Zwiefelhofer und fährt fort: «Wenn diese Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird, leidet die ganze Region.»