Wirtschaft in der Euro-Zone verliert überraschend an Schwung

Gebremst von Frankreich und Italien hat die Wirtschaft in der Euro-Zone im zweiten Quartal überraschend an Schwung eingebüsst. Das Bruttoinlandprodukt wuchs von April bis Juni um 0,3 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag mitteilte.

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Luxemburg (sda). In den beiden Vorquartalen hatte es noch zu einem Plus von 0,4 Prozent gereicht. Die grossen Euroländer schnitten sehr unterschiedlich ab. Die grösste Volkswirtschaft Deutschland gewann leicht an Schwung und wuchs um 0,4 Prozent. Positive Impulse kamen vor allem vom Aussenhandel. Die Exporte stiegen nach vorläufigen Berechnungen viel stärker als die Importe.

Die Exportnation Deutschland profitiert seit Monaten vom schwachen Euro. Das macht Waren «Made in Germany» ausserhalb der Eurozone günstiger. Die deutsche Exportwirtschaft legte trotz eines leichten Dämpfers im Juni das stärkste erste Halbjahr seit 2011 hin und ist für das Gesamtjahr auf Rekordkurs.

Zudem begünstigt der niedrige Ölpreis viele Unternehmen – und stärkt zugleich die Kaufkraft der Konsumenten. Denn sie können tendenziell günstiger tanken und heizen und haben deshalb mehr Geld für andere Dinge übrig. Das schiebt den Konsum als Konjunkturtreiber an.

Gebremst wurde das Wachstum im zweiten Quartal hingegen durch schwache Bruttoinvestitionen: Insbesondere in Bauten wurde weniger investiert als in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres.

Frankreich stagniert ...

Die Nummer zwei Frankreich kam hingegen nach einem starken Jahresauftakt überraschend nicht vom Fleck, wie das Statistikamt Insee mitteilte. In den Monaten Januar bis März hatte die französische Wirtschaft verglichen mit dem Vorquartal noch um 0,7 Prozent zugelegt.

Die fallenden Energiepreise und der schwache Euro konnten Frankreich im zweiten Quartal nicht zu Wachstum verhelfen. Das Land kämpft mit einer hohen Arbeitslosigkeit und Reformstau. Die EU-Kommission traut ihm in diesem Jahr nur ein Wachstum von 1,1 Prozent zu.

... und Italien schwächelt

In Italien, der drittgrössten Volkswirtschaft der Euro-Zone, schwächte sich das Wachstum auf 0,2 Prozent ab. Das war vor allem den wachsenden Dienstleistern zu verdanken, während die Industrie stagnierte und die Landwirtschaft sogar schrumpfte.

Die Wirtschaft in Italien hat damit zum ersten Mal seit vier Jahren wieder zwei Quartale in Folge zugelegt. Von Januar bis März war die Wirtschaft um 0,3 Prozent gewachsen. Im Vorjahresvergleich lag der Zuwachs im zweiten Quartal bei 0,5 Prozent.

Italien hat drei Jahre Rezession hinter sich. Für 2015 sagt die EU-Kommission Italien ein Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent voraus, das sich 2016 auf 1,4 Prozent beschleunigen soll.

Griechenland wächst

Ausgerechnet das krisengeplagte Griechenland hängte die grossen Drei ab: Es schaffte ein Plus von 0,8 Prozent, wozu wohl eine starke Tourismussaison beitrug. Zudem wiesen Ökonomen darauf hin, dass viele Griechen aus Sorge vor Kapitalbeschränkungen im zweiten Quartal mehr gekauft hätten und die Detailhandelsumsätze deshalb gestiegen seien.

Für das Gesamtjahr zeigen die Prognosen allerdings keine Erholung aus dem tiefen Tal an, in dem die Wirtschaft des hochverschuldeten Landes seit Jahren steckt.

In Spanien legte das Bruttoinlandprodukt um 1,0 Prozent zu. Nur Lettland kam mit 1,2 Prozent auf ein grösseres Wachstum. Innerhalb der Euro-Zone wies einzig Finnland mit 0,4 Prozent ein Minus aus.

Getrübte Aussichten

Die Aussichten bleiben gedämpft. Besonders der Exportaufschwung ist trotz des billigeren Euro gefährdet. Grund dafür ist die schlappe Weltwirtschaft. So sorgte China zuletzt mit schwachen Konjunkturdaten, Börsen- und Währungsturbulenzen für negative Schlagzeilen.