Buchtipp

Agilität aus Leidenschaft

Erfolg ist die Folge der Veränderungsfähigkeit einer Organisation. Aber kann ein Unternehmen wirklich dauerhaft erfolgreich sein? Dürfen Ziele ständig wechseln? In seiner Buch «Das agile Unternehmen» geht Kai Anderson, Gründer des HR-Beratungsunternehmens Promerit, der Frage nach, wodurch sich agile Unternehmen auszeichnen.

Herr Anderson, Sie sind Herausgeber des Buchs «Das agile Unternehmen», in dem Sie zahlreiche Unternehmensführer zur Change-Management-Kultur befragt haben. Weshalb dieses Buch, diese Interviewpartner und weshalb jetzt?

Kai Anderson: Wir erleben derzeit eine Dynamik in unserer Gesellschaft und im Wirtschaftsleben, die es in dieser Intensität noch nicht gegeben hat. Die zwei grossen Megatrends Globalisierung und Digitalisierung befeuern einen Wettbewerb, der ganze Branchen umkrempelt. In einer Welt höchster Komplexität und Unsicherheit müssen Unternehmen deutlich veränderungsfähiger sein, als das noch vor zwanzig Jahren der Fall gewesen ist. Im Buch haben wir Unternehmen ausgesucht, die in einer grossen Veränderung stecken oder diese bereits erfolgreich bewältigt haben. Dabei haben wir unser Augenmerk vor allem auf jene Grossfirmen gelegt, denen gerne nachgesagt wird, dass sie nicht agil seien.

Ist «Agilität» nicht alter Wein in neuen Schläuchen, den man früher «Change Management» nannte?

Einiges, was Agilität ausmacht, ist nicht neu. Ich bezeichne Agilität als die Fähigkeit einer Organisation, relevante Veränderungen in ihrem Umfeld zu antizipieren und ihnen schnell und effektiv zu begegnen, indem es sich entsprechend neu ausrichtet und das zum eigentlichen Zweck macht. Neu ist, wie die Veränderungsfähigkeit angestossen wird. Darin liegt der grosse Unterschied zum Change Management, denn dieses ist nur reaktiv. Man will damit die Auswirkung von Veränderungen erleichtern. Agilität hingegen ist proaktiv. Damit ist das Unternehmen in der Lage, Veränderungen zu antizipieren, also vorwegzunehmen oder auszulösen.

Was zeichnet ein agiles Unternehmen denn konkret aus?

Agile Unternehmen setzen  konsequent auf den Strategie-Dialog und bringen damit Sinnhaftigkeit in die Arbeit jedes einzelnen. Sie haben ein starkes Werte-Fundament und die Veränderungsbereitschaft zu einem wesentlichen Teil ihrer Kultur gemacht. Sie führen anders und setzen auf die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden. Agile Unternehmen organisieren sich zunehmend in Netzwerken und folgen damit dem Prinzip der Subsidiarität. Sie steuern nicht alles von einer Zentrale aus und delegieren die Entscheidungsbefugnis an die niedrigst mögliche Stelle in der Organisation. 

Und welche Rolle spielt das HR dabei?

Die Gestaltung der Unternehmens- und Führungskultur sowie die Beschaffung und Entwicklung von Unternehmenskompetenzen unterliegt der unmittelbaren Verantwortung des HR. Die Frage ist, inwieweit sich das HR dieser Verantwortung stellt und einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Unternehmensstrategie leistet, um die Organisation als Ganzes veränderungsfähiger zu machen.

Wie bleiben Führungskräfte und Mitarbeitende agil?

Sie müssen neugierig  sein, Leidenschaft zeigen und persönlich flexibel bleiben, insbesondere lernfähig sein. Dazu müssen die Unternehmen aber auch eine ermutigende Unternehmenskultur schaffen. Es reicht nicht, wenn nur der CEO ein sehr hohes Mass an Wertschätzung zeigt, während die Mitarbeitenden durch starre Strukturen und eine Zero-Fehler-Kultur zermürbt werden und ihre Neugierde und Leidenschaft verlieren. Die Ermutigung muss zur Unternehmenskultur werden, damit Unternehmen überhaupt flexibel agieren können.

Zur Person

Kai Anderson ist CEO und Gründer des Beratungsunternehmens Promerit. In seinem aktuellen Buch «Das agile Unternehmen» untersucht er, wie Firmen in einem sich rasch wandelnden Umfeld agiler werden.

Anderson, Kai: Das agile Unternehmen, Campus 2015

 

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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