Altersdurchmischung fördert Kompetenzaustausch und Kreativität
Um die Leistungsfähigkeit im Alter optimal auszuschöpfen, müssen die unterschiedlichen Bedürfnisse von Jung und Alt innerhalb des Betriebs berücksichtigt werden. Damit wird der demografische Wandel zu einer der grossen personalpolitischen Herausforderungen.
Durch den demografischen Wandel verschiebt sich die Altersverteilung der erwerbstätigen Bevölkerung; heute schon ist die Hälfte der Arbeitnehmer älter als 45, die Tendenz ist steigend. Gleichzeitig stagniert der Nachwuchs oder ist sogar leicht rückgängig.
Der höhere Anteil von Mitarbeitenden der Altersgruppe 50plus stellt neue Anforderungen an Arbeitsgestaltung und -organisation. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) ist ein geeignetes Managementinstrument, um Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit, Motivation und Qualifikation von Mitarbeitenden zu erhalten und zu fördern. Es hat zum Ziel, die Arbeitsbedingungen aller Arbeitskräfte so zu gestalten, dass diese möglichst lange ihre Arbeits- und Leistungsfähigkeit beibehalten – mindestens bis ins Rentenalter.
Mit den demografischen Herausforderungen sind neue personalpolitische Ziele verknüpft. Es gilt, gut qualifizierte Mitarbeitende (gesundheitlich) zu (er)halten. Eine möglichst ausgewogene Altersstruktur ist anzustreben, um den Erfahrungstransfer zwischen den Generationen sicherzustellen, sodass das wertvolle Know-how im Betrieb verbleibt. Um Aufschluss über die aktuelle und zukünftige Altersstruktur zu erhalten, sind Altersstrukturanalysen hilfreich, die konkreten Handlungsbedarf in den Bereichen Arbeitsbedingungen, Personalpolitik und Führung aufzeigen.
Wichtig ist das Offenhalten von Perspektiven
Junge Mitarbeiter fordern ein Arbeitsumfeld, in dem sie einer vielfältigen und abwechslungsreichen Arbeit nachgehen können. Sie wollen berufliche Erfahrungen sammeln, sukzessive mehr Verantwortung übernehmen und Weiterbildungen absolvieren. Ältere Mitarbeitende erwarten respektvolles Führungsverhalten ohne Altersdiskriminierung und legen Wert auf eine sinnstiftende Tätigkeit. Wichtig ist ihnen das Offenhalten von Perspektiven: Weiterbildungen, Beförderungen trotz höherem Alter und Übernahme alternativer Aufgaben, wie beispielsweise die einer beratenden Funktion. Weiter wünscht sich die Altersgruppe 50plus eine den veränderten Voraussetzungen angepasste Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitszeiten, etwa die Möglichkeit eines gleitenden Ausstiegs aus dem Erwerbsleben (Altersteilzeit). Bogenkarrieren in Form allmählicher Verantwortungsabgabe und Reduktion von Belastungen sind weitere Anliegen dieser Altersgruppe.
Die Arbeitsleistung ist nicht vom Alter abhängig
Mit der biologischen Alterung nimmt die persönliche Leistungsfähigkeit nicht generell ab. Insgesamt gibt es mehr Bereiche, in denen sie mit dem Älterwerden gleich bleibt oder zunimmt, als solche, in denen sie nachlässt (siehe Kasten). Zwar können bei älteren Mitarbeitenden körperliche und geistige Leistungsfähigkeit abnehmen. Allerdings verfügen sie häufig über Strategien, diese Nachteile auszugleichen. Sie können aufgrund ihrer Lebenserfahrung komplexe Zusammenhänge besser verstehen und leichter Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden.
Es gilt, die Vorteile jeder Generation optimal zu nutzen. Ein alternsgerechtes Personalmanagement ist gewinnbringend für alle Beteiligten, für Mitarbeitende und Organisation. Altersdurchmischte Teams fördern Kreativität und soziale Unterstützung. Ein beidseitiger Wissenstransfer zwischen den Generationen – Erfahrung versus Befähigung in neuen Technologien – fördert den innerbetrieblichen Kompetenzaustausch, beispielsweise in Form von Generationentandems: Zwei Mitarbeitende unterschiedlichen Alters unterstützen sich und übernehmen gegenseitig Verantwortung. Ein anderes Gefäss für den Austausch zwischen den Generationen ist ein altersdurchmischter Qualitätszirkel.
Die wichtige Rolle des Vorgesetzten
Führungspersonen sollen die arbeitsbezogenen Motive und Bedürfnisse der Mitarbeitenden verschiedener Altersgruppen kennen. Nach Alterskategorien ausgewertete Gesundheitsbefragungen geben konkreten Aufschluss darüber und bilden die Grundlage für altersdifferenzierte Massnahmen. Mögliche Handlungsfelder alternsgerechter Arbeitsgestaltung liegen in den Bereichen ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsausführung (Analyse mittels Work Ability Index), Arbeitsanreicherung respektive Minimierung einseitiger Beanspruchung durch systematischen Arbeitsplatzwechsel (branchenabhängig), Verringerung von Zeitdruck sowie alterssensible Ausgestaltung von Arbeitszeitmodellen.
Von der Führungsarbeit hängt es ab, ob Massnahmen umgesetzt und auf die Bedürfnisse des einzelnen Mitarbeitenden abgestimmt werden. Die Vorgesetzten beeinflussen massgeblich, wie lange die Altersgruppe 50plus im Erwerbsleben verbleibt und welchen Beitrag sie leisten kann.
Älterwerden: Leistungsbereiche verändern sich
Zunehmende Leistungsbereiche
Lebens- und Berufserfahrung, betriebsspezifisches Wissen, Urteilsfähigkeit,
Zuverlässigkeit, Besonnenheit, Qualitätsbewusstsein, Kommunikationsfähigkeit,
Kooperationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein, positive Arbeitseinstellung, Ausgeglichenheit und Beständigkeit
Gleich bleibende Leistungsbereiche
Leistungs- und Zielorientierung, Systemdenken, Kreativität, Entscheidungsfähigkeit, physische Ausdauer und psychisches Durchhaltevermögen, Kooperationsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit
Abnehmende Leistungsbereiche
Körperliche Leistungsfähigkeit, geistige
Beweglichkeit, Geschwindigkeit der
Informationsaufnahme und -verarbeitung, Kurzzeitgedächtnis, Risikobereitschaft,
Aufstiegsorientierung, Lern- und Weiterbildungsbereitschaft
Quelle: Bruggmann, Michael 2000. Die Erfahrung älterer Mitarbeiter als Ressource. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden.