HRM-Software

Aus HR-Software-Tools werden digitale Arbeitswelten

Mensch und Technologie können nicht mehr getrennt betrachtet werden. Umso wichtiger wird es für das HR, 
die Chancen, aber auch die Grenzen der rasanten Entwicklung im HR-Software-Bereich zu verstehen.

Die Gründe, warum Unternehmen für das  HR-Management (HRM) digitale Hilfsmittel einsetzen, sind vielseitig. Während die einen mehr Transparenz über ihre Aufwände gewinnen wollen, möchten die anderen ihre Personalkosten senken. Wieder andere versuchen die Vernetzung der Mitarbeitenden zu erhöhen oder die Verwaltung ihrer Ideen zu verbessern. Gemeinsam ist all diesen Beweggründen der Glaube, dass eine Maschine eine HRM-Aufgabe besser (fehlerfreier, schneller, wirkungsvoller) oder billiger erledigen kann.

Die bessere und billigere Erledigung von HRM-Aufgaben dürfte denn auch in Zukunft der wichtigste Treiber der Digitalisierung des HRM sein. Mensch, Unternehmen und Technologie bilden ein Spannungsfeld, worin jedes Unternehmen seinen eigenen Weg finden muss. Gleichzeitig positionieren sich die zahlreichen HR-Software-Anbieter genau im Spannungsfeld dieser drei Eckpfeiler.

«Technologie alleine schafft keine Positionierung, es sind die Menschen dahinter», sagt Marc Stoffel, der von den Mitarbeitenden gewählte CEO von Haufe-umantis. Genauso wichtig wie die technologische Lösung seien die damit verbundenen Menschen- und Managementbilder. Durch die Wahl von Software wird deshalb immer auch ein wegweisender Entscheid für die (digitale) Zukunft eines Unternehmens gefällt. Das HRM sollte sich deshalb bewusst sein, dass die Technologie eine Erweiterung des Faktors Mensch darstellt, dass also Mensch und Technologie nicht mehr getrennt betrachtet werden können. Umso wichtiger ist es für das HRM, die Möglichkeiten, Grenzen und Entwicklungsperspektiven von HR-Software zu verstehen.

Die digitalen Komponenten des HRM

Digitalisierung ist eine stetige Entwicklung und keine Veränderung, die von heute auf morgen passiert. Das erklärt, warum in vielen Unternehmen HRM-Anwendungen von unterschiedlichen Herstellern zum Einsatz kommen – wobei deren Inkompatibilität und die hohen Wartungskosten zunehmend zum Problem werden.

Konkret kann man drei Anwendungsbereiche  unterscheiden, in denen HR-Software zum Einsatz kommt: HR-Prozesse, HR-Instrumente und Organisationsentwicklung.

Zum Bereich der durch Software unterstützten HR-Prozesse gehören neben der Lohnadministration, Personalplanung, Rekrutierung und dem Talentmanagement auch 
E-Learning und die Personalentwicklung.

Im Zuge der Digitalisierung verlangen zudem zahlreiche HR-Instrumente wie Mitarbeiterbefragungen, Mitarbeiterbeurteilungen oder 360°-Feedbacks nach Software-Lösungen. Je mehr digitalisiert wird, desto mehr Daten fallen an. Deshalb wird das HR-Controlling zunehmend zu einem zentralen Einsatzgebiet für HR-Software, um die Entwicklung des Humankapitals zu verfolgen. Grundlage sind die bewusst eingegebenen Daten, aber auch alle unbewusst anfallenden Daten, wie besuchte Internetseiten, bearbeitete Dokumente, geschriebene Mails etc.

Auch in der Organisationsentwicklung werden gerade im Wissens- und Ideenmanagement digitale Plattformen immer wichtiger. Die Zusammenarbeit verlagert sich in das Digitale. Durch die Integration von E-Mail, Mobiltelefon, Sozialen Medien und Cloud Computing entstehen immer komplexere digitale Arbeitsumgebungen, die ein orts-, zeit-, abteilungs- und hierarchieübergreifendes Arbeiten erlauben. «In diesen neuen Arbeitsumgebungen geht es darum, die Kompetenzen der Mitarbeitenden sicht- und nutzbar zu machen beziehungsweise das Wissen von unten nach oben fliessen zu lassen», sagt Matthias Schulz, Sales Leader bei IBM Kenexa. «Indem sich Mitarbeitende jenseits von Hierarchien organisieren, Ideen tauschen und in Echtzeit Problemlösungen entwickeln, wird die kollektive Intelligenz des Unternehmens gefördert.»

Trends für die nächsten Jahre

Die rasch fortschreitende Digitalisierung verändert die Bedeutung, Entwicklung, Wertschöpfung, Einführung und Wartung von HR-Software:

Die Anwendungen wachsen zu Arbeitsumgebungen zusammen. Die Tools der oben erwähnten HR-Software-Anwendungsbereiche (HR-Prozesse, HR-Instrumente und die Organisationsentwicklung) werden in Gesamtlösungen integriert. So kann das Management auch Verknüpfungen zu Daten aus anderen Bereichen herstellen. Das setzt neben einer Datenstrategie auch geteilte Datenmodelle voraus.

Software entwickelt sich weiter zu einem webbasierten Service. Es gibt keine CDs mehr, mit denen die Software installiert wird. Vielmehr wird diese online bezogen. Die Software ist in einer Cloud gespeichert, so dass alle Mitarbeitenden auf allen Geräten auf die aktuellste Version Zugriff haben. Unternehmen kaufen keine Produkte mehr, sondern schliessen Update-Abos ab. Es gibt Unternehmen, die mit der Software die eigentlichen Prozesse delegieren.

Die Hilfsmittel sind Teil der Strategie. Das schliesst sowohl die Unternehmensstrategie ein als auch die HR-Strategien, wie Unternehmen für die unternehmerischen Ziele «fit» gemacht werden sollen. Dazu braucht es eine Verknüpfung der digitalen Hilfsmittel mit der Personal- und Unternehmensentwicklung.

Die Daten werden nach Erkenntnissen durchsucht. Durch die Verknüpfung der Anwendungen steht dem HRM ein riesiger Datenschatz zur Verfügung. Data Mining bezeichnet das Suchen nach Erkenntnissen für Entscheide bezüglich Rekrutierung, Talentmanagement, Personalentwicklung oder Organisationsaufbau.

Mitarbeitende erhalten persönliche Profile. Das Profil wird für die Durchführung und Auswertung aller HR-relevanten Prozesse verwendet. Dazu gehören die Verwaltung von Stammdaten, Mitarbeiterbefragungen, Mitarbeiterqualifikationen und 360°-Feedbacks ebenso wie die persönliche Arbeitsumgebung mit Links, Netzwerken und Dokumenten.

Kleine Anbieter gewinnen an Bedeutung. Durch die Digitalisierung und die offenen Schnittstellen ist es einfach geworden, innert einem bis zwei Monaten individuelle Software für ein Unternehmen zu entwickeln. Unternehmen entwickeln ihre Lösungen vermehrt selber, anstatt mit grossen Playern langfristige Verträge einzugehen.

Folgen für das HR-Management

Im Zuge dieser Entwicklungen gibt es für die Personalabteilung zwei zentrale Einsichten. Erstens verändert die Digitalisierung nicht nur die Kommunikation, sondern die gesamte Arbeitswelt. Dabei entscheidet die Qualität der Brücken zwischen realem und digitalem Raum über den künftigen Unternehmenserfolg. Sie bestimmen insbesondere, wie gut ein Unternehmen seine Wissens- und Kompetenzpotenziale nutzen kann. Die Qualität der digitalen Arbeitsumgebung wirke sich auch auf das Employer Branding aus, meint Marek Dutkiewicz, CEO von HR Campus: «Junge Mitarbeitende sind mit dem Internet aufgewachsen und akzeptieren weder komplizierte Prozesse noch veraltete Software.»

Weil HR-Software Teil der digitalen Arbeitsumgebung wird, kann sich die Personalabteilung nicht nur an den Personalprozessen ausrichten. Die zweite Einsicht ist deshalb, dass die Personalabteilung einen Beitrag leisten muss, um das Unternehmen für die Herausforderungen der Digitalisierung zu befähigen. Das setzt neben dem Verständnis für die Digitalisierung auch Fähigkeiten im Innovations- und Change-Management voraus. Vision sei die «agile Netzwerkorganisation», in der alle Mitarbeitenden zu Managern und Unternehmern würden, sagt Marc Stoffel. «Dabei kommt es darauf an, die Potenziale von Mitarbeitenden und Unternehmen zu wecken. Denn nur durch die Entfesselung der Energien und das Kultivieren der Talente aller Mitarbeitenden werden in einer Wissensgesellschaft langfristige Wettbewerbsvorteile geschaffen.»

Für Unternehmen gilt es, für die Digitalisierung von HR, Arbeitsumgebungen und Management den richtigen Partner zu finden. HR Campus zum Beispiel betont die Orientierung an Schweizer Werten und Gewohnheiten. Den Kunden wird nicht nur die Implementierung von Software, sondern auch das Outsourcing von HR-Prozessen angeboten. Demgegenüber definiert sich Haufe-umantis als Partner, der versteht, wie die Digitalisierung Mensch und Unternehmen prägt: «Wir glauben, dass sich Kunden nicht nur wegen der Technologie, sondern wegen unserer Philosophie für uns entscheiden», so Stoffel. Entsprechend bietet sein Unternehmen neben Talentmanagement-Lösungen auch Beratung an.

IBM Kenexa wiederum setzt auf die Integration der HR-Module und bietet ergänzend auch Forschung und Services wie Assessments oder Recruitments an. Kunden kommen dabei in den Genuss von Benchmarks, die das Unternehmen durch die gesammelten Daten anbieten kann. Neben etablierten Playern gibt es immer mehr Anbieter, die ganz auf die individuelle Entwicklung von HR-Lösungen gemäss den Bedürfnissen ihrer Kunden setzen, sei es für 360°-Feedbacks, Mitarbeiterbefragungen oder das HR Controlling.

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Joël Luc Cachelin inspiriert und begleitetet mit der Wissensfabrik Unternehmen in der digitalen Transformation. Er hat an der Universität St.Gallen BWL studiert und zur Zukunft des Managements doktoriert. 2016 schloss er an der HWZ Zürich das CAS Disruptive Technologies ab – zurzeit bildet er sich an der Universität Bern in angewandter Statistik weiter. Er hat mehrere Sachbücher über die Digitalisierung veröffentlicht. www.wissensfabrik.ch

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