«Bis zum bitteren Ende» oder «mit vollem Elan über das Rentenalter hinaus»?

Mit zunehmendem Fachkräftemangel rückt das Arbeitspotenzial der älteren Beschäftigten vermehrt in den Fokus. Für Unternehmen wird es wichtig, dieses Mitarbeitersegment zu pflegen und zu halten und mit negativen Altersstereotypen aufzuräumen.

Ein Forschungsteam aus Schweden, Norwegen und Deutschland untersuchte während drei ­Jahren, wie sich die Arbeitsmotivation schwedischer Arbeitnehmender zwischen 60 und 66 Jahren verändert. Sie unterschieden dabei zwischen der autonomen und der kontrollierten Arbeitsmotivation. Während die autonome das Verhalten durch persönliche Werte und Interessen widerspiegelt, ist das Verhalten bei der kontrollierten hauptsächlich durch externe Gründe motiviert. Etwa durch Statussymbole.

Die Resultate deuten darauf hin, dass die autonome Arbeitsmotivation bei älteren Arbeit­nehmenden allgemein stabil ist. Vor dem Eintritt in den Ruhestand nimmt sie jedoch leicht ab. Dieser Befund steht im Einklang mit früheren Ergebnissen, die ein gewisses Mass an Entkoppelung vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben zeigen. Der Rückgang scheint jedoch kein Effekt des chronologischen Alters zu sein, sondern mit der verbleibenden Zeit bis zum Ruhestand zusammenzuhängen. Durch das flexible Renteneintrittsalter in Schweden fanden die Forschenden heraus, dass die Befragten unabhängig vom Alter schon drei Jahre vor dem Eintritt in den Ruhestand eine geringere autonome Arbeitsmotivation hatten, ausser wenn sie weiterarbeiten wollten. Bei der kontrollierten Arbeitsmotivation konnten die Forschenden dagegen keine signifikante Veränderung feststellen.

Die Forschenden erklären die Ergebnisse damit, dass Arbeitnehmende mit näherrückendem Ruhestand ihre Prioritäten neu setzen und sich allmählich auf andere Lebensbereiche konzentrieren. Dass die autonome Arbeitsmotivation unter älteren Arbeitnehmenden auch mit fortschreitendem Alter auf hohem Niveau stabil bleibt, ist ein positives Signal für Arbeitgeber. Vorurteile, dass ältere Arbeitnehmende weniger motiviert seien als jüngere, kann die Studie entkräften. Die Planung des Renteneintritts ist ein wichtiger Lebensabschnitt: Eine Standortbestimmung in dieser Phase kann helfen, die aktuelle Arbeitssituation zu analysieren und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten über das ­Pensionsalter hinaus zu prüfen. Der Ausblick auf Arbeit über die Pensionsgrenze hinaus wirkt sich gemäss der Studie positiv auf die Arbeitsmotivation aus und erhöht damit, wie wir aus der Forschung wissen, die Lebenszufriedenheit sowie die physische und psychische Gesundheit.

«Silver Bridge»

Das Projektteam von «Silver Bridge» entwickelt eine ­Standortbestimmungs- und Wissensvermittlungsplattform für die Silver Society, Unternehmen und Vereine, um Optionen für die Weiterbeschäftigung im Pensionsalter aufzuzeigen. «Silver Bridge» ist ein Projekt des ­Start-ups HR ConScience in Kooperation mit der Universität Luzern und ist Teil des Kooperationsprogramms des Vereins Metropolitanraum Zürich. bit.ly/Silver_Bridge

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Dr. Lea Rutishauser ist Ober­assistentin am Center für Human Resources Management an der Universität Luzern, und Mitgründerin des Start-ups «HR ConScience».

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Dr. Anja Feierabend 
ist Dozentin am Center für Human Resources Management (CEHRM) der Universität Luzern und Mitgründerin des Start-ups «HR ConScience».

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