Serie Lügen: Teil 4

Die drei Kanäle des Menschen

Der Körper reagiert immer auf drei Kanälen: Mit der Mimik, mit dem Körper und mit der Stimme. Was ein Mensch wirklich denkt, zeigt sich daher in diesen drei Bereichen. Wie diese aussehen können, zeigt der vierte Teil der Lügen-Serie.

Wussten Sie, dass nicht nur Menschen lügen, sondern dass Lüge und Täuschung ebenfalls im Tier-und Pflanzenreich zu finden sind? Im Tierreich imitieren clevere Krötenmännchen den Gesang ihrer erfolgreichen Kollegen. Sobald das singende Krötenmännchen mit seiner Auserwählten von dannen zieht, springt der nächste an dessen Stelle und imitiert seinen Gesang, um ebenfalls ein Weibchen zu bezirzen.

Der Kugelfisch bläst sich bei Gefahr überdimensional auf, um seinen Gegner zu beeindrucken und zu verscheuchen. Die gleiche Einschüchterungstaktik benutzen auch wir Menschen oft bei Konflikten. Das Pavianweibchen bezirzt das Männchen so lange, bis dieses sich bereit erklärt, seine Beute zu teilen. Leicht abgelenkt von den Reizen des Weibchens, verliert es oftmals kurz den Überblick, was das Weibchen nutzt, um sich mit der Beute aus dem Staub zu machen.

Im Pflanzenreich finden wir ebenfalls Täuschungen. Die Orchidee gibt vor, ein Wespenmännchen zu sein, um von den Wespenweibchen bestäubt zu werden. Die Aasblume, eine unangenehm riechende fleischfressende Pflanze, lockt durch ihren Geruch Fliegen an, die ihre Eier auf ihr ablegen, in der Hoffnung, dass ihre Nachfahren direkt auf Nahrung treffen. Doch falsch gedacht! Die Nachfahren werden direkt nach dem Schlüpfen selbst zur Nahrung der Pflanze.

Die Lüge ist allgegenwärtig! Das Internet, E-Mails, SMS, Telefon, WhatsApp, Facebook und Co begünstigen das nur noch weiter. Bei rund 210 Mrd. E-Mails und 10 Mrd. WhatsApp-Nachrichten pro Tag bleibt der persönliche Kontakt auf der Strecke. Die Anonymität des Internets bietet jede Menge Raum und Gelegenheiten, um andere anzuschwärzen, zu lügen, zu betrügen und zu stehlen. Beispielsweise betrachten wir illegale Downloads von Musik als selbstverständlich, im Geschäft würden wir die CD allerdings niemals einfach so mitnehmen.

Es wird vermutet, dass allein bei 83 Mio. Facebook-Nutzer mit falschem Namen bzw. falscher Identität angemeldet sind.

Um die Lüge zu erkennen, müssen wir weit mehr als nur den Inhalt einer Sache analysieren. Es ist sehr wichtig, die Körpersprache, Mimik und Tonalität zu betrachten beziehungsweise natürlich bestenfalls einen Menschen bereits zu kennen. Im Gespräch unter vier Augen kommen wir der Lüge meist sehr schnell auf die Spur!

Eine vor Jahren durchgeführte Untersuchung zeigte, dass der Inhalt eines Gespräches am wenigsten wichtig war, um zu beurteilen, ob ein Mensch die Wahrheit sagt oder nicht. 7 Prozent macht der Inhalt aus, 55 Prozent die Körpersprache und die Mimik und 38 Prozent die Tonalität.

Um zu verstehen, warum der Mensch nonverbal seinem Umfeld mehr mitteilt als verbal ist es wichtig, dass wir die Gehirnstruktur des Menschen einmal genauer betrachten. Es gibt drei Bereiche, die für unsere verbale und nonverbale Kommunikation extrem wichtig sind. Der neueste Teil des Gehirns ist der sogenannte Neocortex. Dieser ermöglicht uns in die Zukunft zu schauen, Pläne zu schmieden, in komplexen Zusammenhängen zu denken und zu lügen. Dieser Bereich des Gehirns befähigt uns, Dinge zu konstruieren und wiederzugeben, die wir in der Realität so gar nicht erlebt haben.

Sobald sich ein Gefühl wie etwa Angst, Wut, Freude, Ekel, Verachtung, Überraschung oder Trauer breit macht, rutschen wir in das sogenannte Limbische System, unser Gefühlssystem. Der Körper zeigt nun auf unterschiedlichen Wegen, wie es uns wirklich geht. Denn jeder Gedanke, jedes Gefühl ist eine Gehirnaktivität, welche sich sofort in elektrische Impulse verwandelt, die durch unseren Körper schiessen. Binnen Millisekunden ist das Gedachte nun körperlich sichtbar.

Werden wir bedroht, so rutschen wir in den ältesten Teil unseres Gehirns, das Stammhirn. Hier gibt es nur drei Reaktionsweisen: Schockstarre (Schutz vor Sichtbarkeit sowie Zeit zum Abwägen der nächsten Schritte), Kampf (sich verbal oder körperlich wehren) oder Flucht (sich so schnell wie möglich körperlich zu entfernen oder verbal herauszureden beziehungsweise zu rechtfertigen). Der Körper reagiert somit immer auf drei Kanälen. Das Gedachte bzw. die dadurch ausgelöste Reaktion ist immer in drei Bereichen sichtbar:

  • Zuerst in der Mimik, da das Gesicht dem Gehirn am nächsten ist. Das Gedachte wird hier in sogenannten Mikroexpressionen zum Ausdruck gebracht. Das sind kurze Sequenzen, die bis zu einem Fünftel einer Sekunde sichtbar sind. Sie sind deshalb so kurz, weil keiner von uns möchte, dass man uns unsere wahren Gefühle ansieht. Binnen kürzester Zeit wird die echte Emotion mit dem sogenannten sozialen Lächeln kompensiert.
  • Dann bildet sich das Gedachte grossflächig in der Körpersprache ab und verbleibt dort auch wesentlich länger. Wenn ich beispielsweise durch die Ausführungen meines Gegenübers neugierig geworden bin, so werde ich mich mit meinem gesamten Körper annähern und meinen Oberkörper in Richtung meines Gesprächspartners beugen. Bin ich hingegen abgeschreckt oder über das Gesagte irritiert, so werde ich mich körperlich zurückziehen und sowohl Oberkörper als auch Füsse vom anderen wegbewegen. Die Füsse sind übrigens die ehrlichsten Botschafter des Menschen. Sie sind zum einen am weitesten von der Schaltzentrale (Gehirn) entfernt und wurden zum anderen in unserer Vergangenheit am wenigsten manipuliert.
  • An dritter und letzter Stelle reagieren wir auf dem Sprachkanal. Unsere Stimme/Tonalität reagiert sofort auf die gefühlte Emotion. Sprechen wir beispielsweise mit einem geliebten Menschen, so wird unsere Stimme warm, herzlich und weich. Regen wir uns über etwas massiv auf oder sind wütend, so wird die Stimme hart, blechern und laut.

Die Aufgabe dieser Woche ist nun, diese drei Kanäle bei sich selbst und bei anderen zu beobachten. Was passiert bei Ihnen, wenn Sie sich freuen, was, wenn Sie sich ärgern, was, wenn Sie sich Sorgen machen?

Nehmen Sie sich diese Woche vor, zwei Menschen ganz besonders zu beobachten, um deren Normalverhalten zu definieren. Notieren Sie sich alles, was Ihnen auffällt!

Ich wünsche Ihnen wunderbare, spannende und vielseitige Erkenntnisse!

Herzlichst Ihre

Tatjana Strobel

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Tatjana Strobel ist Expertin für Körpersprache, Physiognomie und Menschenkenntnis, Bestsellerautorin und Gründerin des Unternehmens «TS HeadWorx». www.tatjanastrobel.ch, www.mesmerize-it.ch

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