Politische Herausforderungen und HR

Die politischen Wünsche des HR

Drei Meinungen von Experten aus der Praxis, ob das HR eine eigene Lobby braucht und welche Themen von dieser am dringendsten angegangen werden müssten.

Chris Dunkel, Leiter Human Resources, 
Zurich Schweiz

Wichtig für die Rekrutierung

Eine Firma ist immer nur so stark wie ihre Mitarbeiter. Sie sind es, die Innovationen und gute Geschäfte ermöglichen – und so die Zukunft des Unternehmens sichern. Wir von der «Zurich»-Versicherung wollen natürlich die besten Mitarbeiter für uns gewinnen. Zentral sind daher optimale Rahmenbedingungen. Etwa wenn es um Fragen der Rekrutierung, Entwicklung oder des Arbeitsschutzes geht. Die Wahrnehmung von Interessen gegenüber der Politik ist in diesem Sinne auch für Personalverantwortliche von grosser Bedeutung. Als Unternehmen schaffen wir einerseits Strukturen und Institutionen, um eigene Ideen einzubringen oder auf Vorschläge der Politik zu reagieren. Andererseits läuft dieser Dialog in der Praxis auch über den Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) und dem Arbeitgeberverband.

Als weltweit tätiges Unternehmen mit Schweizer Wurzeln wollen wir selbstverständlich gerade im Heimmarkt Schweiz zu den attraktivsten Arbeitgebern in der Finanzbranche zählen. Wir streben daher eine umfassende Personal- und Entwicklungspolitik aus einem Guss an. Sie dient dazu, externe Kandidaten anzuziehen sowie die Bindung und Identifikation bestehender Mitarbeiter nachhaltig zu festigen. Dafür braucht es eine solide und nachhaltige Basis: ein verlässlicher rechtlicher Rahmen, nachvollziehbare Entscheide von Behörden oder unbürokratische Verfahren. Ein Beispiel: Ausländische Arbeitnehmer sind für global tätige Firmen sehr wichtig, doch die Arbeitsbewilligungen binden viele Ressourcen – die Verfahren sind aufwändig und zeitintensiv. Darauf sollten politische Entscheidungsträger und Behörden klar sensibilisiert werden. Ausländische Mitarbeiter schätzen einerseits die Bodenständigkeit und Professionalität von Schweizer Unternehmen. Andererseits bereichern sie unsere Betriebe mit frischen Ideen. Und nur wer konsequent in die eigene Attraktivität als Arbeitgeber investiert, sichert sich langfristig die Dienste treuer Mitarbeiter.

Urs Fischer, Leiter Personal, 
Swica Gesundheitsorganisation

Die Politik ist gefordert

Die Bauern haben eine (eine höchst wirkungsvolle noch dazu), die Banken, die Bahn-, Auto- und Velofahrer, und auch die Bienenzüchter und Hornusser sowie natürlich die Kultur-, Berg- und Tabakfreunde. Nicht zu vergessen die Forschungspromotoren, die Sportler und die Bier- und Absinthtrinker. Alle haben eine Lobby. Fehlen nur noch das HR und die Nacktwanderer in Appenzell auf der langen Liste? Lobbyismus hat sich zum Wirtschaftsfaktor entwickelt. Alleine in Brüssel sollen zwischen 15 000 bis 30 000 Lobbyisten am Wirken sein. In den Berner Wandelhallen vermutlich einige weniger. Lobbyismus ist negativ belegt und wird gemeinhin mit intransparenter und oft finanzstarker und anrüchiger Einflussnahme und Manipulation gleichgesetzt. Ziel dabei ist, eigenen Teilinteressen mit mehr oder weniger Geschick zum Durchbruch zu verhelfen und sich an den verschiedenen Geldtöpfen zu laben. Andere Stimmen würden wohlwollender argumentieren, dass unser demokratisches System ohne Lobbyisten nicht mehr funktionieren könnte.

Für oder gegen was würde nun die HR-Lobby antreten und welche Themen gebe es überbetrieblich national zu belegen? Eigentlich liegt die Antwort auf der Hand und, so wage ich zu behaupten, es besteht dabei ein breiter Grundkonsens: Wir müssen die Schweiz als erfolgreichen Wirtschaftsstandort erhalten und weiterentwickeln und dabei die guten Rahmenbedingungen nicht fahrlässig aufs Spiel setzen.  Lobbyismus, wie er heute betrieben wird, ist hier nur sehr bedingt förderlich, denn es fehlt ihm der Wille für das Ganze, das Übergeordnete. Hier ist die Politik überparteilich gefordert. Die Kinderkrippe mit dem Frühenglisch, den IT-Unterricht mit Forschungsinitiativen, solide Sozialwerke mit einer leistungsanreizenden Steuerpolitik, das duale Bildungssystem mit der Integrationsförderung und so ähnlich zu kombinieren, muss Anreiz und Ziel sein. Dazu braucht es keine weitere Lobbygruppe. Ein Geständnis zum Schluss: Ja, ich bin auch Lobbyist. Lobbyist, um unser Unternehmen im Arbeitsmarkt noch attraktiver für Mitarbeitende zu machen.

Garry Wagner, Head of Human Resources, Siemens Schweiz AG

HR braucht keine Lobby

Das HR braucht nur eine Lobby, wenn diese politische Forderungen stellt, die wiederum ein Anliegen von öffentlichem Interesse sind. Diese wären in einer Lobby besser vertreten als beispielsweise in Wirtschaftsverbänden. Im Moment sehe ich jedoch keine solchen Forderungen, die eine HR-Lobby rechtfertigen würden. Ich denke also nicht, dass HR eine Lobby braucht.

Die HR-Verantwortlichen sind ja auch Teil des Unternehmens und können ihre Kenntnisse – beispielsweise über die Sozialwerke, Arbeitsmarktmassnahmen und Bildungsfragen – viel effizienter in Arbeitgeberverbänden einbringen, als sie alleine in Lobbys oder in der Politik zu vertreten. Zudem denke ich auch, dass wir bei zahlreichen Themen bereits sehr viel Einfluss haben. Einige Anliegen konnten im Rahmen der bestehenden Berufsverbandsstrukturen bereits diskutiert und Probleme gelöst werden. Ich denke hier beispielsweise an Anliegen in eigener Sache wie etwa die Anerkennung von HR-Bildungsabschlüssen.

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